Neustart ohne Après-Ski: Ein Besuch in Ischgl
Ein paar wenige Skifahrer machen letzte Schwünge. Die Sonne versinkt hinter den Bergen. Jetzt wäre die Zeit für Après-Ski. Doch wo sich früher Menschen in Skikleidung zuprosteten und den Tag feuchtfröhlich zu Ende gehen ließen: verschlossene Türen. Leere Straßen. Die Bars dicht. Die Hotels dunkel.
Aktuell gilt in Österreich ein Lockdown
Der österreichische Wintersportort Ischgl, von dessen Après-Ski-Szene aus sich das Coronavirus Anfang 2020 über Österreichs Grenzen hinaus verbreitet hat, zeigt zum Neustart der Skisaison in Corona-Zeiten ein ungewohntes Gesicht. In Österreich gilt ein Lockdown. Es gibt weder Bewirtung noch Übernachtung. Aber Bergbahnen fahren.
Zum "Soft-Opening" kamen rund 2500 Wintersportler. In der Hauptsaison und vor Corona waren es an schönen Tagen manchmal fast zehnmal so viele, wie Günther Zangerl, Vorstand der Silvrettaseilbahn sagt. Zum Neustart am Freitag scheuten auch Deutsche die weite Anreise nicht, obwohl Österreich (und nun auch die angrenzende Schweiz) als Hochrisikogebiete eingestuft sind.
Manche hatten die Brotzeit im Rucksack - wie früher. "Es lohnt sich, herzufahren", sagt Valentin Langer aus Oberbayern. Lars Brinkmann ist aus Rott im Landkreis Landsberg gekommen. "Der Schnee ist grandios." Ischgl biete doch mehr als manches deutsche Gebiet.

Ischgls Bügermeister: "Wir wollen Gäste haben"
Eindreiviertel Jahre standen die Skilifte in Ischgl still. Nun zeigt sich der Ort verantwortungsbewusst, mit strengen Regeln und klarer Linie. Skifahren, Natur und nach dem Lockdown Gastronomie: "Wir wollen Gäste haben, die das ganze Equipment in Anspruch nehmen", sagt Ischgls Bürgermeister Werner Kurz.
Aber nicht wie früher. Da seien manche mit Alkohol in der Hand durch die Straßen gezogen. "Das ist jetzt nicht mehr erlaubt." Auf öffentlichen Plätzen gilt ein Alkoholverbot. Dass gerade Ischgl, bis heute Bergbauernort mit Landwirtschaft, wegen seiner Après-Ski-Szene wegen Corona derart in Verruf geraten ist, frustriert viele Einheimische.
Nicht nur Ischgl war ein Corona-Hotspot
Auch anderswo, etwa in Südtirol, hätten sich Skiurlauber angesteckt, und Après-Ski gebe es vielerorts. Rechtzeitig zum Saison-Start waren die strafrechtlichen Ermittlungen zur damaligen Corona-Ausbreitung gegen mehrere Amtsträger eingestellt worden (AZ berichtete).
Die Infektionszahlen in Österreich sind derzeit hoch, die Kliniken voll. In Ischgl hofft man dennoch auf ein Ende des Lockdowns am 12. Dezember. Die Après-Ski-Bar "Kitzloch", Anfang 2020 wegen der Infektionen im Rampenlicht, ist für eine Öffnung vorbereitet. Damals war bei einem Barkeeper das Virus nachgewiesen worden, fast alle Mitarbeiter und auch Urlauber infizierten sich. Nun liegen Tischdecken bereit, Gläser sind aufgestellt.
So bald wie möglich soll aufgemacht werden
Sobald es geht, will Bernhard Zangerl öffnen, wahrscheinlich für Geimpfte und Genesene. Man werde alles geben, um einen sicheren Aufenthalt zu gewährleisten. "Wir schämen uns nicht für das, was wir machen", sagt der Wirt. "Après-Ski ist nichts anderes als Nachtgastronomie, die am Nachmittag und in Skikleidung stattfindet." Erst einmal ist aber niemand da, der feiern könnte. Am Abend sind die Straßen leer.
An der Seilbahn hat Anna Kurz, Junior-Chefin des "Fire and Ice", einen Kiosk aufgemacht - To-go-Verkauf ist erlaubt. Es gibt Ciabatta und Kaffee. "Ich mache auf, damit ich eine Beschäftigung habe, und auch weil es der Seele gut tut, wenigstens irgendwas arbeiten zu können", sagt Kurz.
"Viele Stammgäste haben sich sehr gefreut"
Vor dem Lockdown sei das Hotel ihrer Familie fast ausgebucht gewesen. "Wir haben sehr viel Stammgäste. Die haben sich sehr darauf gefreut, dass sie kommen können." Nun Ernüchterung: "Wir haben leider auch Stornierungen."
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