Türkei: Keine Hoffnung mehr auf Überlebende
Zwei Tage nach dem Grubenunglück in der Türkei werden weitere Leichen aus der Zeche in Soma geborgen. Die Zahl der Toten liegt inzwischen bei 282. Hoffnung auf Überlebende gibt es kaum noch.
Istanbul – Die Zahl der Toten beim schwersten Grubenunglück in der Geschichte der Türkei ist nach Angaben der Regierung auf 282 gestiegen. In den vergangenen zwölf Stunden seien aus dem Kohlebergwerk Soma keine Kumpel mehr lebend geborgen worden, sagte Energieminister Taner Yildiz laut der Nachrichtenagentur Anadolu am Donnerstagmorgen. Die Bergungsarbeiten würden fortgesetzt.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Mittwoch von noch etwa 120 Vermissten berichtet. Mehrere Gewerkschaften riefen für diesen Donnerstag zum Streik auf. Am Mittwochabend kam es in Ankara und Istanbul wegen des Grubenunglücks zu Protesten gegen die Regierung. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstranten vor.
Das Grubenunglück ist das schwerste in der Geschichte der Türkei und zugleich das schwerste weltweit seit fast 40 Jahren. Am Donnerstag wurde Staatspräsident Abdullah Gül am Ort der Katastrophe erwartet. Am Mittwoch hatte Erdogan den Unglücksort besucht. Demonstranten und Gewerkschaften kritisierten, es habe sich nicht um einen Unfall, sondern um „Mord“ an den Arbeitern gehandelt. Demonstranten forderten in Sprechchören den Rücktritt der Regierung wegen des Unglücks.
Der Ministerpräsident hatte eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Im ganzen Land wurden die Flaggen auf halbmast gesetzt. Nach Angaben der Regierung wurden bei dem Unglück 80 Menschen verletzt. Energieminister Yildiz sagte am Donnerstag, 27 davon würden noch im Krankenhaus behandelt. Zum Zeitpunkt des Unglücks am Dienstagnachmittag waren nach Yildiz' Angaben 787 Arbeiter in der Zeche gewesen.
Beim bis dahin schwersten Bergwerksunglück in der Türkei im Jahr 1992 waren 263 Menschen ums Leben gekommen. In Soma hatte Medienberichten zufolge ein elektrischer Defekt in einem Trafo zunächst eine Explosion und dann einen Brand verursacht, der nach Angaben von Yildiz in 150 Metern Tiefe ausbrach.
Türkische Medien hatten berichtet, die Regierungspartei AKP habe im vergangenen Monat Forderungen der Opposition zurückgewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen an der Zeche Soma zu überprüfen. Die Bergwerksgesellschaft teilte mit, die letzten Sicherheitsüberprüfungen habe es vor zwei Monaten gegeben.
Das Grubenunglück in der Türkei löste weltweit Trauer aus. Mehrere Länder boten der Türkei Hilfe an. In der Türkei kommt es immer wieder zu tödlichen Grubenunfällen. Mehrfach gab es in den vergangenen Jahren Verstöße gegen Sicherheitsregeln oder es wurden veraltete Arbeitsgeräte eingesetzt.