Zwischen Garteln und Gedenken: Der große Friedhofsputz am Nordfriedhof
München - Tief hängender Nebel, Weihrauchduft oder einfach nur ein stiller Feiertag, an dem man nicht arbeiten muss. Allerheiligen hat für die Münchner unterschiedliche Bedeutungen. Traditionell gehen viele in den Tagen vor dem katholischen Feiertag auf den Friedhof, um die Gräber ihrer Angehörigen herzurichten.
An Allerheiligen wird der Heiligen und Toten gedacht, weshalb auch die Grabbepflanzung frisch sein soll. Die AZ hat sich am Nordfriedhof umgeschaut – bei ganz untypischem Allerheiligen-Wetter: Die Sonne strahlt.
Nordfriedhof München: An der Friedhofskultur festhalten
Über einen Kiesweg laufen Gertrud und Klaus Baldini. Die 76-Jährige besucht ihre Eltern und Schwiegereltern, die in gegenüberliegenden Grabstätten liegen. Für Frau Baldini hat Allerheiligen keine Bedeutung, sie denke ohnehin täglich an die Verstorbenen und kümmere sich selbst um die Grabpflege, erzählt sie. Also offenbar eher Zufall, dass sie die Gräber ihrer Angehörigen kurz vor Allerheiligen herrichtet.
Anders ist es für Friedhofsbesucher Simon Richter: „Ich halte an der Friedhofskultur fest und finde es schön, dass an Allerheiligen der Toten gedacht wird“, sagt er. Der 58-Jährige besucht das Grab seines besten Freundes. Heute ist dessen Todestag.
Auch ein Fuchs ist immer wieder auf dem Friedhof zugange
Ein paar Grabstätten entfernt ist eine Friedhofsgärtnerin damit beschäftigt, eine Besenheide vor einen Grabstein zu pflanzen. Sie hat Skurriles zu berichten: „Hier war einmal eine Ente in einem Grab begraben“, erzählt sie.
Die Ente sei aber nicht von Menschen begraben worden, sondern von einem Fuchs – der komme vom nahe gelegenen Englischen Garten hierher. Zu Allerheiligen wird er sich aber wohl kaum blicken lassen: Zu viel los, traditionell herrscht da Hochbetrieb auf den Friedhöfen.

Ein Kollege der Gärtnerin, Stefan Grüter, steht in Gummistiefeln vor einem anderen Grab und gießt weiße und lilafarbene Besenheide. Später wird er noch Schneerosen pflanzen; die weißen Blumen stehen schon bereit im Kofferraum seines Wagens.
„Es ist ein alter bayrischer Brauch, dass man zu Allerheiligen ans Grab geht und die Toten aufsucht“, sagt Grüter. Seit drei Jahren arbeitet der 38-Jährige bei der nahe gelegenen Friedhofsgärtnerei Alois Brandl, die hier viele Gräber pflegt.
Zwei Schwestern sind extra aus Frankfurt angereist
„So ist es Tradition“, sagt Grüters Kollege Jakob Brandl. Im Anschluss an das Gedenken an Allerheiligen gehe man gemeinsam essen und erinnere sich an die Verstorbenen. Der 41-Jährige trägt schwarze Handschuhe, für die AZ-Fotografin säubert er das Grab noch gründlich, es soll ja schön aussehen.
Was auf keinem Grab zu sehen sein sollte, sind Plastikblumen und LED-Leuchten, sagt Brandl. Denn die seien verboten. Beim Spaziergang über den 30,75 Hektar großen Friedhof sieht man sie trotzdem vereinzelt in Vasen. Kontrollieren lasse sich das nicht, sagt Brandl – genau so wenig könne man verhindern, dass der Fuchs herumwühlt.
Ohne Plastikblumen, aber mit Plastiktüten in den Händen, laufen zwei ältere Frauen in unmittelbarer Nähe vorbei. Die Geschwister besuchen jedes Jahr zu Allerheiligen ihre verstorbenen Großeltern. Dafür sind sie extra aus Frankfurt angereist. „Wir bringen hier die beiden Gräber in Ordnung und entfernen das Laub“, sagt eine der Schwestern.
Am Nordfriedhof ist kurz vor Allerheiligen alles bereitet – egal, wie das Wetter wird, nebelig oder wieder so schön sonnig wie an diesem Tag.
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