Westend-Entführer: Prozessbeginn mit Tücken

Er soll die Frau eines Bankiers gekidnappt haben und drohte, sie als Sex-Sklavin zu verkaufen. Das Gericht muss sich vertagen.  
von  John Schneider
Rechtsanwalt Adam Ahmed (links) mit seinem Mandanten Mario S. (53). Der gebürtige Kölner soll in Ottobrunn eine Bankiersfrau entführt haben.
Rechtsanwalt Adam Ahmed (links) mit seinem Mandanten Mario S. (53). Der gebürtige Kölner soll in Ottobrunn eine Bankiersfrau entführt haben. © dpa

Er soll die Frau eines Bankiers gekidnappt haben und drohte, sie als Sex-Sklavin zu verkaufen. Das Gericht muss sich vertagen.

München - Kurz geschorene Haare, schlabbriger Pulli, so wirde Mario S. (53) am Dienstag aus der Untersuchungshaft in den Gerichtssaal A 177 im Münchner Justizzentrum geführt. Vor der Anklagebank entsteht großes Gedränge: Fotografen und Kameraleute auf der Suche nach dem besten Bild von dem Mann, der am 10. Juni 2015 in Ottobrunn eine Bankiersfrau entführt haben soll.

Doch bereits kurz nach dem Aufruf der Sache wird der Prozess um die spektakuläre Entführung schon wieder vertagt. Der kurzfristige Ausfall eines Schöffen aus privaten Gründen sorgt für das erste Hindernis. Zwar ist ein Ersatzschöffe schnell bei der Hand. Aber Adam Ahmed, der Anwalt des Angeklagten, behält sich vor, diese Neubesetzung zu überprüfen.

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Ahmed legt noch nach. Er habe wichtige Akten einer Vernehmung noch nicht einsehen können. So wird an diesem Dienstagmorgen nicht einmal die Anklage gegen den geständigen 53-Jährigen verlesen. Der Prozess vor dem Landgericht soll nun erst am kommenden Montag richtig beginnen. Mario S. ist wegen erpresserischen Menschenraubs und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung angeklagt. Er soll die Frau eines Sparkassen-Managers im vergangenen Jahr verschleppt und in einem Brief 2,5 Millionen Euro Lösegeld gefordert haben. Dabei soll er sich als Islamist ausgegeben und damit gedroht haben, die Frau als Sex-Sklavin zu verkaufen.

Das Motiv: Der Computer-Experte lebte seit 2012 in Thailand und war dort in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Da soll sich der 53-Jährige entschlossen haben, in Deutschland einen leitenden Bankangestellten zu entführen, um schnell an Geld zu kommen.

Zu diesem Zweck hatte er im Westend eine Wohnung angemietet. Dort wollte er sein Entführungsopfer unterbringen, bis er das erpresste Geld in Händen halten würde. Doch so weit kam es gar nicht, weil der mutmaßliche Täter einen großen Fehler machte und sein Auto ausgerechnet auf einem belebten Kundenparkplatz abstellte. Die Frau erkannte das, schrie um Hilfe und flüchtete sich zu Passanten.

Zwar gelang dem Entführer die Flucht nach Thailand. Aber im Hausmüll seines Verstecks fanden die Ermittler einen Vertrag für ein Prepaid-Handy. So kam man ihm auf die Spur – und ließ ihn in Thailand verhaften. Bereits in der ersten Vernehmung nach der Auslieferung soll der Angeklagte die Vorwürfe dann eingeräumt haben.

 

 

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