Claudia Stamm: "Das entspricht nicht meiner Vorstellung von Manieren"
München - Acht Jahre lang hat Claudia Stamm (47) für die Grünen im Landtag gesessen – dann trat sie im März aus der Partei aus, um eine eigene zu gründen: mut. Ihr Ziel: wieder für den Landtag kandidieren.
Frau Stamm, was entgegnen Sie Menschen, die sagen, Ihre politische Karriere sei in zehn Monaten, also nach der Landtagswahl, vorbei?
CLAUDIA STAMM: Ich kenne viele Menschen, die sich überlegen, wie sie weitergeht. Und wenn sie doch zu Ende geht, dann ist es halt so. Mir ist wichtiger, dass ich in den Spiegel schauen kann, als eine Garantie zu haben im Landtag zu sitzen. Aber es stimmt: Mit den Grünen wäre ich vielleicht sicherer in den Landtag gekommen – wenn denn die Grünen den Wiedereinzug im kommenden Jahr schaffen.
Zweifeln Sie daran?
Man muss schauen, was jetzt bei den Sondierungs-, und dann in den Koalitionsgesprächen passiert. Ich finde es falsch, keine eigenen wahrnehmbaren Positionen zu haben – etwa in der Energiepolitik, bei der Inneren Sicherheit, der Asylpolitik.
Sie werden also mit Ihrer Liste für den Landtag kandidieren?
Das ist unser Ziel. Wir wollen eine möglichst große Kandidierenden-Liste aufstellen und müssen dann Unterschriften sammeln: etwa 8000 – das ist nicht das Problem, schließlich haben wir sehr viele Sympathisierende. Die Parteienlandschaft in Europa, auch in Deutschland, ist im Umbruch. Viele sagen: Ich weiß nicht mehr, wen ich wählen soll: Menschen, die ihre Positionen nicht mehr vertreten fühlen, etwa in der Asylpolitik und der Ablehnung sicherer Herkunftsstaaten, bei der Erbschaftssteuer oder beim Teilhabegesetz. Denen wollen wir – auch langfristig – ein Angebot machen. Und in den Landtag.
Wie viele Mitglieder haben Sie?
Ungefähr 100.
Wer finanziert Ihren Wahlkampf?
Aktuell niemand, das lag bislang an Formalitäten. Alles, was es gibt – Logo, Flyer, Homepage – lief bisher ehrenamtlich. Natürlich nehmen wir auch Spenden, auch von Unternehmen, allerdings werden wir diese bereits ab dem Cent 1 transparent veröffentlichen. Bisher gibt es aber keine.
Oha. Haben Sie einen Plan B?
Nein. Wenn man einen Plan B hat, verfolgt man Plan A nicht mehr konsequent. Mein, Plan B könnte am Ende sein, nach Unterfranken zu ziehen, weil das Leben da billiger ist (lacht). Meine Mutter ist zuletzt sogar schon angesprochen worden, ob man nicht mal mit mir reden solle, damit ich der politischen Landschaft nicht verloren gehe. Aber Sorgen mache ich mir nicht.
Hat Ihre Mutter, CSU-Landtagspräsidentin Barbara Stamm, zu- oder abgeraten, die Grünen zu verlassen?
Ich habe mit meiner Mutter nicht darüber geredet. Sie hat’s erst von ihrem Landtagsamtsdirektor erfahren. Das war nicht so beabsichtigt.
Die Grünen fühlten sich ebenfalls kalt erwischt. Spricht da noch jemand mit Ihnen?
Ich glaube nicht, dass es die Partei "kalt" erwischt hat. Wer überrascht tat, sagte die Unwahrheit. Klar reden Grüne mit mir. Die Führung eher nicht, aber das wundert mich nicht. Auch wenn es nicht meiner Vorstellung von – ich sag’s mal altmodisch – Manieren entspricht, nicht mal zu grüßen.
Diese Grünen-Führung dürfte es darauf anlegen, Ihrer Partei thematisch und inhaltlich den Nährboden zu entziehen.
Ob man das mit Inhalten wie "All Cops are bürgernah" schafft, halte ich für fraglich. Aber natürlich habe ich gemerkt, wie sich die Grünen im Landtag nach meinem Austritt wieder positioniert haben, etwa gegen Abschiebungen nach Afghanistan. Kürzlich haben die Grünen, verkündet, dass sie mit der CSU koalieren und regieren möchten. Obwohl sie sich auf ihren Parteitagen stundenlang an der CSU abarbeiten. Wenn ihnen dieser Spagat gelingt, dann: herzlichen Glückwunsch. Thematisch bleibt genug Platz für eine neue Partei.
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