Weniger Teilnehmer, mehr Neonazis - Offene Fragen nach "Bagida"-Demo

Weniger Teilnehmer, dafür mehr Ultra-Rechte beim „2. Spaziergang“ der selbst ernannten Patrioten durch die City. Festnahmen auf beiden Seiten.
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„Wir sind keine Nazis und werden es nie sein“: Die Botschaft dieses
Bagida-Demonstranten wird durch andere Teilnehmer widerlegt.
Petra Schramek 4 „Wir sind keine Nazis und werden es nie sein“: Die Botschaft dieses Bagida-Demonstranten wird durch andere Teilnehmer widerlegt.
Stefan Werner von der Kleinstpartei „Pro Deutschland“.
Petra Schramek 4 Stefan Werner von der Kleinstpartei „Pro Deutschland“.
Ein Vermummter beim Singen des Deutschland-Liedes.
Petra Schramek 4 Ein Vermummter beim Singen des Deutschland-Liedes.
In dem Mann, der mit Stativ und Kamera die Gegendemonstranten filmt, wollen Experten den Rechtsextremen Thomas S. identifiziert haben.
Petra Schramek 4 In dem Mann, der mit Stativ und Kamera die Gegendemonstranten filmt, wollen Experten den Rechtsextremen Thomas S. identifiziert haben.

München - Die „Bayern gegen die Islamisierung des Abendlandes“ scheinen langsam zu merken, dass sie in München nicht willkommen sind: Mit 1100 war die Teilnehmerzahl beim „2. Bagida-Spaziergang“ am Montag deutlich geringer als bei der München-Premiere vor einer Woche. Allerdings waren diesmal deutlich mehr Neonazis und Hooligans dabei.

Wie liefen die Demos ab?
Bagida marschierte wie gehabt von der Matthäuskirche über die Sonnenstraße zum Stachus. Die Gegenkundgebung „Tanz den Pegida – ein Arbeiterfasching“ fand am Sendlinger Tor statt. Die Teilnehmer begleiteten anschließend den Bagida-Marsch auf der anderen Straßenseite. Zwischen den Gruppen hatte die Polizei wieder eine Sperrzone errichtet. 1000 Beamte waren im Einsatz. Nach einer Abschlusskundgebung am Karlsplatz, auf der die Redner unter anderem gegen den Islam, Zuwanderung und gegen Homosexuelle hetzten sowie Politiker wie Medien verunglimpften, wurden die selbst ernannten Patrioten von der Polizei in die S-Bahn eskortiert. „Ihr könnt nach Hause geh’n“, sangen die Münchner zum Abschied.

Wie viele Münchner demonstrierten am Montag?
Rund 12 500 Menschen kamen zur Gegenkundgebung des großen Bündnisses um die Initiative „Bellevue di Monaco“ am Sendlinger Tor. Die Polizei geht davon aus, dass sich daran auch 150 Demonstranten aus der extrem linken Szene beteiligt haben.

Wer ging mit Bagida auf die Straße?
Unter den Demonstranten waren erneut etliche stadtbekannte Neonazis, Rechtspopulisten und auch vorbestrafte Gewalttäter. So lud etwa der Münchner Rechtsaußen und NPD-Funktionär Karl Richter, der für die ausländerfeindliche „Bia“ im Stadtrat sitzt, bei Facebook Bilder von sich hoch, die ihn auf der Demo zeigen. Laut „Aida-Archiv“ marschierten außerdem mit: Neonazi und Kameradschaftskader Philipp Hasselbach („Die Rechte“); mehrere Mitglieder der mittlerweile verbotenen rechtsradikalen Organisation „Freies Netz Süd“. Renate Werlberger, Roland Wuttke und weitere NPD-Funktionäre sowie Islamhasser Michael Stürzenberger („Die Freiheit“).

Kam es bei den Demonstrationen zu Zwischenfällen?
Laut Polizei gab es Versuche von Gegendemonstranten die Absperrungen zu durchbrechen. Erfolglos. Vereinzelt wurden Flaschen und Eier geworfen. In der offiziellen Polizei-Bilanz verlief die Versammlung „störungsfrei“. Allerdings kam es im Anschluss am Hauptbahnhof zu einem Zwischenfall. Laut Polizei hatten Beamte am Treppenaufgang an der Arnulfstraße zwei Personen festgenommen, die versucht hatten, Bagida-Teilnehmer anzugreifen. Unterstützer der Festgenommenen, die zum Teil vermummt waren, warfen daraufhin mit zwei Holzpaletten, einer Warnbake mit Ständer, einem Brett und einer Mülltonne nach den Polizisten. Ein Beamter wurde von der leeren Tonne am Kopf getroffen. „Er wurde kurz bewusstlos“, sagt Polizeivizepräsident Robert Kopp. Diagnose: leichtes Schädelhirntrauma. Ein zweiter Beamter wurde getroffen, aber nicht verletzt.

Gab es weitere Verletzte?
Bei der Polizei ist von verletzten Demonstranten nichts bekannt. Zeugen beobachteten aber einen Gegendemonstranten, der nach einem Versuch eine Absperrung zu durchbrechen, mit einer stark blutenden Kopfplatzwunde auf der Sonnenstraße stand. Offenbar wurde er bei einer Auseinandersetzung auf Höhe der Landwehrstraße verletzt. Ein Polizist berichtete seinen Kollegen vor Demonstranten von einem Schlagstockeinsatz in diesem Bereich.

Warum unternahm die Polizei nichts, obwohl zahlreiche Bagida-Teilnehmer sich vermummt hatten?
Polizeivizepräsident Robert Kopp sind die Vermummten nach eigenen Angaben nicht aufgefallen. Auf Nachfrage sagte er gestern, es sei aber auch nicht üblich, dass in solchen Fällen Beamte direkt in die Gruppe der Versammlungsteilnehmer hineingehen. Ein Reporter-Kollege sagte der AZ, ein Beamter habe ihm erklärt, man würde nicht eingreifen, da es sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit handle.

Wie viele Festnahmen gab es?
Die Polizei nahm insgesamt 13 Personen fest. Sechs sollen an der Ausschreitung am Hauptbahnhof beteiligt gewesen sein. Ein Rechtsextremer wurde mitgenommen, weil er den Hitlergruß gezeigt hatte, ein junger Mann wurde wegen Beleidigung angezeigt.

Was ist an den kommenden Montagen geplant?
Die Initiative „Bellevue di Monaco“ plant laut aktueller Pressemitteilung derzeit keine weitere Kundgebung. „Wir stehen zu gegebener Zeit parat, auf der Straße oder in Goldgrundmanier in anderen Formen des Protestes für ein offenes München, das geflüchteten Menschen hier eine neue Heimat gibt. Wir sehen dem Niedergang von Bagida gelassen entgegen und hoffen, dass der Spuk schnell aufhört“, heißt es. Bagida und der kleinere Pegida-Ableger Muegida hingegen haben für kommenden Montag wieder Kundgebungen angemeldet.

 

 

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