Ernährungsreport 2020: Faire Produktion und mehr Tierwohl

München - Die Lust auf Fleisch ist vielen erst mal vergangen: Als sich bei Deutschlands größtem Fleischproduzenten Tönnies (weltweiter Jahresumsatz: 6,65 Milliarden Euro) im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück massenweise Arbeiter mit dem Coronavirus infizierten, wurde offenbar, wie es in einer hochmodernen deutschen Schlachtfabrik so zugeht: Osteuropäische Werkarbeiter töten, zerlegen und verpacken für Hungerlöhne tonnenweise Schweine und Rinder am Fließband und wohnen in erbärmlichen Massenunterkünften.
Auch wenn schon ein paar Wochen vergangen sind, die Empörung ist immer noch groß. Vieles soll nun anders werden: Werkverträge für größere Betriebe sollen verboten, Mindeststandards für Gemeinschaftsunterkünfte eingeführt und mehr kontrolliert werden.
Manche Politiker fordern kleinere Schlachthöfe, Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) will ein Preiswerbeverbot für (Billig-)Fleisch. "Es ist fatal, dass Lebensmittel, gewonnen von einst lebenden Tieren, als Ramschware über die Theke gehen", schrieb sie an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die das Gesetz nun auf den Weg bringen soll.
Fleischkonsum geht in Deutschland leicht zurück
Doch auch ohne Tönnies-Skandal – das Kauf- und Essverhalten der Deutschen hat sich verändert. Schon seit einigen Jahren geht der Fleischkonsum leicht zurück. Bei einer Befragung für den Report "So isst Deutschland" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gaben vor fünf Jahren noch 34 Prozent an, täglich Fleisch und Wurst zu essen. 2020 lag der Anteil nur noch bei 26 Prozent.
Auch für Männer muss es nicht mehr täglich Fleisch und Wurst sein Auch immer mehr Männer verzichten inzwischen auf ihre tägliche Portion Fleisch. Der Anteil der Jeden-Tag-Fleischesser sank von 39 Prozent 2019 auf 32 Prozent.
Und: Der Trend zu Bio-Produkten geht weiter. Die Zahl der Verbraucher, die Wert auf fairere Produktionsmethoden und mehr Tierwohl legen, wächst. Viele, vor allem etwas ältere Käufer sind bereit, für mehr Tierwohl auch mehr zu bezahlen. Deutschland ist laut Umweltbundesamt der größte Absatzmarkt und Produzent für Bio-Produkte. Gemüse, Obst und Fleisch mit EU-Bio-Siegel ist seit Jahren fester Bestandteil auch in den Supermärkten.
Das EU-Bio-Siegel erhält nur, wer die Kriterien erfüllt. Die Erzeugnisse werden kontrolliert und zertifiziert. Mittlerweile achten 51 Prozent der Verbraucher beim Einkauf auf ein Siegel – vor allem Frauen, so heißt es im Report.
Lesen Sie hier: Ernährungspsychologe Christoph Klotter über Fleisch und Esskultur