"Außerhalb der Box denken": Was Münchens Einkaufszentren gegen den Leerstand tun wollen

Münchens ältestes Einkaufszentrum, das Olympia-Einkaufszentrum, und das jüngste, das Forum Schwanthalerhöhe, haben dasselbe Problem: viele der Geschäfte stehen leer. In beiden Fällen sollen Künstler die Shopping-Zentren attraktiver machen. Kann das funktionieren?
Eva von Steinburg
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Supermarkt und Apotheke, das funktioniert am Forum Schwanthalerhöhe. Andere Geschäfte wechseln oft den Mieter.
Supermarkt und Apotheke, das funktioniert am Forum Schwanthalerhöhe. Andere Geschäfte wechseln oft den Mieter. © Eva von Steinburg

München - Die große Decathlon-Filiale ist vor vier Monaten ausgezogen. Das vegetarische Kairo Kitchen hat auch zugemacht. Erst letzte Woche schloss Tee Motion im Untergeschoss.

Im Forum Schwanthalerhöhe, Münchens jüngstem Einkaufszentrum, stehen viele Läden leer. Ihre Schaufenster sind dunkel, die Regale verwaist, wie gerade bei Reno, dem ehemaligen großen Schuhgeschäft im Erdgeschoss. Mindestens zehn Läden sind ohne Mieter.

Leere in Münchens Einkaufszentren: Nur zum Oktoberfest ist das Forum Schwanthalerhöhe voll 

"Bei uns gibt es viel Wechsel. Dabei ist klar, je mehr Läden, desto besser für uns alle. Jemand hat es im Forum mit Parfüm versucht, einer sogar mit Milchreis, doch auch die Suppenküche hat wieder zugemacht. Das ist schade, denn die Atmosphäre hier ist sehr angenehm und modern", erklärt eine Metzgerei-Verkäuferin im Untergeschoss.

Rollos unten: Mindesten zehn Geschäfte stehen in dem Einkaufszentrum an der Theresienwiese leer.
Rollos unten: Mindesten zehn Geschäfte stehen in dem Einkaufszentrum an der Theresienwiese leer. © Eva von Steinburg

Wenn auf der Theresienwiese viel los ist, erlebt das Einkaufszentrum auf der Theresienhöhe 5 jedes Mal einen Kundenansturm, sagen Angestellte. Nicht nur die zwei Trachtenläden, auch Restaurants, Segafredo und die Döner Liebe.

Forum Schwanthalerhöhe: Center-Management versucht es jetzt mit einer Künstler-Galerie

Heidi Nickel ist Inhaberin des Isar-Kollektivs. Der Laden bietet Handwerk und Geschenke aus lokalen Werkstätten an. Das sorgt für Münchner Lokalkolorit im Einkaufszentrum. "Mein Laden geht gut. Er liegt gleich am Eingang zur Schießstättstraße im Westend, das ist eine belebte Ecke", erklärt sie.

Die Inhaberin verkauft Ringe und Ohrringe aus Upcycling-Leder, Handyketten, Postkarten – und bedauert ausdrücklich, dass das Kinder- und Jugendmuseum nun nicht in das Haus zieht, sondern nach Riem. "Es ist ein bisschen trostlos, wenn Läden leerstehen. Denn die Atmosphäre bei uns ist sehr schön und hochwertig. Ein guter Schuhladen fehlt, es könnte mehr Handwerkliches geben und etwas für Männer."

Im Herbst wird das Deutsche Museum mit einer Ausstellung ins Forum Schwanthalerhöhe ziehen

Für das leere Reno-Geschäft, wenige Meter vom Isar-Kollektiv, hat sie einen Vorschlag: "Hier könnte vielleicht eine Spielstation für Kinder hinein, so etwas wie das Bällebad bei Ikea. Das ist eine Attraktion, die Eltern Zeit zum Einkaufen gibt."

Das Center-Management des Forums will nun Künstlern mehr Raum geben.
Das Center-Management des Forums will nun Künstlern mehr Raum geben. © Eva von Steinburg

Center-Manager Vladimir Tinchev hat Anfang des Jahres eine Künstler-Galerie in das Einkaufszentrum geholt. Er beteuert, "außerhalb der Box" zu denken, will neben Kunst auch Freizeit, Taekwondo und Tanz im Haus integrieren. Er ist mit vielen Akteuren aus dem Kiez im Gespräch.

So wird das Einkaufszentrum ab Herbst zum Interims-Quartier für das "Multikulturelle Jugendzentrum Westend". "Wir sind dabei unsere freien Räume mit interessanten lokalen Konzepten zu beleben", sagt Tinchev. Das Deutsche Museum eröffne im September eine Ausstellung im Untergeschoss.

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Olympia-Einkaufszentrum: Auch in Münchens ältestem Shoppingcenter ist Leerstand ein Problem

In Münchens Norden, im Olympia-Einkaufszentrum, ist die Lage ähnlich. Sportnahrung und Brillen, Vintage-Trikots und Parfüm. Im ältesten Einkaufszentrum der Stadt gibt es vieles. Doch bei 14 Läden sind momentan die Rolltore unten.

