Zurück zum Schuldenrekord: Rathaus-Opposition hat Sparvorschläge
München - Für den Vorgang, sich Geld zu leihen, gibt es im Verwaltungsdeutschen ein Synonym: mit Fremdkapital arbeiten. Kämmerer Christoph Frey (SPD) sind die zwei Worte "Schulden machen" lieber - weil die nichts verschleiern, sagt er. Und Schulden macht München in den nächsten Jahren in einem immer größeren Ausmaß.
So viele Schulden hat die Stadt München
Für die Investitionen im nächsten Jahr nimmt München 1,3 Milliarden Schulden auf. Der Schuldenstand der Stadt wächst dann laut dem Kämmerer auf 3,63 Milliarden Euro. So hoch war er zuletzt 2005. Damals war das ein Rekord. "Das ist alles Geld, das wir nicht haben, und das wir zurückzahlen müssen", mahnte Frey, als der Stadtrat über den Haushalt 2023 abstimmte.
Reiter: Wo sollen wir sparen?
Für Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) war deshalb schon vor der Debatte klar, was die Opposition sagen würde: "Wir müssen sparen, sparen, sparen." Nur wo? Das wollte Reiter von der Opposition wissen. Die Schwerpunkte bis 2026 bilden schließlich Schulen- und Kinderbetreuungseinrichtungen (3,97 Milliarden), ÖPNV (1,24 Milliarden), der Wohnungsbau (1,65 Milliarden) und der Erwerb von Grundstücken und Gebäuden (eine Milliarde). Würde hier der Rotstift angesetzt, würde die Opposition aufschreien, gab sich Reiter sicher.
Pretzl: Sparen bei gendergerechter IT-Umstellung
Doch die Opposition fand gleich ein paar Punkte, wo die Stadt aus ihrer Sicht Geld verschwendet. CSU-Chef Manuel Pretzl störte sich zum Beispiel an den vier Millionen Euro, die es kostet, die IT der Stadt gendergerecht zu gestalten - was keine Erfindung der grünen IT-Referentin, sondern eine Vorgabe eines Gerichtes ist.
Linke: Sparen bei Radl-Parkgarage und Kini-Ruine an Corneliusbrücke
Auch Linken-Stadträtin Brigitte Wolf fielen Punkte auf: die Radl-Parkgarage am Hauptbahnhof für über 17 Millionen Euro, die Vorplanungen für ein Flussbad an der Isar für 470.000 Euro. Auch die 450.000 Euro, die die Stadt für eine "romantische Ruine" an der Corneliusbrücke einplant, wo einmal die Büste von König Ludwig II. einziehen soll, sind Wolf zu viel. Außerdem ist sie sicher, dass sich die Stadt nicht alle U-Bahnprojekte leisten kann.

FDP: Stadtwerke sollen in der Region investieren
Auch FDP-Chef Jörg Hoffmann hatte Sparvorschläge: Die Stadtwerke sollten die Windparks in Norwegen verkaufen und stattdessen in der Region investieren. Außerdem hält er es für falsch, dass der Freistaat ein Konzerthaus am Ostbahnhof plant und die Stadt den Gasteig saniert. "Braucht München zwei Konzertsäle ein paar Kilometer voneinander entfernt?", fragte der FDPler. Lieber sollte der Freistaat beim Gasteig unterstützen. Und Richard Progl von der Bayernpartei warnte, dass der Verwaltungsapparat der Stadt viel zu viel Geld verschlingen werde.
Angespannte Personal-Situation im Rathaus
Tatsächlich soll das Münchner Rathaus wachsen. Im Laufe dieses Jahres hat der Stadtrat 800 neue Stellen geschaffen. Im Zuge der Haushaltsdebatte wurden weitere 471 neue Stellen bewilligt. Allerdings sind über 4.000 Stellen nicht besetzt, schilderte Personalreferent Andreas Mickisch (SPD). Der größte Teil fehle im Schul- und Erziehungsdienst. Außerdem verabschieden sich 7.500 Beschäftigte in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand.
Wo die Stadt kann, übernimmt sie Personal. Zum Beispiel stellte sie über 480 Personen befristet für die Kontaktnachverfolgung ein. Nur 35 Leute werden dafür noch gebraucht. 249 unterzeichneten laut Mickisch einen neuen Vertrag bei der Stadt in einem anderen Bereich. "Wir können als Verwaltung nicht bleiben, wie wir sind", betonte Grünen-Stadtrat Florian Roth. Bürokratie und Doppelstrukturen müssen abgeschafft werden, forderte er.
CSU: Zerstrittene Koalition aus SPD und Grünen
Doch ein großes Hemmnis, die Stadt zukunftssicher zu machen, ist für CSU-Chef Pretzl der Zustand der grün-roten Koalition. Sie sei zerstritten "wie keine nach dem Zweiten Weltkrieg". Als die CSU mit der SPD regierte, wurde laut Pretzl nicht mal "hinter verschlossenen Türen so gestritten wie jetzt in der Öffentlichkeit".
Allenfalls bei "Haltungsnoten" gebe es Luft nach oben, widersprach Grünen-Stadtrat Roth. "Das, was hinten raus kommt, stimmt."
Um zu beweisen, dass die Bürger das mitbekommen, zitierte er eine Studie. Demnach sind sogar 79 Prozent der CSU-Wähler zufrieden mit der Regierung im Rathaus.