Das Leben von Edward Snowden in Moskau

Bald läuft das Asyl von NSA-Whistleblower Edward Snowden in Russland aus. Wie geht es dem früheren Geheimdienstmitarbeiter?
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Blass, mit randloser Brille: So sieht der Erzfeind der USA aus. Seit Sommer 2013 lebt Edward Snowden jetzt schon in Moskau. Ende August läuft sein Asyl aus.
dpa Blass, mit randloser Brille: So sieht der Erzfeind der USA aus. Seit Sommer 2013 lebt Edward Snowden jetzt schon in Moskau. Ende August läuft sein Asyl aus.

Die Zeit für Russlands berühmtesten Asylanten läuft allmählich ab. Wie lange kann er noch bleiben? Und wie frei kann er sich in Moskau bewegen?

Moskau - Wie geht es Edward Snowden? Als der NSA-Whistleblower im Sommer 2013 nach seiner Flucht von Hawaii nach Hongkong Asyl in Russland erhielt, wirkte das wie ein geschickter PR-Coup von Wladimir Putin: Er, der Ex-KGB-Mann, gewährte ausgerechnet einem Kämpfer gegen staatliche Überwachung, einem Bürger aus den USA, dem „Land of the Free“, Zuflucht in Moskau.

Edward Snowden nahm, nachdem er wochenlang auf dem Flughafen Scheremetjewo festgesessen hatte, aus Mangel an Alternativen an. Er arrangierte sich mit seiner Situation. Begann russisch zu lernen und Dostojewski und Tschechow zu lesen. Sein Vater besuchte ihn in Moskau. Fotos zeigten ihn beim sommerlichen Bootsausflug auf der Moskwa. Sogar einen Job bei einer Internetfirma soll er russischen Medien zufolge angenommen haben – das ließ sich aber nie verifizieren.

Jetzt hat sich das außenpolitische Blatt völlig gewendet: Während Snowden irgendwo in Moskau dem Auslaufen seines Asylantrags Ende August entgegenzittert, sind Putins Truppen in die Ukraine einmarschiert und haben die Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektiert. Putin gibt wieder den knallharten Kalten Krieger – und instrumentalisiert jetzt offenbar auch sein Faustpfand Edward Snowden.

Während der Propaganda-TV-Show „Direkter Draht“ kurz nach der Krim-Krise ließ sich Putin von ausgewählten Russen befragen – und plötzlich wurde Snowden zugeschaltet. „Unterbindet, bewahrt oder analysiert Russland in irgendeiner Form die Kommunikation von Millionen von Menschen?“, fragte Snowden in der Video-Schalte. Putin wirkte zunächst, als sei er überrascht, dass Snowden unter den Fragestellern war.

Dann nutzte er die Gelegenheit zu einer ausführlichen Antwort: Anders als in den USA befänden sich die russischen Geheimdienste „unter strenger Kontrolle der Regierung und der Gesellschaft“, ihre Aktivitäten seien gesetzlich geregelt: „Natürlich erlauben wir uns nicht solch ein unkontrolliertes Ausmaß wie in den USA“, sagte Putin. „Sie sind ehemaliger Agent, und ich hatte einst auch damit zu tun. Wir sprechen also dieselbe Sprache.“

Snowden musste für diesen Auftritt viel öffentliche Kritik einstecken. Abgesehen davon, dass Putins Aussagen über vorbildlich-genügsame russische Geheimdienste kaum jemanden überzeugt haben dürften, hat er dem Präsidenten damit ein Forum geboten. „Idiotisch und peinlich“ nannte der Ex-US-Botschafter in Moskau, Michael McFaul, Snowdens Frage. Snowden rechtfertige sich: „Ich wollte die Chance nutzen, vor einem an gesteuerten Medien gewöhnten Publikum das Tabu der staatlichen Überwachung zu brechen.“

Doch: Wusste Putin vorher wirklich nicht, dass Snowden zugeschaltet werden würde? War das nicht alles nur eine Inszenierung? Tatsächlich ist die Frage, inwieweit Snowden in Russland frei handeln und reden kann. „Guardian“-Journalist Luke Harding vermutet in seinem Buch „The Snowden Files“, dass Snowden schon bei seiner Ankunft in Moskau vom russischen Geheimdienst FSB, dem Nachfolger des KGB, abgeschöpft wurde.

So gilt Snowdens russischer Rechtsanwalt Anatoly Kutschenera als Kreml-nah und Putin-Anhänger, er sitzt sogar in einem FSB-Beratungsgremium. Snowden hat sich außerdem verpflichtet, während seiner Zeit in Russland keine Infos aus seinen NSA-Dateien mehr zu veröffentlichen.

Der 30-Jährige steckt in der Zwickmühle. Snowdens amerikanischer Pass wurde von den USA für ungültig erklärt. In den USA droht ihm ein Leben hinter Gittern. Moskau hat schon angedeutet, dass man bereit sei, Snowdens Asyl zu verlängern. Edward Snowden bleibt wohl vorerst, wie es Anwalt Kutschenera ausgedrückt hat, „Gast der Russischen Föderation“. Oder ihr Gefangener. Wie man’s nimmt.

 

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