Zweite Stammstrecke: Mit so vielen Klagen rechnet die Justiz
München - Die Worte zweite Stammstrecke verbindet der Münchner meist mit Langsamkeit und Ärger.
Seit Jahren zieht sich das Projekt, das nach aktuellen Berechnungen der Bahn 3,1 Milliarden Euro kosten soll. Seit April gibt es für die gesamte Strecke zwischen Laim und Leuchtenbergring Baurecht. Doch ob bald die Bagger rollen, ist fraglich. Noch gibt es zahlreiche Klagen gegen das Bauvorhaben, hieß es am Mittwoch aus dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Die AZ fasst den Sachstand zusammen.
Westlicher Abschnitt (von Laim bis Stachus)
Ärger mit der geplanten Trasse gab und gibt es vor allem rund um den Hauptbahnhof. Anwohner und Geschäftsleute an der Schützenstraße klagten gegen Planfeststellungsbeschlüsse des Eisenbahnbundesamtes (EBA), weil sie Sorge hatten, durch die Bauarbeiten erheblich belästigt zu werden.
Unter den Klägern sind eine Apotheke, Anwohner, Immobilienbesitzer und drei Hotels – auch der Königshof am Stachus, der in den kommenden Jahren abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll. Die Eigentümer, die Familie Geisel, möchte vom Bauherren eine schriftliche Zusage, dass ihre eigenen Baumaßnahmen durch den Bau der Stammstrecke nicht beeinträchtigt werden. Über vier Klagen hat der VGH bereits entschieden. Weitgehend waren sie nicht erfolgreich, aber: Das EBA muss während der Bauphase den Brandschutz verbessern und dafür sorgen, dass die Erschütterungen geringer gehalten werden.
Mittlerer Abschnitt (Stachus bis zur Isar)
2014 hatte eine gütliche Einigung zwischen dem EBA und Anwohnern am Marienhof einen jahrelangen Rechtsstreit beendet. Die Bahn hat die Pläne zwischenzeitlich jedoch wieder leicht abgeändert. Dagegen gibt es sechs neue Klagen. Verhandelt werden sie im Spätherbst oder Winter. VGH-Präsident Stephan Kersten hofft, dass sich die Parteien schnell einigen können.
Östlicher Abschnitt (Isar bis Ostbahnhof)
In diesem Abschnitt gibt es den Planfeststellungsbeschluss erst seit dem Frühjahr. Bis Juli konnte Klage eingereicht werden. Sechs sind es geworden. Ursprünglich hatte auch der Gasteig gegen mögliche Einschränkungen wegen der Baustelle klagen wollen. OB Dieter Reiter (SPD) hatte das Kulturzentrum jedoch zurück gepfiffen.
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Die jetzt anhängigen Klagen richten sich laut VGH ebenfalls vor allem gegen Staub und Lärm. Geschäftsleute sorgen sich darum, dass ihnen wegen den Arbeiten die Kunden wegbleiben. Darüber hinaus gibt es auch Kläger, denen die zweite Stammstrecke per se gegen den Strich geht. Eine Bürgerinitiative aus Haidhausen kämpft seit mehr als zehn Jahren gegen das Vorhaben. Ihre Vertreter gehen davon aus, dass der nun geplante Streckenverlauf nicht der beste ist. Sie favorisieren den Südring. Verhandelt wird erst im kommenden Jahr.
Ob die Verfahren das gesamte Bauprojekt gefährden können? "Ich bin kein Hellseher", sagt VGH-Präsident Kersten, "aber bislang war es nicht so."
Erste Vorarbeiten
Am Hauptbahnhof soll im Herbst mit ersten Vorarbeiten begonnen werden. Dagegen gibt es bislang noch keine Eilverfahren – das könnte aber noch kommen.
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