48-Jähriger gesteht IRA-Anschlag auf britische Kaserne in Osnabrück

IRA-Attentate trafen auch Teile Deutschlands. Der letzte Angriff auf eine britische Kaserne aus dem Jahr 1996 wird jetzt in Osnabrück verhandelt. Der Angeklagte wurde erst vergangenes Jahr festgenommen - aus Sicht des Gerichts ein Versäumnis der deutschen Justiz.
Elmar Stephan, dpa |
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Mehr als 21 Jahre nach einem Terroranschlag in Osnabrück steht ein mutmaßlicher Täter vor Gericht
Friso Gentsch/dpa Mehr als 21 Jahre nach einem Terroranschlag in Osnabrück steht ein mutmaßlicher Täter vor Gericht

Osnabrück - Mehr als 20 Jahre nach dem letzten Anschlag der irischen Untergrundorganisation IRA in Deutschland hat ein 48-jähriger Ire die Tat gestanden. Zum Prozess-Auftakt am Mittwoch vor dem Landgericht Osnabrück ließ er über seinen Anwalt erklären, das Attentat auf die damalige britische Kaserne "Quebec-Barracks" in Osnabrück am 28. Juni 1996 zu verantworten. Verletzt wurde bei dem Anschlag mit drei Mörsergranaten niemand. Es entstand Sachschaden an Gebäuden und Autos, auch bei den deutschen Anwohnern der Kaserne. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf versuchten Mord.

Der Angeklagte räumte die Tatvorwürfe über seinen Anwalt ein, distanzierte sich aber von der damaligen Gewalt- und Terrorphilosophie der Irisch Republikanischen Armee. Mittäter nannte er nicht. An dem Anschlag sollen vier weitere Personen beteiligt gewesen sein. Im Jahr 2003 wurde einer der Täter wegen versuchten Mordes vom Oberlandesgericht Celle verurteilt.

Die IRA hat in Nordirland jahrzehntelang stellvertretend für die pro-irischen Katholiken gegen protestantische, pro-britische Loyalisten gekämpft. Im Kern ging es ihr darum, den zu Großbritannien gehörenden Nordteil Irlands wieder mit der Republik im Süden zu vereinigen. Zwischen 1969 und 2001 starben mehr als 3.600 Menschen. Auch in Deutschland gab es IRA-Anschläge, vor allem gegen die britische Rheinarmee, darunter 1989 bereits einmal auf die damalige Kaserne in Osnabrück. Bei den Attentaten in der Bundesrepublik starben insgesamt sechs Menschen, zahlreiche wurden verletzt.

Frieden seit 1998

Im Jahr 1998 wurde mit dem "Karfreitagsabkommen" zwischen der Regierung der Republik Irland, der Regierung Großbritanniens und Führern nordirischer Parteien in Belfast offiziell Frieden geschlossen. Die IRA und die pro-britischen Loyalisten legten in der Folge ihre Waffen nieder.

Gegen den Angeklagten lag seit gut zehn Jahren ein europäischer Haftbefehl vor, aber erst 2015 griffen die deutschen Strafverfolger - wohl auf Nachfrage aus Irland - den Fall wieder auf. Ende 2016 wurde der Angeklagte in Irlandfestgenommen und nach Deutschland gebracht.

Der Vorsitzende Richter Wolfgang Kirschbaum machte deutlich, er gehe deswegen von einer rechtsstaatswidrigen Verzögerung aus. Das könnte sich beim Strafmaß auswirken. Die Rede ist von einer Kompensation, einem Ausgleich für Versäumnisse der deutschen Strafverfolger. Eine um zehn bis zwölf Monate abgemilderte Strafe könnte die Folge sein.

Das Gericht stellte bei einem Geständnis eine Freiheitsstrafe zwischen vier und fünf Jahren in Aussicht. Je nachdem, wie hoch die Reststrafe nach Abzug der Kompensation ausfalle, sei auch eine Bewährungsstrafe möglich, sagte Anwalt Dirk Schoenian. Bis Mitte Dezember sind noch 14 Verhandlungstermine angesetzt.

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