Ganzes Bergdorf wird evakuiert: "Das ist unglaublich zermürbend"

Bis Sonntag sollen die knapp 100 Bewohner Brienz in der Schweiz verlassen. Warum der Ort erneut evakuiert werden muss, was die Bewohner aus ihren Häusern mitnehmen sollen und wie lange sie möglicherweise ausharren müssen.
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Ein Blick auf Brienz im Kanton Graubünden. Am 15. Juni 2023 hat ein Erdrutsch das Dorf beinahe erreicht. Zu diesem Zeitpunkt ist es schon evakuiert gewesen.
Ein Blick auf Brienz im Kanton Graubünden. Am 15. Juni 2023 hat ein Erdrutsch das Dorf beinahe erreicht. Zu diesem Zeitpunkt ist es schon evakuiert gewesen. © Gian Ehrenzeller/KEYSTONE/dpa

Brienz – Für die Menschen in Brienz ist das Dorf nicht irgendein Ort. Sondern Heimat. Sie seien zum Teil seit Generationen dort verwurzelt. So schildert es der Sprecher der Gemeinde, Christian Gartmann, am Mittwoch der AZ.

Nun müssen sie das Schweizer Bergdorf erneut verlassen. Und das bis spätestens Sonntagmittag. Denn erneut droht eine riesige Schuttlawine, den Ort zu verschütten. Es ist davon auszugehen, dass die Ortschaft mehrere Monate nicht betreten werden kann.

Felsschutt könnte mit 80 Kilometer pro Stunde herunter donnern

Auf einem Hang oberhalb des Dorfes im Kanton Graubünden – dort leben etwa 90 Menschen – sind in den vergangenen Wochen Schuttmassen verstärkt in Bewegung geraten. Laut Geologen kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich bis zu 1,2 Millionen Kubikmeter Felsschutt plötzlich auf mehr als 80 Kilometer pro Stunde beschleunigen und auf das Dorf zudonnern. Das könnte den Ort total zerstören, so Gartmann.

Ihm ist aber auch wichtig zu sagen: "Die Wahrscheinlichkeit ist sehr klein, aber wir können es nicht ausschließen." Die Sicherheit der Menschen geht für die Behörden vor, die Bewohner kämen zumeist in der näheren Umgebung unter. Die Gemeinde helfe auch beim Vermitteln.

"Nehmt alles mit, was man mit Geld nicht ersetzen kann"

Wie geht es den Menschen mit der Situation? Gartmann schildert: "Sie werden aus ihrem Dorf geholt und können nichts anderes tun, als den Berg hochschauen und warten, ob etwas passiert. Das ist unglaublich zermürbend."

Man habe ihnen gesagt, "sie sollen alles mitnehmen, was sie in den nächsten Monaten für ihr normales Leben brauchen". Von Kleidung bis Spielzeug. Und eine weitere Botschaft: "Nehmt alles mit, was man mit Geld nicht ersetzen kann." Er meint damit Familienfotos, Versicherungsakten und mehr.

Dunkle Erinnerung an das vergangene Jahr

Der Sprecher sagt weiter: "Die Menschen leiden stark unter dieser Evakuierung, noch mehr als vor einem Jahr." Brienz war bereits im Mai 2023 in Erwartung eines Rutsches vorsichtshalber geräumt worden.

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Im Juni 2023 rauschte dann tatsächlich ein gewaltiger Schuttstrom den Berg hinab und verfehlte das alte Schulhaus nur um wenige Meter. Die Erdmassen verschütteten Wiesen und eine Straße teils meterhoch. Brienz liegt in der Nähe von Davos auf rund 1150 Metern Höhe.

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