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Wenn die Bars schon zu sind: Nachts auf der Türkenstraße

Feierchaos in der Maxvorstadt? Wenn die Gastro schließt, verlagert sich die Party in die Öffentlichkeit. Die AZ nachts unterwegs in der Maxvorstadt.
Paul Nöllke, Andre Spannl |
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Wenn die Bars schließen, geht die Party hier weiter: Vor der Pinakothek der Moderne feiern Jugendliche.
Wenn die Bars schließen, geht die Party hier weiter: Vor der Pinakothek der Moderne feiern Jugendliche. © Andre Spannl

Maxvorstadt - Laut wird es erst am Ende. Doch die Bars in der Türkenstraße sind am Freitagabend bereits gegen 19.30 Uhr gut besucht.

Frauen in schicken Cocktailkleidern und Männer in weißen Hemden trinken hier Aperol und Champagner. Vor einer Eisdiele sitzt ein älterer Herr mit Strohhut und Tweedjackett, später fährt er in seinem Oldtimer davon.

"Noch ist es zivilisiert"

"Noch ist es zivilisiert", sagt der Kellner einer Bar in der Türkenstraße. "Aber später ist hier alles voller Leute. Wenn man die Polizei ruft, kommt sie schon gar nicht mehr." Noch ist die Polizei allerdings sehr präsent.

Ein Polizeibus fährt mehrmals durch die Straße, ein anderer Polizeiwagen steht vor der Bar "Zeitgeist", wo in den vergangenen Monaten Partygänger randaliert haben. Heute scheint die Lage unter Kontrolle zu sein.

Ein Anwohner berichtet von üblen Beschimpfungen

Ähnlich auch die Einschätzung eines Anwohners, der die AZ um 21 Uhr zum Rundgang trifft: "Normalerweise ist mehr los", sagt Max A., der mit seiner Freundin in der Schellingstraße wohnt.

Ab 22 Uhr füllt sich die Schellingstraße mit Feiernden.
Ab 22 Uhr füllt sich die Schellingstraße mit Feiernden. © Andre Spannl

Er erzählt von Nächten, in denen Leute mit Stereoanlagen durch die Straßen zogen, er regelmäßig von lauter Musik geweckt wurde und am nächsten Morgen überall Glasscherben lagen. Einmal sei er sogar übel beschimpft worden, als er einen Mann darauf hinwies, nicht gegen eine Hauswand zu pinkeln.

Vor ein paar Wochen war es noch voller

Voller wird es ein paar Stunden später. Als die AZ gegen 22 Uhr Dominic Otis, den Wirt des "55 Eleven", trifft, stehen auf dem Trottoir die Leute ziemlich dicht beinander. "Wir haben auf jeden Fall gut zu tun", sagt Otis. So voll wie vor ein paar Wochen sei es inzwischen aber nicht mehr.

Dominique Wiucha, Dominic Otis und Ömer Erdem vor dem "55 Eleven".
Dominique Wiucha, Dominic Otis und Ömer Erdem vor dem "55 Eleven". © Andre Spannl

"Es wird echt Zeit, dass die Sperrstunde gekippt wird"

Dennoch, seine Türsteher Dominique Wiucha und Ömer Erdem müssen die Leute regelmäßig daran erinnern, ihre Maske in der Schlange aufzusetzen. Daran hält sich auch jeder - man will ja sein Getränk bekommen. "Wir haben unsere Gäste gut erzogen", sagt Otis und lacht.

Doch er hat auch ein ernsthaftes Anliegen: "Es wird Zeit, dass die Sperrstunde gekippt wird", sagt der Wirt. "Wenn wir hier um ein Uhr schließen müssen, gehen die Leute natürlich nicht nach Hause. Dann heißt es bei den meisten: Wo gehen wir denn jetzt noch hin?"