Darauf steht die Ankündigung für ein neues Geschäft – oder eine bunte Eigenwerbung für das OEZ. C&A baut gerade um. Der Turnschuhladen Sidestep hat Räumungsverkauf. Schmuckrausch hat das Rollgitter heruntergelassen.

Das Olympia-Einkaufszentrum hat sich vom Anschlag, der hier 2016 passiert ist, nie ganz erholt.
Das Olympia-Einkaufszentrum hat sich vom Anschlag, der hier 2016 passiert ist, nie ganz erholt. © Daniel von Loeper

Deshalb haben die Lokalpolitiker aus Moosach jetzt beantragt, dass lokale Künstler, die dringend Räume für ihre Arbeit suchen, temporär OEZ-Läden nutzen können. "Wir bekommen Anfragen von Kreativen, weil ihre Ateliers wegen Abriss verschwinden. Warum können Kreative leere Ladenräume nicht nutzen, bis sie neu vermietet sind?", sagt Wolfgang Kühn (SPD), BA-Chef von Moosach.

Als das OEZ aufgemacht hat, war es das größte Einkaufszentrum in Bayern

Das OEZ, 1972 zu den Olympischen Spielen eröffnet, ist eines der größten Einkaufscenter in Bayern. Auf zwei Etagen gibt es über 130 Geschäfte, Cafés, Restaurants, auch Friseure und Nagelstudios.

Auch im OEZ ist man für Zwischenvermietung an Kreative offen, sagt ein Manager der AZ.
Auch im OEZ ist man für Zwischenvermietung an Kreative offen, sagt ein Manager der AZ. © Daniel von Loeper

"Früher hatte das OEZ einen Einzugsradius von 80 Kilometern. Kunden kamen aus Dachau oder Fürstenfeldbruck. Inzwischen gibt es andere Shopping Center. Nach dem Attentat am OEZ hat es schlagartig an Zuspruch verloren. Das war ein Stachel, der lange Zeit gewirkt hat. Dazu kam Corona und steigende Käufe im Internet", so hat Wolfgang Kuhn die Herausforderungen mit dem früheren OEZ-Betreiber einmal analysiert.

Stadtviertelpolitiker könnten sich Schachturniere oder Events für Kinder im OEZ vorstellen

BA-Chef Kuhn hat selbst zuletzt eine Schuhcreme und neue Schuhbandl im OEZ in der Hanauer Straße 68 gekauft. Die Lokalpolitiker in seinem Gremium sind voller Ideen. Moosacher Vereine könnten in einem freien Laden Schachturniere veranstalten oder ein Kinderschminken am Nachmittag.

"Das würde uns wirklich gefallen, wenn solche Aktionen gehen. Unsere Bürger brauchen mehr Aufenthaltsflächen", findet Wolfgang Kuhn. OEZ-Manager Torsten Keller erklärt im Gespräch mit der Abendzeitung: "Wir sind sehr offen für eine Zwischenvermietung an Künstler und gehen gerne in Gespräche."

Ein Schuhladen, kurz davor dichtzumachen. Das Olympia-Einkaufszentrum war einst eines der wenigen Einkaufszentren. Das ist vorbei.
Ein Schuhladen, kurz davor dichtzumachen. Das Olympia-Einkaufszentrum war einst eines der wenigen Einkaufszentren. Das ist vorbei. © Daniel von Loeper

Zu den leeren Geschäften gibt er zu Bedenken: "Was für den Kunden, wie ein Leerstand aussieht, ist oft schon keiner mehr. Neue Mieter warten auf ihre Baugenehmigung oder bauen den Laden bereits hinter den Kulissen um", erklärt er.

Ein Beispiel: Fünf der freien Läden im OEZ würden gerade zu einem großen zusammengelegt. Neue Nutzer sind also willkommen: Im bunten Mira-Einkaufszentrum in der Schleißheimer Straße hat es bereits geklappt. Künstler der Domagkateliers konnten hier ausstellen.

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33 Kommentare
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  • doket am 28.06.2023 08:30 Uhr / Bewertung:

    Aber das kann doch gar nicht sein, dort gibts doch Parkplätze.

  • Weigand am 28.06.2023 05:25 Uhr / Bewertung:

    Vielleicht sollte man sich eingestehen daß Einkaufszentren out sind. Gründe zu genüge bekannt. V.a. Internet.Bzw. amazon.Da helfen auch irgendwelche genialischen Konzepte nicht.Das Konsumbudget -"Tischtuch" deckt ja alle Vertriebswege ziemlich genau ab . Wenn ein player an einer Ecke zieht(Internet) ist die andere halt nackt.Besonders in einer stagnierenden Wirtschaft.

  • redflokati am 28.06.2023 01:41 Uhr / Bewertung:

    Ich lebe im Westend ...... und das ist leider ein geiles Eck .... keine Lust wie alle die ich kenne in das komische EKZ zu gehn zwinkern

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