Burkas in Deutschland? "Müssen diesen Fremdkörper klein halten"

Der 59-jährige CSU-Politiker ist bereits seit 2007 bayerischer Innenminister.
AZ: Herr Herrmann, was hat ein Burka-Verbot mit Sicherheit zu tun?
Joachim Herrmann: Wir sollten hier klar trennen: unsere Sicherheit auf der einen Seite. Auf der anderen Seite die Integration von Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen und bei uns bleiben dürfen. Dazu gehört auch die Frage, ob wir das Tragen von Burkas in unserer Gesellschaft hinnehmen wollen, wenn es normal ist, dass man sich in Deutschland gegenseitig in die Augen schaut.
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Ist es überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar, Leuten zu verbieten, bestimmte Kleidung zu tragen?
Wir sind da zweifellos in einem Grenzbereich, weil sich Menschen, die Burkas tragen, auf Religionsfreiheit berufen. Man muss aber sehen, dass das auch im Islam eine kleine Minderheit ist. Es gibt nur wenige Länder, in denen Burkas getragen werden. Die ganz große Mehrheit der Muslime hält das für völlig übertrieben. Das muss man in der Bewertung schon berücksichtigen. Und auf der anderen Seite leben wir in einer Gesellschaft, wo die Gleichberechtigung der Frau einen hohen Verfassungsrang hat, der sicher nicht hinter der Religionsfreiheit zurückstehen kann. Es ist im Alltagsleben wichtig, dass man sich gegenseitig klar erkennen kann, zum Beispiel als Prozessbeteiligter vor Gericht oder wenn eine Mutter einer Schülerin in die Elternsprechstunde kommt. Wir müssen eine offene Diskussion darüber führen, wie wir diesen Fremdkörper in Deutschland möglichst klein halten können.
Eine Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft wird derzeit ebenfalls diskutiert. Was soll das bringen?
Auch da geht es um Integration. Die SPD hat im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern beide Staatsangehörigkeiten – die deutsche und die ihrer Eltern – auf Dauer behalten dürfen. Ich habe das nie für richtig gehalten. Jetzt müssen wir beobachten, dass innertürkische Auseinandersetzung zwischen der Regierung, der Gülen-Bewegung und kurdischen Gruppen zunehmend in unser Land hereingetragen werden. Konflikte werden importiert, weil Menschen, die wohlgemerkt schon längst einen deutschen Pass haben, in ihrer ganzen Emotionalität und teils auch Gewaltbereitschaft sich offensichtlich in erster Linie als Türken fühlen. Das heißt: Es hat keinen Sinn, den deutschen Pass nach Belieben an Leute zu verteilen, die in ihrem Herzen in Deutschland noch nicht angekommen sind.
AfD-Vize Alexander Gauland fordert, das Asylrecht für Muslime auszusetzen, "bis alle Asylbewerber, die sich in Deutschland aufhalten, registriert, kontrolliert und deren Anträge bearbeitet sind". Was sagen Sie dazu?
Wir bekennen uns zur Geltung des Asylrechts. Aber es muss die Identität jedes Flüchtlings, der in unser Land kommt, schon an der Grenze geklärt werden. Und wenn jemand sagt, er habe seinen Pass verloren, kann das kein Grund sein, ihn einfach durchzuwinken, sondern dann muss zumindest die Plausibilität seiner Angaben geprüft werden. Dann muss man etwa prüfen, ob er überhaupt die Sprache des Landes spricht, aus dem er zu stammen behauptet.
Seit einem Jahr finden an den Autobahn-Grenzübergängen Suben, Bad Reichenhall und Kiefersfelden Kontrollen statt und führen zu Staus. Was bringen sie eigentlich?
Wir legen großen Wert darauf, dass die Bundespolizei konsequente Kontrollen durchführt. Da werden immer wieder Schleuser festgenommen und Fahrzeuge mit Flüchtlingen festgestellt. Weil der Außengrenzschutz der EU nach wie vor nicht hinreichend funktioniert, ist es wichtig, dass wir deutlich machen, dass wir unsere eigenen Grenzen kontrollieren. Das sollte möglichst effektiv geschehen, damit möglichst wenig Stau dabei entsteht. Aber die Sicherheit unseres Landes geht hier vor dem Tempo des Verkehrs.
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Jeder halbwegs intelligente Schleuser kann doch die Kontrollstellen einfach umfahren – die vielen kleineren Grenzübergänge werden nicht kontrolliert.
Das ist völlig unbefriedigend. Deshalb haben wir beim Bund wiederholt angemahnt, dass alle Grenzübergänge kontrolliert werden müssen. Wenn der Bund dafür nicht genug Leute hat, haben wir wiederholt angeboten, dass die bayerische Polizei bereit wäre, an kleineren Grenzübergängen die Kontrollen zu übernehmen. Bisher hat sich der Bund darauf leider nicht einlassen wollen.
Die CSU will im bayerischen Integrationsgesetz Zuwanderer zur Achtung einer "Leitkultur" verpflichten. Was genau heißt das?
Es geht darum, dass Integration in unsere Rechts- und Gesellschaftsordnung erfolgt. Dass wir nicht beliebig nebeneinander her leben und jeder machen kann, was er mag, sondern dass wir von jedem, der auf Dauer in unserem Land bleiben will, erwarten, dass er unsere Kultur, unsere Art des Zusammenlebens respektiert und sich auch entsprechend verhält. Das sind alles Menschen, die aus freien Stücken in unser Land gekommen sind. Wenn sie gute Aufnahme erwarten, müssen wir umgekehrt auch erwarten können, dass sie sich in unser Land integrieren. Das liegt in ihrem eigenen Interesse, denn nur dann haben sie eine Chance, an Bildungsangeboten und am Arbeitsmarkt teilnehmen zu können. Es liegt aber auch im Interesse der deutschen Bevölkerung, weil Ärger programmiert ist, wenn Integration nicht gelingt.