"Mord" in der Zeche: Gewerkschaft ruft zum Streik auf

Der größte türkische Gewerkschaftsbund Türk-Is hat nach dem verheerenden Grubenunglück für heute zur Niederlegung der Arbeit aufgerufen.
dpa |
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Istanbul - Gewerkschafter sollten stattdessen am Arbeitsplatz der mehr als 280 Bergleuten gedenken, die an der Zeche Soma ums Leben kamen.

Der Gewerkschaftsbund sprach im Zusammenhang mit dem Unglück vom größten "Mord" am Arbeitsplatz in der Geschichte der türkischen Republik, gegen den protestiert werden müsse. Bei Türk-Is sind 35 Einzelgewerkschaften organisiert.

Die Bergbau-Katastrophe löste bereits am Mittwoch in der Türkei heftige Proteste gegen die Regierung aus. Die Polizei ging in Ankara und Istanbul mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Demonstranten vor.

Die Demonstranten in Istanbul forderten in Sprechchören den Rücktritt der Regierung wegen des Unglücks. Einige hielten Plakate in die Höhe, auf denen stand: "Kein Unfall - Mord". Die Polizei hinderte die Demonstranten daran, weiter in Richtung des zentralen Taksim-Platzes vorzudringen.

In Ankara hatten Hunderte Demonstranten am Nachmittag versucht, zum Energieministerium vorzudringen. Die Nachrichtenagentur Anadolu meldete, aus den Reihen der Demonstranten seien Molotow-Cocktails und Steine geworfen worden. Die Sicherheitskräfte hätten über Megafon auf die von der Regierung verfügte Staatstrauer für die Opfer der Katastrophe hingewiesen.

Seit der Explosion in dem Kohlebergwerk Soma am Dienstag waren immer mehr Tote aus dem Schacht geborgen worden - die Katastrophe gilt inzwischen als das weltweit schwerste Grubenunglück seit mehr als zwei Jahrzehnten.

Noch rund 120 Kumpel seien unter Tage eingeschlossen, sagte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu. 80 Menschen seien bei dem Brand in dem Kohlebergwerk verletzt worden.

Energieminister Taner Yildiz sagte in Soma, die Hoffnung schwinde, noch Überlebende zu retten: "Es ist schlimmer, als zunächst erwartet." Zum Zeitpunkt des Unglücks am Dienstagnachmittag seien 787 Arbeiter in der Zeche gewesen. 1992 waren beim bislang schwersten Unglück in einem Bergwerk in der Türkei 263 Menschen ums Leben gekommen.

In Soma hatte Medienberichten zufolge ein elektrischer Defekt in einem Trafo zunächst eine Explosion und dann einen Brand verursacht, der nach Angaben von Yildiz in 150 Metern Tiefe ausbrach. Wegen des Unglücks rief die Regierung eine dreitägige Staatstrauer aus. Im ganzen Land und an den türkischen Vertretungen im Ausland wurden die Flaggen auf halbmast gesetzt.

Recep Tayyip Erdogan und Staatspräsident Abdullah Gül sagten wegen des Unglücks Auslandsreisen ab. Erdogan besuchte den Unglücksort am Mittwoch. Türkische Medien berichteten, die Regierungspartei AKP habe im vergangenen Monat Forderungen der Opposition zurückgewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen an der Zeche Soma zu überprüfen. Die Bergwerksgesellschaft teilte mit, die letzten Sicherheitsüberprüfungen habe es vor zwei Monaten gegeben.

Das Grubenunglück in der Türkei löste weltweit Trauer aus. Mehrere Länder boten der Türkei Hilfe an. Darunter waren auch Israel und Griechenland, deren Verhältnis zur Türkei angespannt ist. Bundespräsident Joachim Gauck sprach dem türkischen Staatschef Gül seine Anteilnahme aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel schrieb Erdogan: "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer."

In der Türkei kommt es immer wieder zu tödlichen Grubenunfällen. Mehrfach gab es in den vergangenen Jahren Verstöße gegen Sicherheitsregeln oder es wurden veraltete Arbeitsgeräte eingesetzt.

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