Der NSA-Ausschuss: Alle Fragen, alle Antworten
Es ist beschlossene Sache: Edward Snowden soll im NSA-Ausschuss als Zeuge aussagen. Nur wie und wo, darüber streiten Opposition und Koalition noch.
Berlin - Wenigstens in einem Punkt waren sich alle einig: Edward Snowden soll als Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen. Das hat der Untersuchungsausschuss am Donnerstag beschlossen.
Uneins waren sich Opposition und Regierungskoalition aber, ob Snowden für seine Aussage nach Deutschland kommen oder in Moskau bleiben soll. Unter dem Protest der Opposition haben Union und SPD deshalb durchgesetzt, die Frage nach dem Ort der Zeugenvernehmung später zu klären.
Wann soll Snowden befragt werden?
Am besten noch vor der Sommerpause – als Termin angepeilt wurde der 3. Juli. Das muss der Ausschuss allerdings noch mit Wolfgang Kaleck, dem Berliner Anwalt von Snowden, abklären.
Wie soll er befragt werden?
Genau an dieser Frage scheiden sich die Geister: Die Union pocht auf eine Vernehmung per Videoübertragung. Wenn danach noch Fragen offen seien, könnten ja die Ausschussmitglieder nach Moskau fliegen und Snowden dort vernehmen. Grüne und Linke dagegen wollen unbedingt, dass Snowden für seine Aussage nach Berlin reist. Die SPD hält sich weitgehend zurück: Verteidigungsexperte Lars Klingbeil sagte, entscheidend sei nur der sichere Rahmen für die Befragung.
Was spricht für eine Vernehmung in Deutschland?
Für Zeugenbefragungen in Untersuchungsausschüssen gilt die Strafprozessordnung und der in ihr festgelegte Unmittelbarkeitsgrundsatz. Das heißt: Nur wenn Zeugen von Angesicht zu Angesicht vernommen werden, können sie richtig eingeschätzt werden. Im Fall Snowden kommt erschwerend dazu, dass er in Russland mutmaßlich nicht frei wird reden können – er wird Rücksicht auf sein Asylland nehmen.
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Und, auch nicht zu verachten: Womöglich werden bei der Vernehmung auch deutsche Sicherheitsinteressen besprochen – und Russland hört mit.
Was spricht gegen eine Vernehmung in Deutschland?
Die Bundesregierung fürchtet eine massive Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen zu den USA. Denn Snowden wird dort mit Haftbefehl wegen Geheimnisverrats gesucht. Die US-Regierung wird einen Auslieferungsantrag stellen, sobald Snowden deutschen Boden betritt. Deutschland hat mit den USA ein Auslieferungsabkommen.
Im Ernstfall entscheiden müsste ein Oberlandesgericht – aber diese Zwickmühle möchte sich die Bundesregierung wenn es irgendwie geht ersparen. Allerdings haben Grüne und Linke ihrerseits den Gang vors Gericht angekündigt: Sie erwägen, eine Vernehmung Snowdens in Deutschland vor dem Bundesverfassungsgericht durchzusetzen.
Was bedeutet der Ausschuss für die Abgeordneten?
Für Ärger hat im Vorfeld ein von der Bundesregierung vorgelegtes und von US-Anwälten erstelltes Rechtsgutachten gesorgt: Danach machen sich die Bundestagsabgeordneten des NSA-Ausschusses in den USA strafbar. Und zwar schon alleine dadurch, dass sie überhaupt die Vernehmung Snowdens im Ausschluss beschließen.
Denn in der Befragung werde Snowden veranlasst, geheime Informationen der USA zu verraten. Dies könnte als „conspiracy“ (Verschwörung) oder „kriminelle Verabredung“ gewertet werden, schrieb der Washingtoner Anwalt Jeffrey Harris. Und: Ihre Immunität würde die Abgeordneten in den USA unter Umständen nicht schützen – die US-Behörden können sich daran halten, müssen aber nicht.
Die Opposition kritisiert das Gutachten: „Die Bundesregierung will damit Druck auf die Parlamentarier ausüben und eine Drohkulisse aufbauen“, sagte Martina Renner, Linken-Obfrau.
Geht’s im Ausschuss nur um Snowden?
Eigentlich nicht – er ist nur ein Zeuge, wenn auch der wichtigste. Tatsächlich soll geklärt werden, wie und in welchem Umfang die Geheimdienste der USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland die deutsche Bevölkerung ausgespäht haben – und ob sie das weiterhin tun. Geklärt werden soll auch, ob (und wenn ja wie viel) die Bundesregierung wusste.
Die Zeugenliste ist lang: Geladen werden sollen Bundeskanzlerin Angela Merkel, ihr Vorgänger Gerhard Schröder und die Ex-Außenminister Joschka Fischer und Guido Westerwelle, genauso wie Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier. Auch Kanzleramtschef Peter Altmaier und sein Vorgänger Ronald Pofalla sollen aussagen. Außerdem Journalisten Glenn Greenwald, dem Snowden einen Großteil seiner Dateien anvertraut und der als erster über ihn berichtet hat, dann Ex-NSA-Mitarbeiter William Binney und Ex-US-Drohnenpilot Brandon Bryant.
Auch Vertreter der Leitungsebene von Facebook, Google und Apple sollen nach Berlin kommen.