Weitere Filialschließungen in München? Das sagt die Stadtsparkassen-Vorständin

München - Sabine Schölzel ist seit 2021 Mitglied des Vorstandes bei der Stadtsparkasse München. Hier kümmert sie sich um den Filialvertrieb, die digitalen Vertriebskanäle sowie um das Vertriebsmanagement. Zuletzt herrschte vor allem unter Senioren viel Unmut über die Schließung einiger Filialen. 2013 waren es im Münchner Stadtgebiet noch 80 personenbesetzte Häuser, 2023 sind es 47. Schölzel erklärt, wie sich die Stadtsparkasse künftig aufstellen möchte.
AZ: Frau Schölzel, inzwischen gibt es seit Jahrzehnten Online-Banking. Auch die Stadtsparkasse hat so einige Filialen geschlossen. Wie sieht diese Strategie für die Zukunft aus?
SABINE SCHÖLZEL: Unsere Filialen haben für uns eine hohe Bedeutung. Wir spüren und wissen, dass sie auch unseren Kunden sehr wichtig sind. Sie brauchen Sicherheit und wollen wissen, wohin geht es? Das gilt auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Im Sinne von Arbeitsplatzsicherheit?
Die Arbeitsplätze sind bei uns sicher. Eher im Sinne von: Wo ist mein Arbeitsplatz, in welchem Team, mit welcher Führungskraft? Deshalb haben wir uns 2022 intensiv mit unserem Filialnetz beschäftigt und stehen zur Präsenz in der Fläche. Das unterscheidet uns übrigens von so manchem Wettbewerber.
Stadtsparkassen-Filialen in München: "Unsere aktuellen Standorte bleiben"
Aber man sieht ja, dass viele Ihrer Filialen weggefallen sind.
Wir passen uns an das veränderte Verhalten der Kundinnen und Kunden an. Wie gesagt: Unsere aktuellen Standorte bleiben – und werden modernisiert. Dieses Jahr sind es vier Filialen. Wichtig ist uns, dass man diskret und in angenehmer Atmosphäre über Finanzthemen sprechen kann.

Klingt, als ob Sie Versäumnisse Ihrer Vorgänger ausbügeln.
Das finde ich nicht. Filialen machen die Stadtsparkasse sichtbar. Aber der persönliche Kontakt findet nicht nur in der Filiale statt. Der mediale Vertrieb wurde zum Beispiel sehr stark ausgebaut. Wir erhalten 2.000 Anrufe täglich, die top ausgebildete Beschäftigte beantworten.
Viele Kunden lassen sich lieber per Video beraten als in der Filiale
Telefonservice, von der Adressänderung bis zur Anlageberatung?
So ist es. Auch per Video, damit fühlen sich viele Kunden wohler als persönlich in der Filiale.
Die Sparkasse hat vor allem kleinere Standorte geschlossen, mangels Nachfrage. Jetzt gibt es Warteschlangen am Harras oder Rotkreuzplatz. Hat man es da ein wenig übertrieben?
Wo der Bedarf größer geworden ist, passen wir uns an. Über den Jahreswechsel haben wir die Öffnungszeiten in vielen größeren Filialen wieder erweitert.
Ein Lernprozess?
Das Kundenverhalten ändert sich auch. Viele nutzen heutzutage ausschließlich das digitale Angebot. Nehmen Sie die Fotoüberweisung per Smartphone. Innerhalb von Sekunden ist das Formular fertig. Es dauert viel länger, eine Überweisung händisch auszufüllen. Und all das haben wir im Blick. Und wir wollen natürlich dort sein, wo es viel Laufkundschaft gibt.
Dass alle Geldautomaten gleichzeitig funktionieren, könne man nicht garantieren
An manchen Selbstbedienungsstandorten der Stadtsparkasse ist ein Automat. Wenn der ausfällt, steht man hilflos da.
