Zündstoff für die Wahl: So setzt die Tat von München jetzt den Ton

Auch wenn niemand ein weiteres von Migranten ausgehendes Attentat in Deutschland ausschließen konnte, ist der mehrfache Mordversuch von München ein weiterer unerwarteter Schlag gegen die ohnehin schon tief verunsicherte deutsche Gesellschaft. Ein Schlag, der noch einmal Zündstoff in die Schlussphase des Bundestagswahlkampfs bringen dürfte.
Parteien, die noch mit Themen jenseits der Migration punkten wollen, können einpacken. Das Thema für die letzte Woche vor dem Urnengang steht fest – ungeachtet dessen, dass Wirtschaft, Steuern, Verteidigung und Klimaschutz ja nun nicht gerade unwichtig sind. Aber so läuft das in einer Mediengesellschaft.
Nach Tat von München: Rechtsruck wird sich fortsetzen
Man muss kein Politikwissenschaftler oder Demoskop sein, um vorherzusagen, wem das brutale Geschehen von München nutzen wird. Der sich schon bisher abzeichnende Rechtsruck zu Gunsten der AfD wird sich wahrscheinlich noch verstärken, mindestens aber verfestigen. Umfragen, die derzeit veröffentlicht oder gestartet werden, können die Folgen von München nicht mehr berücksichtigen. Für den tatsächlichen Wahlausgang ist damit ein Überraschungsmoment gesetzt.
Die Union ist immerhin in der Lage, in dieser Phase schon einiges an, wenn auch zum Teil unausgereiften Konzepten für mehr Sicherheit und die Verschärfung der Ausländer- und Flüchtlingspolitik vorzeigen zu können. Innere Sicherheit, "Nulltoleranz" und Härte gegenüber Migration sind nun mal das Markenzeichen der Union und nicht der ehemaligen Ampel-Parteien.
Noch ist es nicht ausgeschlossen, dass das Münchner Attentat auch Menschenleben gekostet hat. Zwei der schwer verletzten Opfer seien in Lebensgefahr, hieß es am Donnerstagnachmittag. Schon deshalb würde sich eigentlich die rasche Instrumentalisierung des Geschehens für politische Zwecke verbieten.
Markus Söder setzt die Tonlage mit bekannten Mechanismen
Aber diese Hoffnung muss man wohl fahren lassen. Jetzt wird der schon bekannte Mechanismus von Vorwürfen und Gegenvorwürfen wieder in Gang kommen. Wiederum wird sich vor allem die Frage stellen, warum der Mann überhaupt noch in Deutschland war und ob Bundes- oder Landesbehörden dafür die Verantwortung tragen. Diese feinen Unterschiede freilich wird so mancher Wähler nicht machen, sondern mehr einem "tabula rasa"-Standpunkt zuneigen.
Wenn die Grünen im bayerischen Landtag jetzt eine "rasche Aufklärung der abscheulichen Tat" verlangen, klingt das nach Satzbausteinen und Hilflosigkeit. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender Markus Söder schlug noch am Tatort eine andere Tonart an. Jetzt müsse man "Entschlossenheit zeigen, dass sich etwas ändern muss". Damit ist die Tonlage für die letzte Woche vor dem Urnengang gesetzt. Man hätte sich dafür eine weniger aufgeheizte Atmosphäre im Vorfeld einer so wichtigen politischen Weichenstellung gewünscht.