Das steckt drin im großen Rentenpaket
Arbeitsministerin Andrea Nales verteidigt ihr Rentenpaket bei der ersten Lesung im Bundestag. Die AZ listet auf, was drin steckt – und was dafür und dagegen spricht
Berlin - Es ist das teuerste Vorhaben einer Regierung seit langem: Gestern hat sich erstmals der Bundestag mit dem Rentenpaket der schwarz-roten Koalition befasst. Für einige Gruppen bringt es merkliche Vorteile, andere müssen zahlen. Entsprechend hitzig ist die Debatte. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) verteidigte ihr Paket. „Es ist nicht geschenkt, es ist verdient. Wir erkennen die Lebensleistung der Menschen an.“ Das gelte für die Mütterrente und den früheren Ruhestand für langjährig Versicherte. „Wer 45 Jahre eingezahlt hat, hat seine Pflicht im Generationenvertrag erfüllt.“
Die Opposition hielt dagegen. „Ihr Paket ist nicht gerecht – es ist zukunftsvergessen“, so Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. „Vergessen werden jene, die wirklich Unterstützung brauchen.“ Die Linke: „Manches wird besser, nichts wird gut.“
Lesen Sie auch: Ohne Abzüge in den Ruhestand
Auch außerhalb Berlins gab es skeptische Stimmen: Die Arbeitgeber fürchten fatale Folgen, weil ihnen das Paket zu viele Reformen zurückschraubt. Doch auch die Sozialverbände üben Kritik: „Das Rentenpaket ist unsinnig, weil es keines der drängenden Probleme löst“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. „Vor allem wird es nicht helfen, Altersarmut zu lindern.“
Der DGB dagegen begrüßte das Paket und fügte hinzu, jetzt müsse noch was für die heute junge Generation getan werden.
Die AZ listet die Vor- und Nachteile der Beschlüsse auf.
Das spricht dafür:
Mütter
Frauen, deren Kinder vor 1992 zur Welt kamen, bekommen pro Kind 28,61 Euro mehr Rente im Monat, macht 343,32 Euro im Jahr (Ost: 26,39 Euro). Damit wird eine Gerechtigkeitslücke im Vergleich zu jüngeren Müttern wenigstens teilweise geschlossen: Letztere bekommen drei Entgeltpunkte (je ein durchschnittlicher Jahresbeitrag) gutgeschrieben, ältere bisher einen, künftig zwei.
Langjährig Versicherte
Wer 45 Jahre eingezahlt hat, darf künftig mit 63 ohne Abschläge in den Ruhestand gehen. Hier ist das Paket aber noch nicht fertig geschnürt. Denn auch Nahles will unbedingt verhindern, dass viele dann schon mit 61 Jahren gehen (und zwei Jahre Arbeitslosengeld I in Kauf nehmen). Im Lauf der „parlamentarischen Beratung“ sollen Wege gefunden werden, eine neue Frühverrentungswelle zu verhindern.
Erwerbsgeminderte
Wer aus gesundheitlichen Gründen vermindert oder gar nicht mehr arbeiten kann, soll brutto bis zu 40 Euro mehr Rente bekommen. Die Betroffenen werden so gestellt, als ob sie mit ihrem früheren Einkommen bis 62 – zwei Jahre länger als bisher – eingezahlt hätten.
Das spricht dagegen.
Mütter
Manche Mütter gehen leer aus: Bei Frauen mit Mini-Renten unter Hartz-IV-Niveau wird die neue Mütterrente auf ihre Grundsicherung angerechnet. Und: Frauen, die schon ein oder zwei Jahre nach der Geburt wieder arbeiten gegangen sind, werden wenig oder nichts von der Mütterrente haben, weil sie mit den im Beruf erworbenen Ansprüchen verrechnet wird.
Problematisch ist auch die Finanzierung: Während die Leistung für jüngere Frauen von allen Steuerzahlern bezahlt wird, müssen die Rentenkassen-Einzahler die neuen Kosten alleine schultern.
Langjährig Versicherte
„Rente mit 63“ klingt verlockend – doch das Modell gilt nur für ein Viertel einer halben Generation: nur für die Jahrgänge 1952 bis 1963. Wer älter ist und mit 63 in Rente ging, dem bleiben lebenslang die Abschläge. Wer jünger ist, für den gilt das alles sowieso nicht mehr. Und: Auch von den begünstigten Jahrgängen profitieren nur je 25 Prozent – alle, die 45 Jahre eingezahlt haben. Und die haben sowieso eine überdurchschnittliche Rente. Auch hier hat die Finanzierung ein Gerechtigkeitsproblem: Nur wenige können das Modell überhaupt nutzen, aber alle Beitragszahler bis hin zu Geringverdienern müssen dafür zahlen.
Sinkendes Rentenniveau
Das Paket kostet richtig viel Geld: 160 Milliarden bis 2030 nach den Angaben der Regierung, deutlich über 200 Milliarden nach Berechnungen unterschiedlicher Rentenexperten. Damit – so gut die Regelungen für die Einzelgruppen gemeint sind – wird das Rentennivau für alle Deutschen sinken. Denn die Finanzierung treibt die Beiträge stärker in die Höhe als ohne Reform, das wiederum senkt das Einkommen der Arbeitnehmer – und das führt zu Abstrichen bei der daran gekoppelten Rente.
Das Rentenniveau falle durch das Paket „um 0,7 Prozentpunkte“ geringer aus, sagt die Regierung selbst. Das Max-Planck-Institut rechnet mit einem Minus von 2,5 Prozentpunkten. Das würde die Rente sogar unter die gesetzliche Untergrenze von 43 Prozent des Durchschnittslohns drücken. Und gegen Altersarmut wird in dem Paket ohnehin nichts gemacht.