Wir arbeiten täglich daran, dass alle Geräte funktionieren und werten das exakt aus. Unsere sogenannte Funktionalitätsrate beträgt 98 Prozent. Das ist ziemlich gut.
Sind hundert Prozent möglich?
Ehrlich gesagt nein.
Warum?
Manches können wir nicht beeinflussen. Bei Einzahlungsautomaten etwa landen immer wieder mal Knöpfe oder Büroklammern in den Geräten. Die fallen dann aus, bis sie repariert sind.
Geld, das auf Hochzeiten verschenkt wird, ist ein Problem für Geldautomaten
Wodurch fallen Automaten noch aus?
Sie kennen bestimmt die stark gefalteten Geldscheine, die bei Hochzeiten verschenkt werden. Die bleiben oft in den Automaten stecken, wenn man sie einzahlt. Auch wenn Scheine geklebt oder gerissen sind, kann das passieren.
Kommen wir zurück zum Filialnetz. Es lässt sich ja nicht leugnen, dass die Stadtsparkasse die Zahl ihrer Filialen – wie auch die Banken-Konkurrenz – über die Jahre verkleinert hat.
Es ist wichtig zu sehen, was der Bedarf ist und was die Konkurrenz macht. Und die zieht sich in der Stadt stark zurück, was sich bei uns positiv auswirkt.
Zur Münchner Stadtsparkasse kommen jede Woche 600 Neukunden
Haben Sie also viele Neukunden?
Wöchentlich zählen wir 600 neue Kontoeröffnungen. Viele Neukunden sagen, dass ihre Bank die Filiale geschlossen hat oder das Schließfach umzieht. Deshalb kommen sie zu uns. Ich finde das ohnehin spannend. Viele Kunden wollen immer noch Bargeld, obwohl sich das meiste mit Karte bezahlen lässt.
Woran liegt das?
Eine Erklärung könnte eine bessere Kontrolle über das Monatsbudget sein.
Wie viele Kontoschließungen verbuchen Sie wöchentlich?
Derzeit bis zu 450.
Werden Kontoführungsgebühren bei der Münchner Stadtsparkasse wieder abgeschafft?
Bei vielen Filialschließungen kleinerer Standorte war das Argument zu hören, dass das Zinsniveau so niedrig sei und man daher so kaum Geld verdienen könne. Beim aktuellen Zinsstand müsste die Stadtsparkasse im Umkehrschluss doch wieder Filialen eröffnen?
Die Situation hat sich definitiv gebessert. Ich bin froh, dass der Zins wieder seine Mechanik hat, dass wir aus dem Niedrigzins herausgekommen sind.
Auch Kontoführungsgebühren wurden ja eingeführt. Wird es wieder kostenfreie Girokonten geben?
Nein, daran glaube ich nicht.
Warum?
Weil wir einen hohen Aufwand betreiben, die Konten zur Verfügung zu stellen. Apps, Filialen, Online-Banking – all das kostet Geld und muss seinen Preis haben.
Filialen nur für Studierende: Für die Münchner Stadtsparkasse "hochspannend"
An der Ecke Barer und Schellingstraße wird der Stadtsparkassen-Standort zu einer Art Studierendenfiliale umgewidmet.
Das ist wegen der Nähe zur Uni hochspannend für uns. Wir haben festgestellt, dass Studierende das persönliche Beratungsgespräch sehr schätzen. Das neue Konzept richtet sich übrigens an alle jungen Menschen.
Viele Senioren der Gegend fühlen sich seither abgehängt.
Der Geldautomat bleibt.
Während Corona wurden sehr viele Geschäftsflächen frei. Was hätte denn dagegen gesprochen, einfach eine zusätzliche Filiale zu eröffnen, nur für Studierende?
Im Umfeld der Barer Straße haben wir schon zwei weitere Standorte. Einer davon ist etwa 650 Meter entfernt. Und der Standort, der nun umgewidmet wird, ist als Raum für junge Menschen einfach ideal. Derzeit wird umgebaut. Im Herbst ist die Eröffnung.
