Lutschpastille nach alter Rezeptur: Kleine Pille ganz groß
Bad Reichenhall - Eine knapp 100 Jahre alte Rezeptur in Pastillenform gegen Hustenreiz will der Reichenhaller Apotheker Stefan Niklas im Alleingang bundesweit bekannt machen. Ein großer Plan, ein fernes Ziel: Der Prozess stellt ihn vor ungeahnte Herausforderungen.
Ursprung der Pastillen liegt fast ein Jahrhundert zurück
Keinen halben Zentimeter groß ist die kleine, grüne Pastille aus Gummi arabicum. Sie enthält Latschenkiefernöl. Die Latschenkiefer ist etwa im Alpenvorland heimisch. Das ist die Besonderheit der Lutschpastille, deren Ursprung fast ein Jahrhundert zurückliegt. Niklas weiß: "Damals waren Pastillen eine Neuheit" - anders als Pülverchen oder gedrehte Pillen. In der Kurstadt Reichenhall wurde destilliertes Latschenkiefernöl gegen Atemwegserkrankungen eingesetzt.
Ziel: die regionalen Pastillen mit Historie bekannt machen
Niklas leitet die Marienapotheke. Er sagt: "Ein eigenes Produkt ist etwas Spannendes." Er erwarb die Rezeptur, als jene Reichenhaller Apotheke, in der die Pastille ihren Ursprung hat, 2007 schloss. "Ich sah das Potenzial. Die Pastille funktioniert seit fast einem Jahrhundert."
Über die Apotheke hinaus, in der sie "erfunden" wurde, kam sie jedoch nie. Das regionale Produkt mit Historie bekannt zu machen, ist Niklas' ambitioniertes Ziel. Doch damit begann auch die Arbeit für den Unternehmer. Niklas wollte das Produkt von Grund auf neu denken. Er wandte sich an eine heimische "Branding Agency", ein Büro, das Marken entwickelt. Die Frage stand im Raum: "Wie soll man eine kleine Lutschpastille groß denken?" Bonbons für den Hals gibt es im Dutzend. Niklas hat sie selbst im Sortiment.
Der Name: Lagubo
Zuerst war da der Name. Der musste griffig und einprägsam sein: "So wie beim Gummibärchen-Hersteller Haribo", sagt der Apotheker und grinst. Die Abkürzung steht für "Hans Riegel Bonn". Man formt also ein Akronym und nimmt die Anfangsbuchstaben der Wörter, nutzt kreative Freiheit und wird schließlich mit "Lagubo" fündig. "Bo" für Bonbon?

Die Herausforderung: die Verpackung und Vermarktung von Grund auf neu denken
Während eine Pastille eine elastische Grundform hat, ist ein Bonbon doch hartgekochte Zuckermasse. Aber selbst die Urform wurde bereits als "Latschen-Gummi-Bonbon" bezeichnet. "Ich wollte die Tradition weiterführen", sagt Niklas. Doch der Auftritt musste von Grund auf neu gedacht werden: beginnend mit der grün-blauen Farbgebung, die das ätherisch Frische zeigen soll, einem einheitlichen Schriftzug, dem Motto.
"Kampf dem Konzerthusten", hieß es schließlich. Immerhin sei die Pastille eine "Inhalation zum Lutschen". Doch funktioniert das Produkt überhaupt? Niklas ließ Probiertütchen produzieren, verschickte Lutschpastillen an Profisportler und Profisänger.
Mit dem Münchner Extrembergsportler Benedikt Böhm fand er einen Markenbotschafter. Niklas fuhr in die Lombardei. Dort ließ er Zehntausende Aluminium-Dosen produzieren. Die sind wiederbefüllbar. Dann besuchte Niklas mehr als 100 Apotheken. Platz im Regal bekam er bei einigen und verschickte Probepackungen an Konzerthäuser und Sportgeschäfte.
Viel Geduld und Durchhaltevermögen
Geld verdient Niklas mit den Lutschpastillen noch lange nicht. "Man braucht definitiv viel Geduld und Durchhaltevermögen", sagt er. Und falls das Unterfangen scheitert? Ein Ende für die Lutschpastille bedeutet das nicht. "In meiner Apotheke in Reichenhall verkaufe ich mehr Pastillen als Kopfschmerzmittel."
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