Die Freimaurer: Eine verschwiegene Gesellschaft

Als sich Mitglieder von vier lokalen Logen am 24. Juni 1717 in der Londoner Taverne "Goose and Gridiron" trafen, war ihnen vermutlich nicht bewusst, dass dies der Gründungstag der Freimaurerei werden sollte. Die Bewegung ist weltumspannend und hat Wolfgang Amadeus Mozart, Friedrich den Großen und Theodor Roosevelt gleichermaßen fasziniert.
"To make a good man better" – ist ein zentraler Kern der Freimaurerei, die heute in Deutschland etwa 15.000 Mitglieder in knapp 500 Logen zählt.
Der 24. Juni ist aber nicht nur wegen des legendären Treffens der Jubiläumstag. Der 24. Juni ist Johannistag und Geburtstag des Heiligen Johannes dem Täufer, der seit Urzeiten Schutzpatron der Steinmetzgilden ist, aus denen die Logen hervorgingen.
Vieles bei den Freimaurern erinnert an religiöse Begriffe und Riten. Das Versammlungshaus heißt Tempel, die Brüder sind zur Tempelarbeit angehalten. Es gibt Rituale, den "Allmächtigen Baumeister aller Welten" und den Glauben an ein übergeordnetes Wesen.
Hannover gilt als Hochburg
"Bei einem freimaurerischen Ritual muss immer ein Heiliges Buch aufgeschlagen sein. Ob das die Bibel, die Tora oder der Koran ist, das ist zweitrangig. Es gibt Logen, da sind alle drei aufgeschlagen", erklärt Christoph Bosbach. Seit über einem Vierteljahrhundert ist er Freimaurer und seit November 2015 Großmeister der Vereinigten Großlogen von Deutschland (VGLvD). Es gibt fünf Großlogen, unter denen sich die einzelnen Logen einreihen, und Hannover gilt als eine Hochburg. Dort feiern die zwölf örtlichen Logen am heutigen Samstag in einem Festakt das Jubiläum. Die zentrale VGLvD-Feier ist am 1. September auch in Hannover.
In den Ritualen in den Tempeln entstehen Dialoge zwischen dem Meister vom Stuhl und anderen Freimaurern. Es geht um philosophische und ethische Themen. "Eine Art schauspielerische Darstellung dessen, was wir als freimaurerische Lehre, als Königliche Kunst betrachten", so Bosbach. Erörtert werden die Bedeutung der jahrhundertealten wiederkehrenden Symbole aus der Maurerei wie Winkel, Zirkel, Lot oder Wasserwaage. Die Dialogsituation inspirierte Mozart bei der "Zauberflöte", die seit jeher als die "Freimaurer-Oper" gilt.
So wichtig den Freimaurern Verschwiegenheit und Geheimhaltung sind, sie müssen und wollen sich öffnen, denn auch ihnen bereitet der Nachwuchs Kopfzerbrechen.
Zum Ende der Weimarer Republik zählten die Logen noch etwa 82.000 Mitglieder in Deutschland, wie Matthias Pöhlmann sagt, der Weltanschauungsbeauftragter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist und sich zudem als Buchautor mit den Freimaurern befasste.
In der Nazi-Zeit und der DDR war die Freimaurerei untersagt
1935 kam das Verbot durch die Nazis. Auch in der DDR war die Freimaurerei untersagt.
Ein Blick weiter zurück in die Historie zeigt, dass die Freimaurer eine wichtige gesellschaftspolitische Rolle spielten. Im 18. Jahrhundert waren die Klüfte zwischen den einzelnen Ständen und Konfessionen groß. "Man konnte im 18. Jahrhundert kaum Katholiken und Protestanten gesellschaftlich zusammenbringen. Es gab immer noch extrem hohe Konfessionsschranken", sagt Barbara Stollberg-Rilinger, Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
"Die Freimauer waren in dieser Zeit ein ganz wichtiges Medium, um in einer freieren Geselligkeitsform solche und andere Schranken zu überwinden. Das Ziel war für die Zeit typisch: die Vervollkommnung des Menschengeschlechts."
Als verschwiegene Sozietät waren und sind die Logen immer auch geheimnisumwittert. Ritualtexte, Kennwörter oder Erkennungsgriffe sollen nicht nach außen getragen und Brüder nicht "geoutet" werden. "Die Rituale sind auch ein Mittel, um das alles spannend und attraktiv zu machen", sagt Barbara Stollberg-Rilinger.
Für die Katholische Kirche ist die Freimaurerei unvereinbar mit ihrer Glaubenslehre. Ein zu undifferenziertes Gottesbild, sakramentsähnliche Handlungen und einige Rituale, die wie eine Persiflage auf die Heilige Messe wirken könnten – all das spricht aus Sicht Roms gegen die Freimaurerei.
Deswegen machte die Glaubenskongregation 1983 nochmals unmissverständlich klar: "Die Gläubigen, die freimaurerischen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand schwerer Sünde und können nicht die Heilige Kommunion empfangen."
Das gilt bis heute.
Moderne Verschwörungstheorien: Nichts ist, wie es scheint – oder doch?
Die Freimaurer müssen immer wieder für Verschwörungstheorien herhalten. Was manche Menschen außerdem glauben:
- Mondlandung: Sie ist von der NASA und der US-amerikanischen Regierung nur vorgetäuscht worden.
- Chemtrails: Kondensstreifen enthalten angeblich Chemikalien, die sich auf die Bevölkerung auswirken.
- Elvis Presley: Der Tod des "King of Rock’n’Roll" 1977 war nur eine Inszenierung, weil der Star den Ansturm der Fans nicht mehr ertragen konnte.
- Tod von Lady Di: Der Unfall, der 1997 zum Tod Dianas führte, sei durch den Secret Intelligence Service (MI6) herbeigeführt worden.
- 9/11: Die Anschläge am 11. September 2001 sollen US-Geheimdiensten entweder wissentlich zugelassen oder selbst ausgeführt haben.
Razzia bei Reichsbürgern - Waffentraining im Waldbiwak
Die selbsternannten "Reichsbürger" hängen ebenfalls einer kruden Theorie an: Sie sprechen der Bundesrepublik und dem Grundgesetz die Legitimation ab.
In Thüringen und Niedersachsen sind Spezialeinheiten der Polizei am Freitag gegen die international agierende "Reichsbürger"-Gruppe "Europäische Aktion" vorgegangen, die ihre Mitglieder in Waldbiwaks im Umgang mit Waffen geschult hat. Ihr Ziel: Die Rechtsextremen wollten gegen die Staats- und Gesellschaftsordnung Deutschlands sowie anderer Staaten vorgehen.
Bei mehreren Hausdurchsuchungen wurden Waffen, Munition, Drogen, Propagandamaterial, Handys und Computer sichergestellt. Gegen 13 Frauen und Männer ermittelt das Landeskriminalamt (LKA) in Erfurt wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung.
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