Westend-Entführer: Er ist wohl kein Berufs-Verbrecher

Der Tag nach der Westend-Entführung: Der Täter hatte alles genau geplant, die Frau eines Top-Bankers verschleppt, um dann 2,5 Millionen zu erpressen. Auf seiner Flucht hat der Mann Spuren hinterlassen. Es bleiben viele Fragen.
Ralph Hub |
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Die Polizei veröffentlichte das Foto des Täters während der Pressekonferenz. Durch die öffentliche Fahndung erhoffen sie sich eine schnellere Ergreifung.
dpa 3 Die Polizei veröffentlichte das Foto des Täters während der Pressekonferenz. Durch die öffentliche Fahndung erhoffen sie sich eine schnellere Ergreifung.
Die Polizei fahndete mit Spürhunden nach dem Erpresser. Bisher fehlt weiter jede Spur.
dpa 3 Die Polizei fahndete mit Spürhunden nach dem Erpresser. Bisher fehlt weiter jede Spur.
Der silberne Polo der entführten Frau wird von einem Abschleppwagen verladen. Kleines Foto: Der Parkplatz schräg unterhalb des Central Tower.
Nina Job 3 Der silberne Polo der entführten Frau wird von einem Abschleppwagen verladen. Kleines Foto: Der Parkplatz schräg unterhalb des Central Tower.

Der Tag nach der Westend-Entführung: Der noch unbekannte Täter hat alles genau geplant, die Frau eines Top-Bankers verschleppt, um dann 2,5 Millionen zu erpressen. Auf seiner Flucht hat der Mann Spuren hinterlassen. Es bleiben viele Fragen.

München - Jetzt kennt jeder das Gesicht des Entführers. Die Polizei veröffentlichte am Donnerstag ein Foto des Mannes, der die Ehefrau eines Top-Managers der Stadtsparkasse verschleppt hat. Der Mann wollte die Familie aus Ottobrunn um einen Millionenbetrag erpressen. Trotz Großfahndung ist es dem Verdächtigen gelungen unterzutauchen.

Und das obwohl die Polizei die Gegend zwischen Donnersberger- und Hackerbrücke großräumig abriegelt hatte. Ein Hubschrauber kreiste, und am Boden suchten schwer bewaffnete Beamte mit Hunden. In der S-Bahn wurde gefahndet, in Bussen und Trambahnen.

Eine Stunde befand sich die zweifache Mutter in der Gewalt des Entführers. Am Mittwochmorgen gegen 7.30 Uhr hatte er in Ottobrunn an der Wohnungstür geklingelt. Der Entführer zwang die Frau, in ihren VW Polo zu steigen. Der zwölfjährige Sohn blieb gefesselt zurück. Nach München, quer durch die Stadt, ging die Fahrt. Gegen 8.40 Uhr steuerte er den Lidl-Parkplatz in der Westendstraße an und stoppte. „Die Frau hat eine Chance gesehen, dem Mann zu entkommen und hat sie genutzt“, sagt Kriminalrat Markus Kraus. Die 46-Jährige riss sich beim Entführer los, rannte weg und schrie um Hilfe. Zeugen wurden aufmerksam.

Als der Entführer merkte, dass er entdeckt worden war, flüchtete er. Er rannte über das Gelände des Autohauses Häusler. Dabei wurde er von einer Überwachungskamera gefilmt. Der Entführer war mit einer Spielzeugpistole bewaffnet Zudem rutschte ihm das Magazin aus der Pistole. Ein dummes Missgeschick, das einem Profi kaum unterlaufen wäre. Die Polizei fand das Magazin. Es gehört zu einer Softairpistole – einem Kinderspielzeug. Auch das spricht dafür, dass er kein Berufsverbrecher ist. Doch auch so, trotz des Fotos und anderer Spuren, ist es der Polizei bisher nicht gelungen ihn zu identifizieren.

Die Aufnahme wurde mit Fotos aus der Verbrecherdatei abgeglichen, ohne Erfolg. Ähnlich verhält es sich mit Fingerabdrücken. Nach AZ-Informationen wurde DNA sichergestellt. Eine Schnellauswertung lieferte keinen Treffer. Ein kompletter genetischer Fingerabdruck wird erstellt. „Wir kennen die Identität des Mannes noch nicht“, sagt Kriminalrat Markus Kraus.

Lesen Sie hier: Forderte Entführer 2,5 Millionen Euro Lösegeld?

Unklar ist, warum der Entführer auf einen belebten Parkplatz in der City fuhr, statt sich mit seinem Opfer über das Autobahnkreuz München Süd ins ländliche Gebiet abzusetzen. Es bleiben einige offene Fragen:

Was verbindet ihn mit dem Westend? Wollte sich der Entführer mit einem Komplizen treffen?

Bisher geht die Polizei von einem Einzeltäter aus.

Hatte er vor, im Westend das Fluchtfahrzeug zu wechseln?

Ein Wagen wurde bisher jedenfalls nicht gefunden.

Hat der Entführer in dem Viertel einen Schlupfwinkel vorbereitet?

Möglich. Als die AZ das Fahndungsfoto am Donnerstag in der Nachbarschaft herumzeigte, kam gleich mehreren Anwohnern das Gesicht bekannt vor. „Ich glaube, den Mann habe ich früher schon hier gesehen“, sagte eine Verkäuferin in einer Bäckerei. Und auch in einer Wäscherei in der Nähe glaubt sich eine Mitarbeiterin an den Mann mit Bart erinnern zu können.

Der Täter forderte in einem Erpresserbrief mehrere Millionen Euro. Andernfalls, so drohte er, werde die Frau nicht zurückkehren. Die Nachricht ist mit der Hand geschrieben. Auch das könnte die Fahnder auf seine Spur bringen. Angeblich wollte der Entführer 2,5 Millionen Euro. Der Täter hat zudem das Handy des zwölfjährigen Sohnes der Familie mitgenommen. Die Polizei fand es im Auto und wertet es derzeit aus.

Klar ist: Die Entführung war geplant. Der Täter hat die vierköpfige Familie ausgespäht, um mehr über die Lebensgewohnheiten zu erfahren. Dabei könnte er in Ottobrunn aufgefallen sein. Der Mann ist etwa 50 Jahre alt, ungepflegter Drei-Tage-Bart, bzw. kurzer, ungepflegter Vollbart. Er ist schlanke, ca. 1,80 bis 1,90 Meter groß. Bekleidet war der Täter mit Jeans und dunkler Jacke sowie einer schwarzen Strickmütze, welche an der Stirn umgeklappt war. Der Täter hatte einen schwarzen Rucksack und soll Berliner Dialekt sprechen. Hinweise an die Polizei unter Tel. 089-29 100. Spuren gibt es viele. Die Fahnder sind deshalb zuversichtlich. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn haben“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Wenger.

 

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