Wir fahren schon mit Strom - und wir lieben es

München - Nun soll es also richtig losgehen: Die Bundesregierung hat vergangene Woche das Förderprogramm für Elektroautos gebilligt. Die ursprünglich angepeilte Marke von einer Millionen Stromflitzern wird sich bis 2020 zwar auch damit nicht auf die Straße bringen lassen. Aber immerhin: Ein Anfang ist damit gemacht.
Die AZ hat sich bei Münchnern, die bereits Strom tanken, nach ihren Erfahrungen mit Elektroautos umgehört und beantwortet hier zudem die wichtigsten Fragen zur Energiewende auf dem Automobilmarkt:
Wie sieht das Förderprogramm des Bundes aus?
Wer sich ein Elektroauto kauft, kann künftig einen "Umweltbonus" in Höhe von 4.000 Euro einstreichen. Vorausgesetzt, das Auto kostet nicht mehr als 60.000 Euro. Entsprechende Anträge können demnächst online gestellt werden. Die Förderung gilt rückwirkend zum 1. Januar. Insgesamt sollen 1,2 Milliarden Euro ausgeschüttet werden. Sind die verbraucht, endet auch das Zuschuss-Programm – spätestens jedoch zum 30. Juni 2019.
Ist die Förderung der Stadt damit obsolet?
Nein, die Stadt hält trotz der nun aufgelegten Bundesförderung an ihrem eigenen Programm fest. Firmen können beim Kauf eines E-Fahrzeugs demnach weiter bis zu 5.500 Euro einsacken. 22,2 Millionen Euro stehen in diesem Förderpaket zum Abruf bereit.
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Wie viele E-Autos gibt’s schon in München?
Das städtische Umweltreferat schätzt, dass aktuell rund 4.000 Münchner ein E-Auto fahren. Seit dem Start des städtischen Förderprogramms am 1. April sind im Rathaus zudem rund 250 Anträge eingegangen.
Und wie sieht es mit den Ladestationen aus?
Der Stadtrat hat kürzlich beschlossen, bis Ende 2017 mindestens hundert neue Ladestationen aufzubauen (siehe untenstehende Grafik). Die ersten 30 sollen noch heuer fertig werden, die restlichen dann kommendes Jahr folgen. Mit dem Aufbau und Betrieb der öffentlichen Lade-Infrastruktur sind die Münchner Stadtwerke betraut.
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Für wen lohnt sich ein Elektroauto?
Das Problem mit den Elektrofahrzeugen sind die recht hohen Preise, die immer noch verhältnismäßig geringe Reichweite und der noch lückenhafte Ausbau mit Stromtankstellen. Wer bei sich zu Hause in der Garage eine Lademöglichkeit hat und am Tag auch nie viel mehr als 150 Kilometer unterwegs ist, für den kann eine solche Anschaffung aber durchaus sinnvoll sein – zumal E-Autos auch für zehn Jahre steuerbefreit sind. Muss ja auch nicht immer gleich ein Tesla sein. Es gibt auch Alternativen.
Und hier sollen sie entstehen: Die Stadt will in den kommenden anderthalb Jahren hundert neue Ladestationen aufbauen. Grafik: AZ/Natalie Schröttinger
Umfrage: Warum fahren Sie ein Elektroauto?
Die AZ war in München unterwegs und hat mit Besitzern von Elektroautos gesprochen. Darunter unter anderem Funktionäre und Mitarbeiter der Stadt, der Stadtwerke und des Abfallwirtschaftsbetriebs.
"Da ist das schlechte Gewissen sofort weg"
Stadtministerin Stephanie Jacobs mit einem Elektro-Renault. Foto: Daniel von Loeper
Münchens Umweltreferentin Stephanie Jacobs wirbt engagiert die für den Umstieg auf Elektroautos – und hat energisch für das 22,2 Millionen Euro schwere Förderprogramm der Stadt gekämpft. Hier führt die junge Stadtministerin die Elektro-Variante des Renault Kangoo vor, der zum Fuhrpark ihres Referats gehört.