Die Feiernden versammeln sich vor der Pinakothek

Wo es dann für viele hingeht, bekommt die AZ auf ihrem Rundgang auch mit: Zur Pinakothek der Moderne. Die Musik hört man bereits vom Türkentor, dann sieht man die bunten Lichter. Schon gegen 22 Uhr haben sich hier einige zum Feiern versammelt.

Aus großen Boxen vor dem Eingang dringen Technobeats, bunte Lampen werfen Muster an die Wände. Boxen und Lichter: All das haben die Feiernden selbst mitgebracht.

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Christin (22), Ray (22), Yasmin (23) und Kaan (23) sind hier fast jede Woche zum Feiern. "Das ist super unter freiem Himmel", erzählt Ray. "Alle sind freundlich, man kann trinken und tanzen. Und es ist eher ruhig, das gefällt mir."

Ähnlich geht es auch Christin. "Letzte Woche war die Polizei da, aber eigentlich ist es hier echt gut", so die 22-Jährige. Normalerweise ginge sie gerne in Clubs feiern, das sei aber wegen Corona natürlich nicht mehr möglich.

Auch für Getränke ist gesorgt

Die Freunde hätten Schnaps und Energy-Drinks dabei, erzählt Kaan: "Wir wollen eine gute Zeit haben." Vor allem müsse man jetzt das Wetter genießen, bevor es wieder regne, sagt der 23-jährige Handelsfachwirt.

Das wollen auch Tobias (24) und Nicki (25). Die Studenten waren an Wochenenden sonst in den Bars der Schelling- und Türkenstraße unterwegs. "Aber so gegen Mitternacht haben die zugemacht und alle rausgeschmissen", erzählt Tobias. "Dann hat man auch keine Getränke zum Mitnehmen mehr bekommen."

Hier können keine Anwohner gestört werden

Doch nun hätten die beiden die Party an der Pinakothek entdeckt. "Das ist ideal, hier gibt es keine Anwohner. Und wenn mal was ist, ist die Polizei gleich um die Ecke", sagt Nicki. Die beiden haben einen Bierpong-Tisch dabei. Bei dem Trinkspiel Bierpong muss ein Team die Becher voller Bier mit einem Tischtennisball treffen, das andere Team muss diese dann austrinken.

Beim Bierpong-Spiel.
Beim Bierpong-Spiel. © Andre Spannl

Doch Nicki und Tobias haben den Ball vergessen. "Das ist etwas dumm", sagt Tobias. "Jetzt haben wir quasi nur einen Tisch dabei." Doch andere Feiernde haben einen Ball, und so können sie doch noch spielen.

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Am Samstag steht die Polizei bereit

Ganz anders sieht es hingegen am Samstagabend aus. Gleiche Uhrzeit, gleicher Ort. Weniger Leute sind an diesem Abend gekommen, und es stehen Polizeiwagen vor der Pinakothek. Laute Musik wird nicht gespielt.

Ein Mann mittleren Alters schaltet kurz eine Musik-Box an, sofort rücken zehn Polizisten in Einsatzmontur an und bilden einen Kreis um ihn. Der Mann muss sich den Beamten erklären. Allgemein kontrolliert die Polizei an diesem Abend häufig. Die Party-Stimmung des Vorabends ist verflogen.

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10 Kommentare
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  • Gio am 26.08.2021 23:34 Uhr / Bewertung:

    Die Freiräume wie früher haben die Jungen leider nicht mehr, das ist richtig.
    Dafür haben wir alle noch mehr Bewohner, mehr Lärm, aber dafür weniger Platz. Auch nicht schlecht.

  • sunny1 am 26.08.2021 23:23 Uhr / Bewertung:

    der Fortpflanzungstrieb ist offensichtlich stärker als der Corona Virus..

  • dakaiser am 26.08.2021 16:36 Uhr / Bewertung:

    das fahle Bier aussaufen, nachdem ein Ball reingefolgen ist, den jeder schon in der Hand hatte,
    naja andere Zeiten. Mir tun die Jungen leid. Was macht eigentlich die Fraktion Beruf Tochter/Sohn? Schampus in der Schellingstraße?

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