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Was CSU-OB-Kandidat Clemens Baumgärtner mit München vorhat: "Da ist was ins Rutschen geraten"

Der Wirtschaftsreferent soll für die CSU die Kommunalwahl in München 2026 gewinnen. Warum sich seine Partei für ihn entschieden hat und was er sich vorgenommen hat.
von  Christina Hertel
Zwei Freunde – ein Posten. Nun ist klar, wer ihn bekommt. Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (l.) wird der OB-Kandidat der CSU. Manuel Pretzl soll aber auch eine wichtige Rolle spielen.
Zwei Freunde – ein Posten. Nun ist klar, wer ihn bekommt. Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (l.) wird der OB-Kandidat der CSU. Manuel Pretzl soll aber auch eine wichtige Rolle spielen. © Sigi Müller

München - Unpünktlichkeit nimmt die Münchner CSU derzeit gelassen. Sogar einen Zuschlag von 15 Minuten, einer "Münchner Viertelstunde" würde er gewähren, sagte CSU-Chef Georg Eisenreich. Schließlich ist der Grund für die Verspätung aus seiner Sicht nicht Unhöflichkeit, sondern die grün-rote Verkehrspolitik. Und deshalb wartet der Justizminister gerne noch ein paar Minuten, bevor er die vielleicht wichtigste Pressekonferenz der Münchner CSU in diesem Jahr beginnt: die Vorstellung ihres OB-Kandidaten für die Kommunalwahl 2026.

Ein Geheimnis war es allerdings nicht mehr. Antreten wird Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). Am Montagmorgen nominierte der CSU-Bezirksvorstand den 48-Jährigen einstimmig.

Ausgerechnet ein Freund hat auf das gleiche Amt spekuliert

Baumgärtner, ein Jurist und Vater von zwei Kindern, begann seine politische Karriere 1996 als Bezirksausschuss-Mitglied in Untergiesing-Harlaching – zur gleichen Zeit wie Manuel Pretzl. Der ist inzwischen CSU-Fraktionschef im Stadtrat, Baumgärtner seit 2019 Wirtschaftsreferent. Beide sind befreundet. Und beide spekulierten bis vor Kurzem darauf, OB-Kandidat zu werden.

Er wäre ein herausragender Kandidat gewesen, der sich aber nun in den "Dienst der Sache" stelle, sagte Eisenreich über Pretzl und kündigte an: Der Fraktionschef werde in und nach dem Wahlkampf noch eine zentrale Rolle spielen. Gemunkelt wird, dass er gerne wieder Zweiter Bürgermeister werden würde.

Warum die Wahl nun auf Baumgärtner fiel? "Weil er als Wirtschaftsreferent gezeigt hat, dass er Elan hat und Dinge anpackt. Und das vermissen wir in München schmerzlich. Ich habe nichts gegen Gemütlichkeit, aber nach getaner Arbeit", sagte Eisenreich. Eine Anspielung auf Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der nicht gerade vor Schwung und Tatendrang zu sprudeln scheint?  Die Frage, was Baumgärtner besser als Reiter kann, wollte Eisenreich nicht beantworten. "Wir wollen einen sachbezogenen, themenorientierten Wahlkampf führen." Nächstes Jahr soll das Wahlprogramm stehen. Einige Ideen skizzierte Baumgärtner aber bereits.

"Stau, Stillstand, Schikane" –  das will Baumgärtner beim Verkehr ändern

Ganz oben auf der Agenda steht das Thema Verkehr. "Stau, Stillstand und Schikane sind Worte, die ich von ganz vielen Münchnern höre", sagte Baumgärtner und kündigte mehr als eine autofreundlichere Politik an: "Wir wollen mehr ÖPNV. Ausrufezeichen." Allerdings sei die Kassenlage "beengt". Deshalb steht auf Baumgärtners Prioritätenliste zuerst eine Taktverdichtung bei der U-Bahn. Auch weitere Buslinien will er schaffen. Das beste Mittel sei jedoch der U-Bahn-Ausbau.

