Chantal-Prozess kurz vor dem Ende
Der Prozess um den Methadon-Tod der elfjährigen Chantal geht möglicherweise schon heute zu Ende. Nachdem Staatsanwaltschaft und Verteidigung bereits ihre Plädoyers gehalten haben, will das Hamburger Landgericht noch über zwei Beweisanträge entscheiden. Sollte das Gericht sie ablehnen, könnte das Urteil gesprochen werden.
Hamburg - Chantal war vor drei Jahren an den Folgen einer Methadon-Vergiftung gestorben. Das Mädchen soll in der Wohnung seiner drogenabhängigen Pflegeeltern in Hamburg Zugang zu der Heroin-Ersatzdroge bekommen haben.
Für den 54 Jahre alten Pflegevater hat die Staatsanwaltschaft eine zweieinhalbjährige Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung und Vernachlässigung der Fürsorgepflicht gefordert. Die 50-jährige Pflegemutter soll nach dem Willen der Anklage zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt werden. Die Verteidiger forderten für die Pflegeeltern Freispruch.
Der Pflegevater hatte die im Sterben liegende Chantal sich selbst überlassen und war am Morgen zur Arbeit gegangen - ohne den Notarzt oder seine Lebensgefährtin zu verständigen. Er habe nicht erkannt, dass Chantal bereits bewusstlos gewesen sei, sagte er. Die Pflegemutter hatte den vorherigen Tag sowie die Nacht außer Haus verbracht. Am Nachmittag des 16. Januar 2012 fand sie das Mädchen bewusstlos im Bett. Chantal starb kurz darauf.
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Der Anwalt des Pflegevaters, Udo Jacob, will mit zwei Anträgen erreichen, dass schriftlich protokollierte Aussagen der Enkelin der Pflegeeltern, der elfjährigen Ashley, in den Prozess eingeführt werden. Ashley soll bei der Polizei und am Familiengericht Hamburg-Harburg berichtet haben, dass Chantal anderthalb Tage vor ihrem Tod ein Fläschchen mit einer bitteren Flüssigkeit von ihrem leiblichen Vater mitgebracht habe, sagte Jacob. Nach einem winzigen Schluck sei ihr bereits übel geworden.
Die Aussage könnte die Anklage in einem anderen Licht erscheinen lassen, wonach Chantal eine Methadon-Tablette in der Wohnung ihrer Pflegeeltern gefunden habe. Dafür gebe es keinerlei Beweis, betonte der Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft hatte vergeblich die Vernehmung des leiblichen Vaters von Chantal angeregt. Das Urteil hatte ursprünglich schon Ende Januar verkündet werden sollen.
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