Vorbild Hamburg: Was die MVG schon ab nächstem Jahr für München plant

München - In Hamburg wird bereits darüber gesprochen, dass die Sammeltaxis mit dem futuristischen Namen "MOIA" bald schon ohne Fahrer unterwegs sein sollen - mit Fahrer gibt es das Angebot bereits seit 2019. In München ist man noch nicht ganz so weit: Hier soll diese "On Demand Mobilität", oder eben ein Sammeltaxi-System, aber baldmöglichst eingeführt werden, wenn es nach der grün-roten Rathauskoalition, aber auch der Opposition der CSU geht.
Neues Sammeltaxi für München: MVG MIJA soll kommen
Erstaunlicherweise ist die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) dem Stadtrat sogar schon etwas voraus, wie ein Eintrag im Handelsregister vom 16. September dieses Jahres zeigt: Da hat die MVG die Wortmarke "MVG MIJA" eintragen lassen. Darauf angesprochen, gibt sich die MVG aber noch zugeknöpft und sagt auf AZ-Anfrage lediglich, man habe "zur Weiterentwicklung der öffentlichen Mobilitätsangebote" vorsorglich eine mögliche Wort-Bild-Marke angemeldet. Diese Weiterentwicklung erfolge "vorbehaltlich der Zustimmung des Münchner Stadtrats".
Die wohlklingende Wortmarke "MIJA" weist darauf hin, dass man sich offenbar vom Hamburger Vorbild "MOIA" hat inspirieren lassen. Der Sammeltaxidienst wird in Hamburg und Hannover seit 2019 von einer Tochterfirma von Volkswagen betrieben. Mit Erfolg: 1,4 Millionen Menschen haben in Hamburg im Jahr 2022 die Elektro-Kleinbusse genutzt. Das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage der Linken hervor. In den ersten neun Monaten 2023 sollen es zwei Millionen gewesen sein.

Das On-Demand-System funktioniert so: Es gibt in der ganzen Stadt verteilt virtuelle Haltepunkte für die Sammeltaxis, bei denen man als Passagier zusteigen kann. Die Buchung erfolgt per App, die nach einer Fahrtanfrage gleich ein Fahrtangebot macht. Der dahinterliegende Algorithmus errechnet dabei die effizienteste Route für das Sammeltaxi und die Fahrtwünsche der Passagiere.
On-Demand-Mobilität in München: Von Hamburg lernen
Das Hamburger System hat diesen Herbst eine Münchner Delegation mit Stadträten selbst getestet. Veronika Mirlach, die mobilitätspolitische Sprecherin der CSU/FW-Stadtratsfraktion, war begeistert: "Insbesondere am Stadtrand, wo es weder Carsharing, noch einen durchgehenden Zehn-Minuten-Takt beim ÖPNV gibt" sieht sie Vorteile eines solchen Systems. Und: "Im Schnee-Chaos wären On-Demand-Fahrzeuge schneller wieder unterwegs gewesen als die Tram."

Ende November hat die grün-rote Stadtratsfraktion einen Antrag eingereicht, der die Einführung eines solchen Systems fordert, "erste Umsetzungsschritte" sollen bereits 2024 erfolgen. Dabei spielt, gerade in den Außenbezirken, auch das Geld eine Rolle. Eine Buslinie in den Nebenzeiten sei "kaum wirtschaftlich zu betreiben", sagt Nikolaus Gradl, der verkehrspolitische Sprecher der SPD/Volt-Fraktion. On-Demand-Systeme seien da wirtschaftlicher: "Wir können mit weniger Mitteleinsatz viel mehr erreichen und wesentlich passgenaueres Angebot für die Münchner*innen zur Verfügung stellen".
Moia in Hamburg: Kritik an Arbeitsbedingungen
Die wirtschaftlichen Umstände lassen aber in Hamburg aktuell einige Fragen aufkommen: Ende September hat die Gewerkschaft IG Metall wegen der Arbeitsbedingungen zum Streik aufgerufen. Ebenfalls in der Kritik ist, dass die Moia-Fahrer wegen der Steuerung per App nicht autonom entscheiden könnten, wann sie zum Beispiel eine Pinkelpause einlegen. Das Unternehmen widerspricht: Fahrer könnten jederzeit Sonderpausen machen, sagt Moia.

Die Sorge über prekäre Arbeitsbedingungen teilen die Münchner Politiker nicht: "Hier in München bei dem massiven Arbeitskräftemangel finden wir doch eh keine Mitarbeiter, wenn die Arbeitsbedingungen nicht stimmen - und das ist auch richtig so", sagt Gudrun Lux, Stadträtin der Grünen. Und: Das neue Angebot müsse erstmal ausgeschrieben, das "muss beinhalten, dass Unternehmen, die den Betrieb durchführen, Mitarbeiter zu guten Bedingungen beschäftigen".
VW hat über eine halbe Milliarde Euro investiert
In Hamburg heißt dieses Unternehmen VW. Ist in München denkbar, dass nicht der Platzhirsch BMW bei einem solchen Angebot zum Zug kommt? VW habe in Hannover und Hamburg mehr als eine halbe Milliarde Euro investiert, um Moia anzubieten, sagt SPD-Stadtrat Gradl. "Wir würden uns sehr freuen, wenn Moia in München ein vergleichbares Angebot aufbaut. VW ist am Standort München bereits mit autonomen Fahrzeugen engagiert. Natürlich ist eine solche Vergabe Objekt einer Ausschreibung.“
Dass dieses neue Sammeltaxi-System in München eingeführt werden soll, ist allerdings alles andere als neu: Bereits 2022 hat der Stadtrat das Mobilitätsreferat damit beauftragt, das zu tun. Wenige Wochen vor Grün-Rot hat auch die Fraktion der CSU/FW darauf gepocht, das System "endlich an den Start zu bringen". Das Mobilitätsreferat habe außerdem erklärt, dass Ideen dazu bereits in der Schublade lägen, so CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl.
Mit dem "Isartiger" gab es bereits ein Ruftaxi in München
Wer nun denkt, dass ihm das alles irgendwie bekannt vorkommt mit diesem Ruftaxi oder Sammeltaxi, der täuscht sich nicht: In München gab von 2018 bis 2020 ein Pilotprojekt der MVG mit dem Namen "Isartiger". Im März 2020 wurde es wegen der Corona-Pandemie eingestellt.

Nun also "MIJA" statt "Isartiger", offenbar auf expliziten Wunsch des Mobilitätsreferats sollte ein neuer Name für das Angebot her. Dem und allen anderen Details muss aber der Stadtrat noch zustimmen. Bis wann wirklich in München ein erstes "MIJA" per App bestellt werden kann, ist noch ungewiss.
- Themen:
- München