Mittelmeer: Erneut Flüchtlingsschiff in Seenot

Europa diskutiert nach der vermutlich schlimmsten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer über die richtige Migrationspolitik. Zeitgleich schrecken neue Nachrichten über Schiffe in Seenot auf. Wieder sind Hunderte Menschen an Bord.
von  az
Flüchtlingsboot vor Lampedusa: Die Flucht übers Mittelmeer ist für Migranten eine Todesfalle. (Archivbild)
Flüchtlingsboot vor Lampedusa: Die Flucht übers Mittelmeer ist für Migranten eine Todesfalle. (Archivbild) © dpa

Rom/Valletta - Nach dem verheerenden Flüchtlingsunglück mit wahrscheinlich Hunderten Toten sind im Mittelmeer erneut Boote mit Migranten in Seenot geraten. Italien und Malta hätten nach Hilferufen der drei Boote Rettungseinsätze eingeleitet, sagte Italiens Regierungschef Matteo Renzi am Montag nach einem Treffen mit Maltas Premierminister Joseph Muscat. Ein Schlauchboot mit 100 bis 150 Menschen an Bord befand sich laut Renzi am Nachmittag etwa 55 Kilometer vor der Küste Libyens. Auf einem größeren Schiff seien etwa 300 Menschen.

Erst am Wochenende war ein Fischerboot nördlich der libyschen Küste und unweit der italienischen Insel Lampedusa gekentert. Weit mehr als 700 Menschen könnten gestorben sein - was das schlimmste Flüchtlingsunglück im Mittelmeer wäre. Nach Aussagen eines Überlebenden waren 950 Menschen an Bord, darunter viele Kinder. Der von der Staatsanwaltschaft in Sizilien befragte Mann aus Bangladesch gab an, viele Menschen seien zum Zeitpunkt des Unglücks im Laderaum eingeschlossen gewesen. "Die Schmuggler haben die Türen geschlossen und verhindert, dass sie herauskommen", sagte er laut italienischer Medien. Die Hintergründe waren unklar.

Die italienische Küstenwache barg bislang 24 Leichen. Sie wurden nach Malta gebracht und sollen dort bestattet werden. 28 Menschen wurden gerettet. Retter suchten nach weiteren Überlebenden, doch die Hoffnung schwand.

In Luxemburg berieten am Montag die EU-Außen- und Innenminister über Konsequenzen aus dem Unglück. Italien fordert mehr Hilfe der anderen EU-Länder und schlägt einen koordinierten Kampf gegen Menschenschleuser vor. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen an das Treffen, eine schnelle Lösung werde es nicht geben.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte: "Die Seenotrettung muss erheblich verbessert werden, sie muss schnell organisiert und europäisch finanziert werden." Nach Angaben der Staatsanwaltschaft im italienischen Palermo warten in Libyen bis zu eine Million Flüchtlinge auf die Überfahrt nach Europa.

Auch in Griechenland gab es ein neues Flüchtlingsunglück: Vor einem beliebten Strand der Touristeninsel Rhodos zerschellte ein Schiff mit Dutzenden Menschen an Felsen. Mindestens drei von ihnen starben, darunter ein vierjähriges Kind, wie die Küstenwache mitteilte. 93 Menschen wurden demnach aus dem Wasser gerettet.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.