Terror und Gewalt: Wo kann man noch Urlaub machen?

München - Massenmord an der Côte d’Azur, politische Unruhen in der Türkei, Schießereien in den USA – Gewaltexzesse, nach denen viele Menschen rätseln: Wo kann ich überhaupt noch Urlaub machen? Die AZ ist der Frage nachgegangen.
"Vor allem die grausame Tat in Nizza macht erneut deutlich, dass es nirgendwo auf der Welt Sicherheit gibt", sagt Sibylle Zeuch, Sprecherin des Deutschen Reiseverbands (DRV). "Wir werden einstweilen leider mit dieser Bedrohung leben müssen." Sich einzuschränken sei aber das falsche Signal. Die Menschen könnten auch weiter reisen und Urlaub machen – vorausgesetzt, sie beachteten die Sicherheitshinweise des Außenministeriums und informierten sich vor Ort über die aktuellen Verhältnisse.
Das Auswärtige Amt in Berlin stellt ebenfalls klar: "Die weltweite Gefahr terroristischer Anschläge und Entführungen besteht fort." Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Attentats zu werden, "im Vergleich zu anderen Risiken, die Reisen ins Ausland mit sich bringen, wie Unfällen, Erkrankungen oder gewöhnlicher Kriminalität, gering".
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Terroristen wählten vorrangig Orte mit Symbolcharakter für Anschläge aus. "Dazu zählen Regierungs- und Verwaltungsgebäude, Verkehrsinfrastruktur, Wirtschafts- und Tourismuszentren, Hotels, Märkte, religiöse Versammlungsstätten sowie generell größere Menschenansammlungen", so das Ministerium. Wer das Anschlagsrisiko also verringern möchte, hält sich am besten von solchen Orten fern.
Explizite Reisewarnungen bestehen derzeit lediglich für Syrien, Afghanistan, Irak, Libyen, Jemen, Südsudan, Somalia und die Zentralafrikanische Republik. Das heißt: Von Aufenthalten in diesen Staaten raten die Experten des Auswärtigen Amtes ausdrücklich ab. Bei einigen anderen Ländern empfehlen sie, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen oder bestimmte Regionen zu meiden.
Türkei
Nach dem Putschversuch wird Urlaubern in Ankara und Istanbul bis zur vollständigen Klärung der Lage zu äußerster Vorsicht geraten. Dies gelte insbesondere bei Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen, so das Außenministerium. "Im Zweifelsfall wird geraten, in sichere Wohnungen und Hotels zurückzukehren und die Medienberichterstattung sowie diese Reise- und Sicherheitshinweise aufmerksam zu verfolgen."
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Aus den hunderte von Kilometern entfernten Urlaubsregionen an der Mittelmeerküste würden jedoch keine besonderen Ereignisse gemeldet. "Dort geht wirklich alles seinen gewohnten Gang", sagte eine TUI-Sprecherin am Montag. "Aus Urlaubersicht herrscht Normalität", bestätigte ihr Kollege von Thomas Cook. Auch die Tagesausflüge zu touristischen Sehenswürdigkeiten in den Regionen Antalya, Bodrum und Izmir würden wie üblich durchgeführt. Absagen gebe es kaum.
Frankreich
"Wenn Sie eine Reise nach Frankreich planen, sollten Sie den Anweisungen des dortigen Sicherheitspersonals unbedingt Folge leisten", so Sibylle Zeuch vom DRV. Das Außenamt gibt denselben Tipp – und warnt zudem vor Raubüberfällen auf Wohnmobile.
Nach den Anschlägen auf das Magazin "Charlie Hebdo" und die Konzerthalle "Bataclan" in Paris 2015 seien die Besucherzahlen einige Wochen lang zurückgegangen, sagt Zeuch. "Das hat sich dann aber schnell wieder normalisiert." Eine Entwicklung, mit der die Tourismus-Expertin auch diesmal rechnet. Schließlich seien unter den Frankreich-Reisenden viele Geschäftsleute und Menschen, die Freunde und Verwandte besuchten. Diese hätten sich von den Ereignissen nicht abschrecken lassen.
USA
In den Vereinigten Staaten sorgen blutige Auseinandersetzungen zwischen Afroamerikanern und der Polizei für Schlagzeilen. Trotzdem sieht Zeuch die USA weiterhin als vergleichsweise sicheres Urlaubsland: "Die USA sind ein riesengroßes Land, in dem man viele Möglichkeiten hat. Man muss ja nicht gerade in die Regionen fahren, in denen es zuletzt Auseinandersetzungen gab."
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Die touristischen Hot-Spots seien ohnehin New York, Florida, Kalifornien und die Ostküste – und nicht Baton Rouge, Dallas oder Minnesota. Das Auswärtige Amt warnt generell vor Überfällen mit Waffengewalt: "In den USA ist es vergleichsweise leicht, in den Besitz von Waffen zu gelangen. Sollten Sie Opfer eines bewaffneten Überfalls werden, versuchen Sie nicht, sich zu wehren!"
Ägypten
Für das Land am Nil besteht eine Teilreisewarnung. Das bedeutet: Das Außenministerium rät dringend von Fahrten in den Norden der Sinai-Halbinsel ab.
Bei Aufenthalten in den Badeorten am Roten Meer empfehlen die Experten, generell vorsichtig zu sein: "Demonstrationen und Menschenansammlungen, insbesondere vor religiösen Stätten, Universitäten und staatlichen Einrichtungen sollten unbedingt gemieden werden." Denn 100-prozentige Sicherheit gibt es natürlich auch in den Badeorten nicht.
Im Januar wurden bei einem Anschlag auf ein Hotel in Hurghada drei Urlauber verletzt. Im Oktober 2015 stürzte ein Passagierflugzeug nach dem Start in Sharm el-Sheik ab, weil ein Sprengsatz an Bord detonierte. Wer sich kurzfristig für einen Ägypten-Trip entscheidet, dürfte jedoch allerhand günstige Angebote finden: Zum einen liegt die Tourismus-Branche dort seit der Revolution 2011 am Boden. "Zum anderen buchen viele Sonnenanbeter Ägypten lieber im Winter, wenn das Mittelmeer nicht mehr warm genug zum Baden ist", sagt Sibylle Zeuch.
Südeuropa
"Spanien, Italien, Portugal, Griechenland aber auch Bulgarien waren schon Anfang des Jahres stark gefragt", sagt Reise-Expertin Sibylle Zeuch. "Da könnte es schwer werden, jetzt noch etwas zu finden." Trotzdem könne sich ein Besuch im Reisebüro lohnen. "Es springen immer wieder Gäste ab, neue Kapazitäten kommen hinzu, der Tourismus ist ein laufendes Geschäft."
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Allerdings besteht auch für diese Urlaubsländer keine Sicherheitsgarantie. Im April kündigten Terroristen des Islamischen Staates Anschläge an den Stränden von Italien und Spanien an. Passiert ist dort bislang nichts. Vielleicht noch nicht.
Aktuelle Hinweise zu der Situation in den Urlaubsländern gibt es hier.