Das Dieselverbot will Baumgärtner überprüfen. Ein Gericht hat die Stadt zu Maßnahmen verpflichtet, weil die Grenzwerte für Schadstoffe seit Jahren überschritten werden. Auch beschlossene neue Fahrradwege kämen bei einem OB Baumgärtner noch einmal auf den Prüfstand. "Wir müssen Lehren aus den gebauten ziehen. Wenige Menschen sagen, die sind richtig gut gelaufen. Wir müssen deshalb überprüfen, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist und Kritik ernst nehmen", sagte Baumgärtner. CSU-Fraktionschef Pretzl wird deutlicher: "Einen Radweg-Umbau an der Lindwurmstraße wird es mit der CSU nicht geben. Wir reden schließlich über 35 Millionen."

Mehr bezahlbaren Wohnraum wird ebenfalls im CSU-Wahlprogramm stehen. Schaffen will Baumgärtner mehr Wohnungsbau durch kürzere Genehmigungsverfahren. Bis zu sechs Jahre würden die inzwischen dauern, sagte er. Auch durch serielles Bauen (also durch Fertighäuser) will Baumgärtner den Wohnungsmarkt ankurbeln.

Investoren will Baumgärtner entgegenkommen. Die Richtlinien für eine "Sozialgerechte Bodennutzung (Sobon)", die Bauherren zu günstigem Wohnraum verpflichtet und die Grün-Rot in dieser Legislatur verschärften, will Baumgärtner wieder aufweichen. Er will zurück zu den Sobon-Regeln, die vor der Reform galten.

"München ist eine gute und schöne Stadt, aber da ist etwas ins Rutschen geraten"

Von den städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen im Norden und Nordosten will er sich verabschieden. In Feldmoching und bei Daglfing sind große Neubaugebiete geplant. Grün-Rot kann sich vorstellen, diese mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) durchzusetzen. Diese ermöglicht Enteignungen. Grundstückseigentümer sind deshalb dagegen. "Wir diskutieren seit zehn Jahren die SEM, aber es wurde noch keine einzige Wohnung errichtet. Das zeigt, dass das nicht der richtige Weg ist", sagte Baumgärtner. Stattdessen wolle er mit Eigentümern verhandeln und mit einzelnen Bebauungsplänen arbeiten.

Wichtig ist Baumgärtner Sauberkeit und Ordnung. "München ist eine gute und schöne Stadt, aber da ist etwas ins Rutschen geraten", sagte er. Der Hauptbahnhof sei das Tor zu München und das verdiene ein ordentliches Erscheinungsbild.

Clemens Baumgärtner, hier im Gespräch mit AZ-Reporterin Christina Hertel, würde als OB vieles anders machen.
Clemens Baumgärtner, hier im Gespräch mit AZ-Reporterin Christina Hertel, würde als OB vieles anders machen. © Sigi Müller

"Die Menschen verdienen eine ordentliche Krankenhaus-Versorgung"

Auch für die städtischen Krankenhäuser hat Baumgärtner andere Pläne als Grün-Rot und der Klinik-Chef. Der kündigte vor ein paar Wochen an, dass es künftig nur noch zwei große städtische Krankenhäuser geben soll. In Neuperlach und Schwabing hingegen sollen neben einer Basis-Notfallmedizin nur noch die Geriatrie bzw. die Kindermedizin bleiben. Baumgärtner will "vollumfassende Notaufnahmen" an allen Standorten. "Die Menschen verdienen eine ordentliche Krankenhaus-Versorgung", sagte er.

Jüngere Wähler möchte Baumgärtner mit öffentlichen Grillstationen an der Isar überzeugen. Dabei solle die Isar kein Ballermann werden. Gastronomie an der westlichen, also der innerstädtischen Isar-Seite würde München guttun, fügte Pretzl hinzu.

Insgesamt versuchte sich Baumgärtner als einen pragmatischen Macher zu präsentieren. Derjenige, der Super-Star Adele nach München brachte. Der die Automesse IAA ermöglichte. Und einer, der die Wiesn managt. Zumindest noch einmal darf er sie als Wirtschaftsreferent miteröffnen. Im März endet seine Amtszeit. Dann fängt er wieder als Rechtsanwalt an, sagte Baumgärtner. Und als Wahlkämpfer.

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