Wegen Warnstreik: Lufthansa streicht am Mittwoch fast alle Flüge
Frankfurt/Main - Die Lufthansa streicht wegen des Verdi-Warnstreiks am Mittwoch nahezu das komplette Flugprogramm an ihren deutschen Drehkreuzen Frankfurt und München. Dies teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Die Gewerkschaft hat die rund 20.000 Bodenbeschäftigten zu flächendeckenden Arbeitsniederlegungen aufgerufen, um Druck in den laufenden Gehaltsverhandlungen aufzubauen.
In München streicht die Lufthansa 345 Flüge, 15 davon bereits am Dienstag. Davon betroffen sind laut Lufthansa 42.000 Fluggäste. Wer von einem gestrichenen Flug betroffen ist, werde heute informiert und nach Möglichkeit auf alternative Flüge umgebucht. Dafür seien die Kapazitäten aber begrenzt. Weitere Flugabsagen gibt es auch am Donnerstag und Freitag. Passagiere ohne Umbuchungen sollten nicht zu den Flughäfen kommen, weil dort «nur wenige oder gar keine» Serviceschalter geöffnet sein werden, warnte das Unternehmen.
Lufthansa-Passagiere beschweren sich im Netz
Im Netz beschwerten sich Passagiere über kurzfristige Absagen von Interkontinentalflügen in die USA oder nach Hongkong. Das sind in aller Regel die letzten Flüge, die Lufthansa im Streikfall streicht. Lufthansa warnte Umsteiger davor, ohne Anschlussflug an die deutschen Drehkreuze zu fliegen. Es bestehe die Gefahr, dass die Gäste dort für mehrere Stunden oder Tage nicht weiterreisen könnten.
Der ganztägige Ausstand soll am Mittwochmorgen um 03.45 Uhr beginnen, wie Verdi bekanntgegeben hat. Aufgerufen sind ganz unterschiedliche Beschäftigtengruppen wie das Schalterpersonal, Flugzeugtechniker oder die Fahrer der riesigen Schlepper, die Flugzeuge am Flughafen auf die richtigen Positionen schieben. Ohne diese Dienstleistungen können die Jets ebenso wenig abheben wie ohne Piloten oder Kabinenpersonal.
Lufthansa: "frühe Eskalation"
Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann spricht von einer "frühen Eskalation nach nur zwei Verhandlungstagen", die enorme Schäden anrichte. Das Paket, das die Lufthansa der Gewerkschaft angeboten hat, beinhalte "sehr substantiellen Vergütungssteigerungen im Zeitraum der nächsten 12 Monate".
Neben München ist auch der Flughafen Frankfurt von den Maßnahmen betroffen: Dort werden 678 Flüge gestrichen, davon 32 am Dienstag. Dort sind laut Angaben von Lufthansa 92.000 Fluggäste betroffen. Auch die Flughäfen Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Bremen, Hannover, Stuttgart und Köln werden in Mitleidenschaft gezogen. Der Lufthansa-Konzern unterhält dort meist kleinere Einheiten, die ihre Dienstleistungen auch anderen Airlines anbieten. In Bayern ist am Freitag der letzte Schultag vor den Sommerferien.
Der erste Streik bei Lufthansa nach dem Corona-Schock kommt vor dem Hintergrund eines teilweise chaotisch verlaufenen Neustarts der Branche. Personalengpässe und eine starke Urlaubsnachfrage haben schon ohne Streiks zu erheblichen Abfertigungsproblemen in diesem Sommer geführt. Verdi macht dafür vor allem Missmanagement bei Flughäfen und Airlines verantwortlich. Der Lufthansa-Airline-Chef Jens Ritter sieht hingegen die erreichten Fortschritte durch die Streikankündigung in Frage gestellt. Der Ausstand werde Kunden und Personal über den Streiktag hinaus belasten, sagte Ritter auf der Plattform LinkedIn.
Lufthansa hat nach eigenen Angaben bei einer Laufzeit von 18 Monaten eine zweistufige pauschale Gehaltserhöhung um zusammen 250 Euro angeboten, zu der ab Juli kommenden Jahres noch eine gewinnabhängige Steigerung um 2 Prozent käme. Bei einem monatlichen Grundgehalt von 3000 Euro ergäbe sich daraus eine Steigerung von 9 bis 11 Prozent, rechnete das Unternehmen vor. Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle bezeichnete das Beispiel als «schöngerechnet». Für andere Gehaltsbereiche betrage die Steigerung nur rund vier Prozent und bringe damit für die Beschäftigten Reallohnverluste, sagte sie «Stuttgarter Zeitung» und «Stuttgarter Nachrichten» (Dienstag). Die Gewerkschaft fordert bei 12 Monaten Laufzeit 9,5 Prozent mehr Geld in den Lohntabellen, mindestens aber 350 Euro.
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