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Zukunft der Arbeit: AZ-Besuch bei der "Macherei" in München-Laim

In einer neuen Serie beleuchtet die AZ alles rund um das neue Arbeiten. Wo werden wir das tun – zu Hause, im Büro oder mobil? Die AZ hat sich in einem Coworking Space in München umgeschaut.
Martina Scheffler
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Die Design Offices in der "Macherei": mit Kissenecke und Glückskleeblatt.
Die Design Offices in der "Macherei": mit Kissenecke und Glückskleeblatt. © Foto: Daniel von Loeper

München - Der erste Eindruck, wenn man reinkommt: grün. Viele Pflanzen. Kuschelkissen. Und dann die Frage: Ist das ein Hotel? Ein Restaurant? Eine Bar? Es ist ein bisschen von jedem, und vor allem soll man hier in der "Macherei" in Berg am Laim eins: arbeiten. Und zwar so, wie man das immer häufiger macht, nämlich nicht im Großraumbüro mit den lieben Kollegen oder im Einzelkabuff im Behördenhochhaus, sondern in dem, was der Anbieter Design Offices "flexible Team Spaces" nennt.

Das 2008 gegründete Unternehmen mit Sitz in Nürnberg verfügt über 50 Standorte in 15 deutschen Städten, die größten sind München (elf) und Berlin (acht). An ihnen wird allen, die für einen Tag, einen Monat, einen besonderen Anlass einen Büroarbeitsplatz benötigen, eine Lösung angeboten. "Heimelig" soll die sein, sagt Kommunikationschefin Bettina Müller beim Besuch der AZ, und "hochfunktional". 

Coworking Space in München: "Teeküche und langer Gang sind nicht mehr zeitgemäß"

Die Lounge, also der grün gestaltete Eingangsbereich, ist als "Gemeinschaftsbereich mit Wohlfühlcharakter" gedacht, "hochwertig, aber chillig". Fast wie im 60er-Jahre-Raumfahrt-Film sehen die kleinen Kapseln aus, in die man sich zurückziehen kann, vielleicht für ein erstes Gespräch oder zum Ankommen. Das Prinzip ist Mobilität: 18 Kilometer mobile weiße Wände etwa seien vorhanden, erzählt Müller. Damit lassen sich Räume individuell immer neu gestalten.

Für Gruppen, für Einzelpersonen, für lang oder kurz, mit Konferenzraum, eigener Küche und Bad, für Meetings oder Events – für Letztere gibt es einen Catering- und Außenbereiche, etwa eine Dachterrasse mit Blick über die Stadt. "Der Ort, wo wir so viel Zeit verbringen, muss anders aufladen, als er es bisher getan hat", sagt Müller. "Teeküche und langer Gang sind nicht mehr zeitgemäß."

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"Macherei" in Berg am Laim: Den Coworking Day Pass gibt es für 39 Euro

Zu den Kunden der Design Offices gehören zwar eher jüngere Menschen, berichtet die Kommunikationschefin: "Die tun sich leichter mit dem Konzept." Doch es kämen mittlerweile auch viele im fortgeschrittenen Alter. Für alle Branchen sei das Konzept aber nicht geeignet. Im Bereich IT etwa benötige man einen festen Arbeitsplatz.

Die Preise für das flexible Büro variieren stark. So bekommt man einen sogenannten Coworking Day Pass in der "Macherei" für eine Person zum Preis von 39 Euro. Möchte man ein wichtiges geschäftliches Gespräch führen und wünscht sich dazu Kaminzimmer-Atmosphäre, ist vielleicht der Fireside Room das richtige – dafür sind 552 Euro fällig.

Unternehmen aus München wollen in der "Macherei" frischen Wind anbieten

Serkan Tuncaloglu (34) hat seit Januar 2022 hier seine Steuerkanzlei und seit kurzem auch ein Startup im Bereich Hotellerie und Gastronomie. Sein Unternehmen ist noch in der Wachstumsphase, erzählt er der AZ. Auch er hat Probleme, Nachwuchskräfte zu finden. "Die Büroräume müssen flexibel sein", das ist ihm daher wichtig. Ebenso wie die Tatsache, dass er in der "Macherei" "als Steuerkanzlei frischen Wind anbieten" kann.

Auch, wenn man auf Zeit ins Ausland gehen wolle, sei das flexible Büro eine gute Lösung: "Wenn man klassische Räume hat, muss jemand die Post öffnen." Doch nicht alle Arbeitnehmer bevorzugen einen schicken Tagesarbeitsplatz. Manche sehen auch Risiken beim hybriden Arbeiten, also der Mischung aus klassischem Büro und der Arbeit von zu Hause oder anderswo.

