Mindestlaufzeit, Kündigungsfrist &. Co.: Schluss mit der Endlos-Vertragsfalle
Sie haben einen Vertrag im Fitness-Studio, eine Streaming-Vereinbarung oder ein Zeitschriften-Abo, wollen nun aber eigentlich raus aus dem Vertrag. Doch Sie müssen noch monatelang auf das Ende warten, weil sich der Vertrag erst kürzlich automatisch um ein Jahr verlängert hat? Oder haben Sie die Kündigungsfrist verbummelt und hängen jetzt für weitere zwölf Monate in der Vertragsschleife? So etwas ist wohl jedem schon mal passiert.
Seit 1. März 2022 schützt das neue Gesetz für faire Verbraucherverträge Kunden vor solchen ungewollt verlängerten Laufzeiten. Das spart Nerven - und vor allem Geld. Welche neuen Bedingungen jetzt gelten:
Automatische Vertragsverlängerung: Einmonatige Kündigungsfrist
Viele geschlossene Verträge verlängerten sich bisher automatisch und ohne aktive Zustimmung um ein weiteres Jahr, wenn man nicht rechtzeitig gekündigt hat. Klar: ein Versuch der Anbieter, die Kunden an sich zu binden. "Künftig sind bei vielen Verträgen stillschweigende Vertragsverlängerungen in AGB nur noch zulässig, wenn sich der Vertrag auf unbestimmte Zeit verlängert und die Verbraucher und Verbraucherinnen eine Kündigungsfrist von höchstens einem Monat erhalten", schreibt die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite.

Einfach ausgedrückt bedeutet das: "Nach Ablauf der ersten Vertragslaufzeit kommen Sie, wenn Sie wollen, spätestens einen Monat nach Zugang Ihrer Kündigung aus dem Vertrag heraus."
Laut der Verbraucherzentrale NRW gelten die Änderungen für Verträge rund um regelmäßige Lieferungen von Waren oder regelmäßige Dienst- oder Werkleistungen, die nach dem 1. März 2022 geschlossen wurden: zum Beispiel Tanz-, Musik- oder Nachhilfekurse sowie Mitgliedschaften in Fitnessstudios. Versicherungsverträge sind davon ausgenommen.

Neue Kündigungsfrist gilt nicht für alte Verträge
Aber Obacht, es gibt einen Haken: Die verbesserten Bedingungen gelten eben nur für Neuverträge ab dem 1. März. Für ältere Verträge bleibt es bei der automatischen Vertragsverlängerung bis zu einem Jahr, wenn man nicht rechtzeitig die Kündigung schreibt.
Sollten Kunden jetzt ihre alten Verträge kündigen, um im Anschluss einen neuen mit verbesserter Laufzeit-Kondition abzuschließen? Auf AZ-Anfrage sagt Juristin Carolin Semmler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: "Hier gilt es, in jedem Einzelfall genau hinzuschauen und nicht vorschnell zu entscheiden: Denn bei einem Neuvertrag sind Verbraucher und Verbraucherinnen wieder an die Mindestvertragslaufzeit gebunden." Sprich: Bevor man problemlos nach einem Monat aus dem Vertrag rauskommt, muss man ihn erstmal für die vereinbarte Mindestlaufzeit haben.
Vor einer Kündigung und einem Neuabschluss sollten laut Semmler die Bedingungen des neuen Vertrages, wie etwa das genaue Leistungsangebot und die regelmäßigen Kosten, genau angesehen und mit dem alten Vertrag verglichen werden.
Übliche Mindestlaufzeit bei Vertragsabschluss bleibt unverändert
Bei der häufig üblichen Mindestvertragslaufzeit nach dem Abschluss ändert sich mit der Neuerung nichts. Sie bleibt bei in der Regel zwei Jahren.
Gibt es Alternativen? Laut Semmler solle man vor Vertragsabschluss prüfen, ob es auch kürzere Vertragslaufzeiten gibt. "Vor allem wenn man sich nicht sicher ist, ob man den Vertrag tatsächlich so lange nutzen wird, kann sich eine kürzere Vertragslaufzeit lohnen - auch wenn diese manchmal etwas teurer ist."
Neue Kündigungsfristen
Bislang lag die Kündigungsfrist meist bei drei Monaten vor Vertragsende. Wenn man diese verpasst: Pech gehabt. Jetzt gilt eine neue Frist von nur noch einem Monat vor Ablauf der Erstvertragslaufzeit. Doch, wie Semmler der AZ bestätigt, trifft auch das nur auf neue Verträge ab 1. März 2022 zu.
Andere Regeln bei Telefonverträgen
Sowohl bei Festnetzverträgen als auch bei Handy-Vereinbarungen gilt die Neuregelung schon seit 1. Dezember 2021. Und hier sowohl für Neu- als auch für Bestandsverträge.

Warum gilt für Kommunikationsverträge eine andere Regel? Semmler erklärt der AZ: "Bei den gesetzlichen Änderungen im Telekommunikationsrecht hat der Gesetzgeber keine Übergangsregeln geschaffen. Dies hat zur Folge, dass die neuen Vorschriften auch für Bestandsverträge gelten."
Im Rahmen des jetzt in Kraft tretenden Gesetzes für faire Verbraucherverträge wurden dagegen Übergangsregeln eingeführt. So werde in Artikel 229 Paragraf 60 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ausdrücklich geregelt, dass für Verträge, die vor dem 1. März 2022 abgeschlossen werden, noch die alten Vorschriften gelten. "Einen Grund für diese unterschiedliche Behandlung hat der Gesetzgeber - soweit ich weiß - nicht angegeben", teilt Semmler der AZ mit.
Einfaches Kündigen von Verträgen im Netz
Wer einen Vertrag im Internet schließt, kann ihn künftig einfacher kündigen. Diese Regelung tritt im Laufe dieses Jahres in Kraft, genauer gesagt zum 1. Juli. Ab dann gilt für "Dauerschuldverhältnisse" die Pflicht zu einem Kündigungsbutton, mit dem Verbraucher ihre Verträge ohne großes Suchen und Briefeschreiben wieder loswerden können.
Die gute Nachricht: "Die Regelungen gelten auch für Verträge, die vor diesem Datum entstanden sind", so die Verbraucherzentrale auf ihrer Website.
- Themen:
- Panorama