Stephanie Jacobs: "Ich glaube, dass E-Autos die Fahrzeuge der Zukunft sind. Meine Vision ist, dass meine beiden Söhne (zwei und vier Jahre alt) irgendwann mal ganz selbstverständlich in ein E-Auto steigen. Unser Kangoo ist leise, sauber, ein sinnvoller Speicherplatz für erneuerbare Energien. Elektroautos bedeuten eine Abkehr von der Verbrennung fossiler Energieträger. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Luftreinhaltung, zur Lärmvermeidung und zum Klimaschutz – vor allem natürlich, wenn sie mit Ökostrom betankt werden.
Ich fahre viel Fahrrad, bin oft mit der U-Bahn unterwegs und möchte mir auch bald ein eigenes E-Auto zulegen. Am Stadtrand, wo ich wohne, gibt es momentan halt noch nicht so viele Lademöglichkeiten im öffentlichen Raum. Aber als Stadtauto ist ein E-Fahrzeug ideal, beispielsweise für Pflegedienste, Handwerker, Lieferdienste oder Kaminkehrer. Momentan gibt es bei der Stadt knapp 90 Elektrofahrzeuge. Bald wollen wir die hundert knacken. Ich empfehle einfach, dieses Fahrgefühl mal selbst auszuprobieren. Wenn man mit einem E-Auto unterwegs ist, fühlt sich das einfach gut an. Da ist das schlechte Gewissen sofort weg."
"Die Leute an der Ampel staunen, wie schnell wir wegflitzen"
Die beiden Szene-Wirte Josef Sattler (l.) und Dietmar Holzapfel. Foto: Daniel von Loeper
Die Wirte des Hotels Deutsche Eiche im Glockenbachviertel sind auf den Geschmack gekommen. Einen Elektro-Smart haben Dietmar Holzapfel und Josef Sattler schon, zwei weitere haben sie für ihren Betrieb bereits bestellt.
Josef Sattler: "Wir möchten gerne, dass unsere Münchner Luft möglichst sauber bleibt. Die CO2-Werte im Individualverkehr gehören eigentlich schon längst reduziert. Darum fahren wir seit zwei Jahren wann immer es geht unseren Elektro-Smart. Das ist ein reines Elektroauto – leise, flott und umweltbewusst. Was mich fasziniert, ist die erstaunliche Beschleunigung des Autos. Andere staunen oft darüber, wie schnell wir an der Ampel wegflitzen.
Super ist, dass wir sowohl im Betrieb als auch privat Auflademöglichkeiten haben – es reicht halt eine ganz normale Steckdose. Da hängt unser Auto dann fünf bis sieben Stunden dran – und schon ist der Akku wieder voll. Und um ökologisch ganz korrekt zu sein, laden wir die Akkus mit Strom aus Windkraft auf. Es macht keinen Sinn, da was anderes als grüne Energie zu verwenden – sonst verpufft die Wirkung."
Dietmar Holzapfel: "Außerdem haben wir uns aus Überzeugung schon vor vier Jahren ein E-Bike gekauft. Da gab es noch keine Förderung, weder von der Stadt noch vom Staat. Dass jetzt die Stadt München die E-Mobilität unterstützt, finde ich absolut richtig. Unser Elektro-Smart? Ist zweifellos unser Lieblingsauto – manchmal müssen wir uns halt ein bissl darum streiten, wer damit fahren darf."
"Dieses Auto ist einfach cool!"
Hans Hammer mit seiner Frau Chantal. Foto: Daniel von Loeper
Hans Hammer, der Betreiber der Schrannenhalle, und seine Frau Chantal fahren seit fast zwei Jahren das Elektroauto von BMW, den sogenannten i3.