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75 Prozent wollen auch nach Corona mindestens zeitweise im Homeoffice arbeiten

Untersuchungen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zufolge fürchten viele, dass die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben verschwimmen. Wer zu Hause nicht die Möglichkeit habe, einen adäquaten Arbeitsplatz zu schaffen, sei benachteiligt, die sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten könnten sich so verschärfen. Um den Kontakt zueinander zu halten, auch wenn man an unterschiedlichen Standorten sitzt, empfehlen die Experten etwa das Einschalten einer Kamera bei Videokonferenzen oder regelmäßige Präsenztermine.

Drei Viertel der Beschäftigten allerdings, die das Arbeiten zu Hause in Corona-Zeiten kennengelernt haben, wollen, wie die Hans Böckler Stiftung berichtet, weiter wenigstens teilweise im Homeoffice tätig sein. Die Produktivität hänge aber unter anderem von der Wohnsituation ab. Coworking Spaces, mobile Büros an einem festen Standort, sind unter Umständen sogar förderungswürdig, stellte 2022 eine Studie des Bonner Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums fest.

"Wird nicht auf Dauer funktionieren": Coworking als Alternative zum Homeoffice

Sie hätten ein großes Potenzial, weil "an diesem Arbeitsort bevorzugt Personen zusammenkommen, deren Denken stark auf Fortschritt, ergebnisorientierte Projektentwicklung und unternehmerische Ziele ausgerichtet ist". Der Bundesverband Coworking Spaces Deutschland ist sich sicher: "Coworking wird durch die Abkehr von klassischen Büroflächen auch deswegen gefragter werden, weil das Homeoffice – das bei den meisten Unternehmen aktuell die Alternative zum Firmenbüro ist – nicht auf Dauer als einzige Lösung funktionieren wird."

Grundsätzlich erfordere "eine produktive, sozial befriedigende und innovationsförderliche Arbeitsumgebung" eine intensive Beteiligung der Mitarbeiter, ergab eine Studie des Fraunhofer IAO und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung. Denn die einen wollen die 60er-Jahre-Raumkapsel – die anderen den heimischen Küchentisch.

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19 Kommentare
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  • am 10.09.2023 15:25 Uhr / Bewertung:

    Und überhaupt: weshalb sollten Büro oder „Home Office“ denn „nicht funktionieren“? Der ganze (Werbe-)Beitrag beginnt ja schon mit einer Fake News These.

  • AllesBesser am 11.09.2023 11:00 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von

    Als Teamleiter kann ich sagen, dass ein Team ausschließlich im virtuellen Raum sehr, sehr schwer zu führen ist. Man bekommt ohne die zwischenmenschliche Interaktion kein Gemeinschaftsgefühl hin, und viele Besprechungen sind in Präsenz deutlich kürzer und effizienter, weil man einfach schneller ist. Man liest eben doch viel aus der Körpersprache, Gestik und Gesichtsausdruck einer Person und kann darauf reagieren. Das ist in einem Onlinemeeting deutlich schwieriger.
    Eine Mischung aus 2 Tage Büro und 3 Tage Online finde ich optimal. Wenn ich kein eigenes Büro habe, ist ein Coworkingspace wahrscheinlich die beste Alternative.
    Leider empfinde ich die meisten Coworking Einrichtungen als sehr steril und ganz schön teuer. Bei manchen Preisgestaltungen lohnt es sich fast schon einfach irgendwo einen Büroraum anzumieten.

  • Gelegenheitsleserin am 11.09.2023 14:10 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von AllesBesser

    Meine Erfahrung: Es funktioniert sehr gut, wenn viele Mitarbeiter*innen oft im Home Office arbeiten und nur gelegentlich im Büro. Bei uns sind Besprechungen jetzt seltener und kürzer, effizienter als früher.
    Informationen werden jetzt grundsätzlich per Email verbreitet - und so passiert es jetzt seltener, dass man jemanden "vergisst", was früher, als man einander im Büro "Bescheid gesagt" hat, schon mal vorkam.
    Ein Problem ist allerdings die Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen oder das Anleiten von Auszubildenden.
    Und Home Office ist natürlich nicht für jede*n was. Nicht jede*r hat zuhause gute Bedingungen und nicht jede*r mag und kann alleine vor sich hinarbeiten.
    Deshalb ist es schön, dass es solche Coworking Spaces gibt.

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