Wie die Stadt Corona in München stoppen will
München - Momentan liegen in München 34 Corona-Patienten auf einer Intensivstation eines städtischen Krankenhauses. Diese Menschen sind im Schnitt 62,41 Jahre alt, 14 von ihnen sind vollständig geimpft. Und wahrscheinlich leben sie eher in einem Hochhaus in Neuperlach als in einem schicken Altbau im Glockenbachviertel.
Anzahl der Intensivpatientin je Stadtviertel extrem unterschiedlich
Denn je nachdem, welche Postleitzahl man hat, schwankt die Wahrscheinlichkeit, so schwer an Corona zu erkranken, dass man auf eine Intensivstation muss, beträchtlich: 44 Intensivpatienten je 100.000 Einwohner zählte das Gesundheitsreferat in der Altstadt, dem Lehel und der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. 150 Patienten je 100.000 Einwohner kamen aus Ramersdorf-Perlach oder Trudering-Riem.
Diese Zahlen hatte die Linke vom Gesundheitsreferat erfragt. Für deren Fraktionschef Stefan Jagel sind sie der Beweis, dass ärmere Münchner und Menschen mit einem Migrationshintergrund häufiger schwer an Corona erkranken – schließlich ist deren Anteil in diesen Stadtvierteln besonders hoch.
Stadtrats-Linke fordern "Anti-Corona-Guides"
Seine Fraktion fordert deshalb, dass die Stadt nicht nur Impfteams schickt, sondern auch, wie Jagel es ausdrückt, "Anti-Corona-Guides" – also mehrsprachige Mitarbeiter, die die Menschen vor Ort über Corona und eine Impfung aufklären. "In Bremen gibt es das und da ist die Impfquote besonders hoch", so Jagel.
Impfverweigerer gebe es in allen sozialen Schichten, meint die Chefin der SPD-Fraktion Anne Hübner. Aber auch sie kann sich vorstellen, dass die Stadt noch mehr Aufklärung über die Pandemie in anderen Sprachen betreibt. Priorität hat für Hübner aber eine andere Idee: Gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner, den Grünen, stellte die SPD am Mittwoch den Dringlichkeitsantrag, dass die Stadt lokale Impfaktionen ausweiten soll. Zum Beispiel an Knotenpunkten des öffentlichen Nahverkehrs, in Einkaufszentren, Büchereien und Volkshochschulen soll es die Möglichkeit geben, Erst-, Zweit- und Dritt-Impfungen ohne Termin vorzunehmen.
Außerdem soll das Gesundheitsreferat Impfungen für Kinder zwischen fünf und elf Jahren vorbereiten. Für alle Familien soll es möglichst niederschwellige Angebote geben, sobald der Impfstoff für diese Altersgruppe freigegeben ist. Zum Beispiel könnten Impfbusse auch an Schulen halten, heißt es in dem Antrag. Erfahrungen aus anderen Kommunen legen nahe, dass niederschwellige Impfangebote zur Erhöhung der Impfquote beitragen, meint der Chef der Grünen im Stadtrat Florian Roth.
CSU-Stadtrat Theiss fordert stattdessen eine Impfpflicht
Dass Politiker darüber nachdenken, wie sie die Menschen von einer Impfung überzeugen können, würde CSU-Stadtrat Hans Theiss am liebsten beenden. Der Mediziner fordert eine Impfpflicht. Entscheiden kann München das nicht. Theiss will deshalb, dass der OB sich dafür ausspricht.
Grüne und SPD sind allerdings noch unentschieden, ob eine Impfpflicht überhaupt eine gute Idee wäre. Sie beantragten zunächst, dass das Gesundheitsreferat die Vor- und Nachteile darlegen soll.
Außerdem fordern beide Parteien, dass Pflegekräfte besser entlohnt werden sollen –etwa durch Zulagen und Weihnachtsgeschenke wie Gutscheine fürs Theater oder den Tierpark.
Für Theiss kommt das zu spät: Schon im Frühjahr 2020 habe seine Partei eine Zulage von 200 Euro im Monat gefordert, sagt er. "Weihnachtsgeschenke werden den Pflegemangel kaum beheben." Dabei könnten gut 30 Prozent mehr Betten belegt werden, wenn nicht so viele Pfleger fehlen würden, so Theiss.