Hans Hammer: "Wir haben zwar auch noch einen Benziner, aber wir lieben unser Stromvehikel. So sehr sogar, dass ich und meine Frau uns immer wieder streiten, wer es gerade haben darf. Es macht nämlich total Spaß, den i3 zu fahren. Er ist sehr leise, hat eine gute Beschleunigung und man muss nicht zur Tankstelle damit. Für die Stadt ist er ideal. Der i3 ist extrem wendig und man kommt damit auch in kleine Parklücken rein. Es passen vier Leute rein und einen großen Kofferraum hat er auch noch. Zusätzlich lässt sich die Rückbank umklappen, das bringt nochmal Platz – sehr praktisch ist das.
Ich stecke das E-Auto jeden Abend in der Garage an den Strom und ziehe morgens den Stecker wieder raus. Im Herbst läuft das Leasing für dieses Auto ab. Dann holen wir uns sofort wieder ein neues."
Chantal Hammer: "Ich liebe alles an diesem E-Fahrzeug. Es sieht witzig aus, ist ein echter Hingucker und fährt sich sensationell. Das Fahrerlebnis ist großartig. Die großen Türen sind toll für die Kinder und auch abseits der CO2-Bilanz ist das Auto von der Nachhaltigkeit her spitze. Die Stoffe der Sitze zum Beispiel sind aus recyceltem Material. Ich muss auch nicht ständig an eine Tankstelle. Dieses Auto ist einfach cool!"
"Ich bin stolz, ein Vorreiter zu sein"
AWM-Mitarbeiter Ersin Canta mit einem Citroën C-Zero. Foto: Daniel von Loeper
Auch beim Münchner Abfallwirtschaftsbetrieb fährt man schon elektrisch. Außendienstler Ersin Canta fährt unter anderem regelmäßig die Gaststätten ab und kontrolliert, ob der Müll dort auch vorschriftsgemäß getrennt wird. Bei seinen Touren ist er immer mit einem Citroën C-Zero unterwegs.
Ersin Canta: "Das Auto macht riesigen Spaß. Die Beschleunigung ist so toll, da kann man auch mit einem Sportwagen mithalten. Der eine oder andere Verkehrsteilnehmer staunt nicht schlecht, dass so ein kleines Fahrzeug so viel Power hat. Wenn ich von meinen Einsätzen zurückkomme, stöpsele ich das Auto wieder an und es wird über Nacht aufgetankt. Es hat dann eine Reichweite von 120 Kilometern, das reicht locker für einen Tag im Münchner Außendienst.
Ich freue mich, dass ich so ein innovatives Fahrzeug quasi als Vorreiter fahren darf. Das macht mich richtig stolz. Das Auto ist sehr leise und sehr angenehm zu fahren. In 30er-Zonen hören mich die Fußgänger manchmal gar nicht. Nur mal so im Scherz gesprochen: Zum Anschleichen wäre dieses Auto richtig gut."
"Immer noch was Besonderes"
SWM-Fuhrpark-Chef Oliver Heindle. Foto: Daniel von Loeper
Die Stadtwerke haben aktuell einen BMW i3, den sich jeder Mitarbeiter, der kein Dienstfahrzeug hat, für aushäusige Termine oder Fahrten zu Außenstandorten ausleihen kann. Dazu eine Mercedes B-Klasse E-Cell, die durchs Mangfalltal surrt, zwei VW e-up (in der Poststelle und bei den Kraftwerkern) und einen E-Vito für die Leute in den Werkstätten. Fünf weitere E-Autos kommen demnächst noch dazu. Um den Fuhrpark kümmert sich Oliver Heindle.
"Es ist immer noch etwas Besonderes, auf Münchens Straßen mit Elektroauto unterwegs zu sein. Die Technologie ist faszinierend und der Umweltgedanke ist auch nicht zu vernachlässigen. Wir haben außerdem noch zwei E-Fahrräder im Unternehmen. Es ist ein tolles Gefühl mit einem E-Auto zu fahren. Die Motorleistung ist nicht zu vergleichen mit konventionellen Fahrzeugen. Das Drehmoment ist einfach Wahnsinn. Das macht die Wagen sehr spritzig. Vor allem der i3 ist sehr agil und gleitet geräuschlos dahin – ich finde das klasse."