Ein Jahr leben wie auf dem Mars - Experiment beendet
Honolulu - Am Ende sind es die kleinen Dinge, auf die sich Wissenschaftlerin Christiane Heinicke nach einem Jahr „Mars-Misson“ so richtig freut: frische Tomaten – und ein Bad im Meer. 365 Tage lang hat die 30-Jährige Geophysikerin aus Sachsen-Anhalt mit einem kleinen Team von der Außenwelt abgeschnitten in einer winzigen Forschungsstation auf Hawaii gelebt (AZ berichtete).
Raus in die karge Lavalandschaft auf 2500 Metern Höhe durften alle Forscher nur im Raumanzug. An diesem Wochenende ging das ungewöhnliche Experiment zu Ende. Es sollte zeigen, ob eine Crew so lange Zeit unter widrigen Bedingungen auf engstem Raum zusammenleben kann.
Christiane Heinickes Liste für ihr Leben in „Freiheit“ ist lang: „Freunde und Familie wiedersehen, bei offenem Fenster schlafen, Fahrrad fahren, T-Shirts tragen, faul in der Sonne liegen, meine Haare wieder knall-lila färben“, schreibt sie auf ihrem Blog. „Klingt alles banal? Genau das sind aber die Dinge, denen ich gerade mit Freudentränen in den Augen entgegen sehe“, schreibt sie dort. Drei Männer und drei Frauen ein Jahr im Container: Was auf den ersten Blick nach einem verschärften Big Brother-Experiment klingt, birgt für die Raumfahrt-Forschung unschätzbares Wissen. Denn falls sich wirklich Menschen zum Mars aufmachten, könnte allein schon die Reise zum Roten Planeten bis zu einem Jahr dauern.
Der Kuppelbau hat einen Durchmesser von nur elf Metern
Eine weitere Hürde wäre das Zusammenleben des Teams auf dem Nachbarplaneten, der durchschnittlich 228 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist. Es müsste in einer unwirtlichen Kraterlandschaft ohne Sauerstoff-Atmosphäre so lange ausharren, bis die Planetenkonstellation günstig für einen Rückflug ist. Das kann mehr als ein Jahr dauern.
Der kleine weiße Kuppelbau, in dem die Forscher auf Hawaii leben, hat gerade mal einen Durchmesser von elf Metern. Überall hängen Kameras, alle Bewohner tragen Sensoren, als Rückzugsort gibt es nur winzige Kabinen. Mahlzeiten bereitet sich das Team mit Solarenergie zu, unter anderem aus gefriergetrockneten Lebensmitteln.
Duschen darf jeder acht Minuten – pro Woche. Ausflüge nach draußen müssen lange vorher geplant werden. Und durch die Raumanzüge lassen sich Sonnen und Wind nicht spüren. Alle „Astronauten“wurden käsebleich.
„Ich freue mich jetzt riesig auf frisches Obst und Gemüse“
Einfach war das alles nicht. Christiane Heinicke erinnert sich, wie die kleine Gruppe schon nach wenigen Monaten die immer gleichen Streitgespräche führte – wie in einer WG. Nur, dass es dabei um Außeneinsätze und Gefahren ging.
Zu lernen gab es auch weniger Aufregendes: Dass die eigene Tomatenzucht kein durchschlagender Erfolg war, zum Beispiel. „Unsere selbst angebauten Stauden haben im ganzen Jahr vielleicht 20 kleine Tomaten abgegeben“, berichtet Heinicke. „Ich Freude mich jetzt riesig auf frisches Obst und Gemüse.“ Geübt haben sich die Wissenschaftler auch in eingeschränkter Kommunikation mit der Außenwelt: Mehr als E-Mails gab es nicht.
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Ein Jahr soll die Auswertung aller Daten der Simulation nun dauern. Könnte die Gruppe zum Mars fliegen? „Uneingeschränkt ja“, so Projektleiter Bryan Caldwell von der University of Hawaii in Manoa. Nach all ihren Erfahrungen hat sich Heinicke nun als Astronautin bei einer privaten Initiative beworben, die die erste deutsche Frau auf die Internationale Raumstation bringen will. Auch zum Mars würde sie reisen. Aber nur unter drei Bedingungen: „Wenn die Technik ausgereift ist, die richtigen Menschen dabei sind und es einen Rückflug zur Erde gibt.“
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