CSU-Wahlkampf am Bahnhof: Werben für Horst

Andreas Möhring ist einer derjenigen, die für die CSU Wahlkampf an der Basis machen. Kürzlich stand er im Landtags-Stimmkreis 105 in Moosach vor dem Bahnhof. Die AZ war dabei.
Agnes Vogt |
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Andreas Möhring vor dem CSU-Stand am Bahnhof in Moosach.
Petra Schramek 3 Andreas Möhring vor dem CSU-Stand am Bahnhof in Moosach.
Er wird nicht müde, den Passanten Info-Material in die Hände zu drücken.
Petra Schramke 3 Er wird nicht müde, den Passanten Info-Material in die Hände zu drücken.
Kultusminister Ludwig Spaenle schaut etwas verdutzt nach links. Er steht beim Christopher-Street-Day im Juli in München vor dem LSU Stand Andreas Möhring (l.).
Daniel von Loeper 3 Kultusminister Ludwig Spaenle schaut etwas verdutzt nach links. Er steht beim Christopher-Street-Day im Juli in München vor dem LSU Stand Andreas Möhring (l.).

München - Die CSU ist definitiv keine Speerspitze im Kampf für die Rechte der Homosexualität“, sagt Andreas Möhring und lacht. Er selbst ist Teil der CSU und steht heute mit dem Ziel vor dem Moosacher Bahnhof, jeden, der an ihm vorbei läuft, auf die Landtagswahl am 15. September .

Um neun Uhr ist er mit ein paar Parteifreunden gekommen, bis zwölf will er hier für die CSU werben. Zusammen bauen sie ihren Stand mit dem CSU-Sonnenschirm und hellblauen Luftballons für Kinder auf. Sie legen Seehofer-Plakate und Mechthilde Wittmann-Stofftaschen aus, drapieren den Tisch unterm Schirm mit Johannes Singhammer-Faltblättern und Joachim Unterländer-Kugelschreibern. Möhring ist eifrig dabei, den Passanten CSU-Wahlinformationen in die Hand zu drücken. Und wer auch nur den Anschein für ein kleines Gespräch erweckt, der kommt um den quirligen Herrn Möhring nicht herum.

Er informiert, diskutiert und stellt sich bei all dem auch den kritischen Fragen zu seiner eigenen Person. Denn durch ein kurzes Gespräch wird mitten auf dem Bürgersteig vor dem U-Bahn-Eingang einem seiner Parteifreunde klar, dass der 39 Jahre alte blonde Mann mit der knallblauen Hose und dem FC Bayern-Shirt, der seit einem Jahr Beisitzer bei den CSUlern in Moosach ist, schwul ist. „Was? Ehrlich? Und dann bist du in der CSU?“, fragt der. Das bekommen beiläufig auch ein paar Passanten mit. Eine ältere Frau bleibt stehen, schaut sich den Mann mit der knallblauen Hose genauer an und fragt ihn ungläubig: „Wirklich?“

Für Andreas Möhring ist das eine Steilvorlage, denn er ist mittlerweile Profi darin, diese Diskrepanz genau zu erklären.

Aufgewachsen im westfälischen Minden trat er schon früh in die Junge Union ein. Für die CDU saß er sogar im Stadtrat seiner Heimatstadt. Erste Diskussionen kamen auf, als er mit 27 Jahren sein „Coming out“ hatte und begann, sich in der LSU (Lesben und Schwule in der Union) zu engagieren.

Mittlerweile ist er LSU-Landessprecher für Bayern. Als er vor 13 Jahren mit seinem Mann nach München zog, weil er durch seinen Job bei der Bundeswehr nach Neubiberg versetzt wurde, wechselte er auch zur CSU. Gleich wurden diese ungläubigen Fragen nachdrücklicher – wie bei der älteren Dame, die noch immer auf Möhrings Argumente wartet: „Mir gefällt das Konservative an der CSU“, rückt er raus. „Außerdem: Wenn ich mir deren Finanzpolitik anschaue, und höre, was die Grünen oder die SPD dazu sagen, fühle ich mich hier wohler. Mir ist eine CSU mit klaren Standpunkten und manchmal einem deutlichen Nein lieber, als das Wankelmütige der SPD.“

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Trotz des konservativen Familienbildes, bei dem gleichgeschlechtliche Eltern keine Rolle spielen?

„Man sollte nicht alles über einen Kamm scheren. Es geht mir nicht nur um die Integration von Homosexuellen, dann wären die Grünen wohl meine Partei. Aber in der Politik geht es doch um so viel mehr. Außerdem wünsche ich mir, dass Homosexualität normal wird und nicht überall heraussticht. Aber es stimmt: In der Gesellschaftspolitik hat die CSU noch einiges nachzuholen.“

Möhring ist in Fahrt. Er will, dass sich seine Partei der Realität öffnet und einsieht, dass ein Kind keinen Nachteil darin hat, wenn es zwei Väter oder Mütter hat. „Sollten Sie mir einen stichhaltigen Grund sagen“, sagt er, „denke ich gerne drüber nach.“ Den hat die Dame leider nicht, aber sie muss jetzt auch wirklich los. Die Wittmann-Stofftasche in der Hand eilt sie die Rolltreppe herunter.

Einem Herrn ist jedoch Möhrings sexuelle Ausrichtung herzlich egal. Er will wissen, warum er CSU wählen soll, wenn die doch mit den Steuergeldern sowieso machen, was sie wollen: Familienmitglieder bezahlen oder sich teure Kameras kaufen. „Ich kann sie verstehen: Solche Leute haben an diesen Plätzen nichts verloren. Die CSU muss hier handeln, die Landtagspräsidentin muss aufräumen.“

Mit solchen Sätzen rennt Möhring bei den Moosachern offene Türen ein. Aber ob sie trotzdem Horst Seehofer unterstützen? Andreas Möhring wird nicht müde, für ihn zu werben.

Es ist mühsam, auf der Straße mit den Leuten in Kontakt zu kommen. „Vielleicht ein Drittel ist richtig interessiert, stellt Fragen, will diskutieren.“ Es sind Sommerferien in Bayern, und das tut dem Wahlkampf nicht gut. In der ganzen CSU ist das zu spüren. Von „Wahlkampf macht nur der Kopf“ ist da die Rede. Die Basis sei schwer zu motivieren an Informationsständen zu kämpfen. Schuld daran seien die Umfragen, die der CSU schon die absolute Mehrheit voraussagen.

In Moosach allerdings stimmt die Motivation. 15 sind sie zwischenzeitlich am Stand und sogar Joachim Unterländer ist da. A

ls wenige Passanten vorbei laufen, hat Möhring Zeit, vom Christopher-Street-Day in München zu erzählen. Kultusminister Ludwig Spaenle hat ihn da beim Stand der LSU besucht. Anfeindungen schmetterten ihm danach entgegen: Die Schwulen, die sich durch seine Mitgliedschaft in der CSU verraten fühlen, riefen laut „Schwulenverräter“ und von CSU-Anhängern schallte ihm „Du schwule Sau“ entgegen. „Ich hab mir mittlerweile schon ein dickes Fell zugelegt, sonst kann man da irgendwann nicht mehr drüber stehen“, erzählt er.

In Moosach allerdings kommt er mit seiner offenen Art gut an. Er will gar nichts anderes, als seine Positionen zu erklären, die von Horst Seehofer und der CSU, aber auch die der LSU. „Es ist noch ein langer Weg, aber wir gehen ihn und tun das gerne.“

 

 

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