Ist es der erste Standort seiner Art in München, für junge Leute?
Ja.
Schließfächer bei der Münchner Stadtsparkasse sind sehr beliebt
Was empfehlen Sie Senioren, die sich nun abgehängt fühlen? Schließfächer wurden von der Barer Straße in die Ungererstraße verlegt.
Schließfächer funktionieren natürlich nur in Präsenz. Und sie sind übrigens heiß begehrt. In der Filiale in der Ungererstraße gibt es noch freie Fächer.
Was wird darin eigentlich gelagert?
Ich selbst habe darin mein digitales Backup, für alle Fälle. Festplatten mit meinen Zeugnissen etwa. Dateien, die nicht zu ersetzen wären. Ich glaube, die meisten lagern auch einzigartige Fotos oder Erinnerungsgegenstände.
Aber zurück zu den Senioren. Viele sind nicht mehr so mobil. Was sagen Sie, wenn die plötzlich nicht mehr nur über die Straße zu ihrer Filiale gehen können, sondern mindestens einen Kilometer zurücklegen müssen?
Ich wiederhole mich. Unser Filialnetz ist das größte und breiteste der Stadt. Unsere Kunden sind gut versorgt.
133 Standorte, auf einer Stadtfläche von 310 km².
90 Prozent unserer Kunden können ihre Filiale innerhalb von fünf Minuten erreichen, inklusive öffentlicher Verkehrsmittel. Jeder, dem eine persönliche Filiale wichtig ist, ist in München bei der Stadtsparkasse am besten aufgehoben. Wir hängen niemanden ab und haben für jeden eine Lösung.
Das größte Problem beim Online-Banking: Kunden haben ihre PIN vergessen
Sie bieten auch Online-Banking-Kurse für Senioren an. Warum sind die nicht allzu prominent beworben?
Das hat sich mit Corona verzögert. Aber jetzt geht es wieder langsam los. Für Senioren ist so ein Kurs toll, um unter Gleichgesinnten etwas Neues zu erlernen.
Was ist das größte Problem der Online-Banking-Nutzer?
Das häufigste Problem ist: PIN vergessen.
Sind die Schulungen kostenfrei?
Für unsere Kunden, ja.
Stadtsparkassen-Chefin Schölzel ist sicher: Die Girocard bleibt auch in Zukunft das wichtigste Zahlungsmittel
Ein Ausblick: Wie sieht das Filialnetz der Stadtsparkasse in zehn bis 20 Jahren aus?
Das ist schwer zu sagen und hängt vom Bedarf ab. Entweder wird alles noch digitaler oder wir schätzen den persönlichen Kontakt wieder mehr. Ich persönlich glaube, der individuelle Kontakt wird in Zeiten der Digitalisierung wieder wichtiger.
Noch ein Ausblick: Sie selbst zahlen meistens mit Ihrer Uhr, haben Sie erzählt. Wie zahlen wir alle in zehn bis 20 Jahren?
Gute Frage. Ich glaube, die Girocard wird weiterhin das meistverbreitete Zahlungsmittel sein. Sie wird ständig weiterentwickelt. Wir bringen gerade eine Mischform auf den Markt, aus Girocard und Kreditkarte. Damit kann man alle Bezahlgeschäfte abdecken. Sie ist auch digitalisierbar, per Handy oder Smartwatch. Technisch ist das eine riesige Weiterentwicklung. Die Girocard hat in Deutschland die höchste Akzeptanz.
Keine implantierten Chips?
Technisch ist das schon möglich. Aber ob sich das durchsetzt? Es gibt viele offene Fragen, wie: Wandert das Handy irgendwann in den Körper? Oder zumindest auf die Brille? Uns ist es wichtig, alle Service-Prozesse im Alltag zu vereinfachen. Und da sehe ich ein großes Potenzial in der Sprachsteuerung.