"Amerikanische Truppen tun verdammt nichts!"

Der Vorstoß der IS-Terrormiliz in Syrien und im Irak zieht Schuldzuweisungen nach sich. Washington bescheinigt den Irakern Mangel an Kamfeswillen. Die widerum werfen den USA vor, nur wenige Kilometer von Ramadi entfernt Däumchen zu drehen.
Bagdad/Damaskus/Washington - Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat ihre jüngsten Eroberungen in Syrien und im Irak abgesichert und einen strategisch wichtigen Grenzübergang unter ihre Kontrolle gebracht. Washington und Teheran suchten nach Schuldigen für die demütigende Niederlage, die der IS den irakischen Regierungstruppen mit der Einnahme der Provinzhauptstadt Ramadi zufügte.
"Die irakischen Truppen haben einfach keinen Willen zum Kampf gezeigt", erklärte US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Sonntag in Washington. "Wir können sie ausbilden, wir können ihnen Ausrüstung geben, aber wir können ihnen keinen Willen zum Kampf geben", führte Carter in dem Interview des Nachrichtensenders CNN aus.
Der iranische General Ghassem Sulejmani, Kommandeur des Al-Kuds-Korps der Iranischen Revolutionsgarden, schob den Schwarzen Peter den USA zu. "Amerikanische Truppen sitzen unter dem Vorwand, der irakischen Nation zu helfen, nur ein paar Kilometer von Ramadi entfernt und tun verdammt nichts", zitierte die iranische Nachrichtenagentur Mehr am Montag den Kopf der mehr oder weniger verdeckten iranischen Militäreinsätze im Ausland.
"Was sollen wir davon halten?", fügte Sulejmani hinzu. "Die Amerikaner haben keinen Willen, gegen den IS zu kämpfen." Der Iran unterstützt die schiitische Regierung in Bagdad mit Waffen und Militärberatern.
Der IS hatte Ramadi vor einer Woche erobert. Drei Tage später hissten die Dschihadisten ihre schwarze Flagge über der syrischen Stadt Palmyra, die sie nach Kämpfen gegen die Regierungstruppen aus Damaskus erobert hatten. Am Sonntag nahmen sie einen strategisch wichtigen syrisch-irakischen Grenzübergang ein, womit sie nun weite Teile der Route zwischen Bagdad und Damaskus kontrollieren. In Friedenszeiten war Al-Walid/Al-Tanf der Grenzübergang für Reisende auf der direkten Strecke Bagdad-Damaskus.
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Nun kann der IS über diese Verbindung beliebig Soldaten und Waffen zwischen der westirakischen Provinz Anbar und der syrischen Provinz Homs verschieben. Die jüngsten IS-Eroberungen um Palmyra ließen wiederum die Terrormiliz näher an Damaskus heranrücken.
Nach Darstellung der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte richtete der IS im Zusammenhang mit der Eroberung von Palmyra binnen neun Tagen mindestens 217 Menschen hin. Unter den Opfern seien mindestens 150 gefangene Regierungssoldaten sowie 67 Zivilisten, unter ihnen zwölf Frauen und 14 Kinder.
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Die Angaben ließen sich unabhängig nicht bestätigen. Die Beobachtungsstelle stützt sich auf Berichte von Aktivisten vor Ort. Weltweit große Sorge herrscht auch wegen des Zustands des historischen Erbes der alten Oasen- und Karawanenstadt Palmyra. Es wird befürchtet, dass IS-Kader die einmalige Tempel- und Ruinenstadt zerstören könnte wie zuvor Kulturdenkmäler im Nordirak.
Derweil identifizierten Ermittler in Saudi-Arabien den Selbstmordattentäter, der am Freitag 21 Menschen in einer schiitischen Moschee getötet hatte, als saudischen Bürger mit Verbindungen zum IS. Die Extremisten hatten sich zu der Bluttat in Al-Kudaich nahe der Stadt Al-Katif bekannt.