Wahlkampf um die Lindwurmstraße in München: Die CSU schwingt den ewigen Ideologie-Hammer
Mei, der Sendlinger Berg. Eine Kirche, alte Häuser mit Türmchen, ein Dorfplatz. Die CSU mag dieses Idyll also gegen den "IDEOLOGISCHEN TOTAL-UMBAU" schützen, wie es auf ihren Plakaten heißt. Wollen die bösen Ideologen die Kirche abreißen, das Türmchen zumauern, die Bäume fällen? Eigentlich nicht. Hier muss einfach nur – wie an vielen Ecken der Stadt – Platz umverteilt werden. Die Radler brauchen mehr, die Fußgänger, Gastronomie, Nachbarn. Und weil der Raum knapp ist, wird er dem Autoverkehr genommen werden müssen.
Dieses Vorhaben ernsthaft zu bekämpfen, indem man den Verlust einer Idylle beklagt – und auf den politischen Gegner mit dem ewigen Hammer des Ideologie-Vorwurfs eindrischt – auf die Idee muss man wirklich erstmal kommen.
Teile der CSU haben sich dermaßen in diese Strategie verbissen, dass man es wohl nur noch als kontraproduktiv-populistisch bezeichnen kann. Denn was ist es, wenn nicht ideologisch im langweiligsten Sinne, keine ernsthafte Debatte um eine Straße wie die Lindwurmstraße führen zu wollen – sondern einfach auf dem Status quo einer Verkehrs- und Stadtplanung zu beharren, der vielleicht in die 70er gepasst hat, aber sicher nicht ins Jahr 2023?
Für die Debatte muss man sich auch mal trauen, Ideen zu verteidigen
Dass die CSU mit Plakaten wie diesem punkten könnte, liegt aber auch an einer Schwäche der Grünen. Sie hätten oft gute Argumente. Aber: Warum hängen an der Lindwurmstraße keine Plakate, an denen man den Sendlingern erklärt, dass es aktuell die Chance gäbe, Platz von den Autokolonnen zurückzugewinnen?

Warum, um noch ein anderes Beispiel zu nennen, hat die CSU gegen Dieselfahrverbote das Bild etabliert, dass der arme Dieselfahrer aus dem Hasenbergl nicht mehr zur Arbeit zu kommen droht – aber niemand von der armen Rentnerin mit dem Schlafzimmer zur Landshuter Allee spricht, die unter den Abgasen leidet? Für eine angemessene verkehrspolitische Debatte muss man sich auch mal trauen, die Ideen zu verteidigen. Und sich nicht nur wehrlos beschimpfen lassen.
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