Mogelpackung des Jahres: So viele Beschwerden wie noch nie
Im Supermarkt-Regal haben die Chips oder die Gummibärchen so wie immer ausgeschaut. Und wanderten deswegen wie immer in den Einkaufswagen. Erst beim Öffnen daheim merkt man (vielleicht): In der Packung steckt weniger drin – und möglicherweise wurde sogar noch am Preis geschraubt. Nach oben freilich.
Mogelpackung des Jahres: So viele Beschwerden wie noch nie
Weniger Inhalt, aber gleicher Preis oder sogar teurer – die Verbraucherzentrale Hamburg ist solchen versteckten Preiserhöhungen wie ein Detektiv auf der Spur. Auch für das Jahr 2022 vergeben die Verbraucherschützer den Negativpreis "Mogelpackung des Jahres". Sie sammelten dafür unter anderem Kunden-Beschwerden – und davon gingen so viele ein wie noch nie. Allein von August bis Oktober waren es über 700.
"Doch was bei uns ankommt und erfasst wird, ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs", teilt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg mit. Neben Markenartikeln seien zuletzt auch immer häufiger Handelsmarken betroffen.
Ab sofort können Verbraucher abstimmen, welches Produkt den unliebsamen Titel Mogelpackung dieses Mal bekommen soll. Diese fünf Kandidaten stehen zur Wahl:
KANDIDAT 1: Rama
Der Becher ist gleich geblieben, auch das Design. So schreiben es die Verbraucherschützer in ihrer Mitteilung. Doch der Inhalt des Streichfetts sei im vergangenen Jahr geschrumpft – und zwar von 500 auf 400 Gramm. "Die perfekt getarnte ‚Schrumpfkur' führt zu einer versteckten Preiserhöhung von 25 Prozent", so die Kritik der Verbraucherzentrale Hamburg.
Was sagt der Hersteller Upfield? Argumentiert wird mit enorm gestiegenen Kosten in der Produktionskette.
KANDIDAT 2: Leerdammer-Käse
Der Name passt, die Packung der "Leerdammer Original"-Käsescheiben ist wieder "leerer" geworden. "Der Sticker ‚Neuer Inhalt 140 g' nützt wenig, wenn man die alte Packungsgröße nicht kennt", so das Urteil. Die umfasste nämlich noch 160 Gramm.
"Gleichzeitig stieg der Preis für das Produkt bei vielen Händlern in den letzten Monaten von 1,99 Euro auf 2,49 Euro", halten die Verbraucherschützer zu diesem Kandidaten fest. Das macht ihnen zufolge eine versteckte Preiserhöhung von bis zu 43 Prozent.
Der Hersteller Lactalis Holländischer Käse GmbH führt die Preisentwicklung auf die gestiegenen Milchpreise in Europa zurück.
KANDIDAT 3: Pringles
Die berühmte Röhrendose ist unverändert, der Inhalt nicht. "Klammheimlich hat Kellogg bei seinen Pringles-Chips 2022 den Inhalt reduziert und dreht so weiter munter am ‚Füllmengenkarussell' mit immer wieder neuen Inhaltsmengen." Aus zuvor 200 wurden 185 Gramm.
Dazu kommt, dass der Handel den Preis dafür erhöht habe - "von meist 2,59 Euro auf 2,79 Euro und zum Ende des Jahres sogar auf 2,99 Euro". Macht ein Plus von 25 Prozent.
Kellogg bestätigt, dass die Füllmengen geändert wurden, es wird von einer Anpassung an Vertriebskanäle und Essgewohnheiten gesprochen.
KANDIDAT 4: Calgon
Über den Wasserenthärter schreibt die Verbraucherzentrale: "Die Füllmenge des Produkts hat sich nicht verändert. Der Karton enthält noch immer 1500 Gramm Pulver. Der Preis ist auch bei fast allen Händlern gleich geblieben."
Mogelpackung? Auf den ersten Blick nicht. Auf den zweiten schon. Denn die Dosierempfehlung bei hartem Wasser wurde geändert, von 21 Gramm auf 30 Gramm. "Legt man das auf die Waschladungen um, so sind in der Konsequenz nur noch 50 statt 71 Wäschen pro Packung möglich." Das bedeutet laut Verbraucherzentrale Hamburg: "Unterm Strich entspricht das einer versteckten Preiserhöhung vom 42 Prozent." Der Hersteller Reckitt Benckiser verweist unter anderem auf eine EU-Richtlinie, die umgesetzt werden musste.
KANDIDAT 5: Goldbären
Die Füllmenge der "Goldbären" schrumpfte von 200 auf 175 Gramm. "Bei gleichem Preis im Handel wurden die Fruchtgummis dadurch um 14 Prozent teurer." Auch weitere Haribo-Sorten seien betroffen, heißt es. "Etwas kleinere Packungen helfen nicht, um das zu bemerken, da der Vergleich zur alten Tüte fehlt."
Wie lassen sich Mogelpackungen verhindern? Schwierig. "Die derzeitigen Gesetze geben Unternehmen viel Freiraum, um Verbraucherinnen und Verbraucher hinters Licht zu führen", sagt Valet. Er ist der Meinung, dass reduzierte Füllmengen nur unter konkreten rechtlichen Vorgaben erlaubt sein sollten.
"Die Politik hat Verbraucherinnen und Verbraucher lange genug im Stich gelassen"
Auch brauche es mehr Regeln, wenn es um "Luft" in der Packung geht. "Packungen müssen grundsätzlich voll befüllt sein. Die Politik hat Verbraucherinnen und Verbraucher lange genug im Stich gelassen", so Valet in seiner Mitteilung.
Bis zum 22. Januar um 18 Uhr läuft die Abstimmung zur Mogelpackung:
umfrage.vzhh.de
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