Pflege macht Fortschritte - Aber es gibt noch genug zu tun

Wo kann ich meine pflegebedürftige Mutter, wo meinen dementen Vater vernünftig unterbringen? Eine befriedigende Antwort auf solche Fragen steht immer noch aus. Der neue Bericht zur Pflegequalität in Deutschland macht dies einmal mehr deutlich.
Berlin – Allmählich erholt sich Deutschland von dem "Pflege-Schock" vor zehn Jahren. Damals machten Berichte über mangelernährte alte Menschen mit Druckgeschwüren in schlecht geführten Heimen die Runde. Vor allem regelmäßige Überprüfungen haben seither zu einer deutlichen Verbesserung der Qualität in der stationären wie ambulanten Pflege geführt.
Gleichwohl räumten der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und dessen Medizinischer Dienst (MDS) am Mittwoch weiteren Verbesserungsbedarf ein. Ja, Vernachlässigung, Druckgeschwüre, mangelnde Ernährung, Austrocknung und freiheitsentziehende Maßnahmen mit Fixiergurten oder durch Medikamente kommen hierzulande leider noch viel zu häufig vor, kritisierte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher.
Zudem ist das Prüfsystem selbst, vor allem die Notengebung, der sogenannte Pflege-TÜV, in Verruf geraten. Durchschnittliche Noten zwischen 1 und 1,4 seien wenig aussagekräftig, kritisiert der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), seit längerem. Sie geben den Betroffenen - Pflegebedürftigen wie Angehörigen - nicht wirklich die Möglichkeit einzuschätzen, wie die Qualität eines Hauses oder ambulanten Dienstes nun wirklich ist.
Lesen Sie hier: Pflegereform: Das müssen Sie wissen
Von mehr Transparenz erhofft sich die Bundesregierung nicht nur eine bessere Unterstützung für Pflegebedürftige und Angehörige, sondern auch mehr Wettbewerb unter den Trägern von Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten. Die Menschen würden quasi mit den Füßen abstimmen, wer gut und wer schlecht sei. "Das jetzige Prüfsystem ... ist nicht an der Lebensrealität der Heimbewohner und Nutzer der ambulanten Pflegedienste orientiert und auch nicht geeignet, Transparenz über die Qualität von Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten herzustellen", kritisierte Mascher.
Laumann will den Pflege-TÜV bis Mitte des Jahres auf ein völlig neues Fundament stellen. GKV-Vorstand Gernot Kiefer stimmte Laumanns Kritik bei der Vorstellung des neuen Qualitätsberichtes durchaus zu. Es brauche mehr Transparenz in der Pflege. Nicht berechtigt sei jedoch, das System ganz abzuschaffen und die GKV aus der Prüfung zu drängen. Kiefer warf den Leistungserbringern vor, eine Reform zu blockieren.
Und ein weiterer Vorwurf gilt den Trägern. Am Vortag mahnten Laumann wie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bei einem Festakt zum 20-jährigen Bestehen des Pflegeversicherung, Wettbewerb in der Pflege dürfe sich nicht allein an der Frage festmachen, wer die billigsten Kräfte bekomme. Professionelle Pfleger brauchten eine "ganz besondere innere Einstellung", um den Beruf auszuüben, bekräftigte Laumann. Gute Ausbildung und gute Bezahlung verstünden sich daher von selbst.
"Wer gutes Pflegepersonal möchte, muss es auch ordentlich bezahlen", unterstrich auch Kiefer. Der Mindestlohn von 8,50 Euro könne für diesen Mangelberuf kein Maßstab sein. Kiefer machte bei der Bezahlung von Pflegekräften ein Nord-Süd-Gefälle aus. In der Branche werde im Süden und Südwesten - aus unerfindlichen Gründen - besser bezahlt als im Norden. MDS-Geschäftsführer Peter Pick betonte, der weiterhin bestehende Verbesserungsbedarf dürfe nicht zu einem "Bashing" (Runtermachen, Schelte) der Pflege und der Pflegenden führen. Vielmehr sollten die bisherigen Anstrengungen gewürdigt werden.