Vorbei mit 9-Euro-Ticket: Die Bilanz für München
München - Nie war es einfacher, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, als in den vergangenen drei Monaten. Niemand musste überlegen, in welcher Tarifzone er sich gerade befindet und ob er drei oder doch fünf Streifen abstempeln muss. Und nie war der ÖPNV so günstig. Für neun Euro war es möglich, einen Monat lang mit Bussen, U-Bahnen, aber auch in den Regionalzügen in Deutschland umherzufahren.
Das ist am Donnerstag vorbei. Mit dem August endet auch das Neun-Euro-Ticket. Zeit, Bilanz zu ziehen. Wie hat es den Verkehr in München verändert?
MVG verkaufte 1,75 Millionen Tickets
1,75 Millionen 9-Euro-Tickets hat die Münchner Verkehrsgesellschaft insgesamt verkauft. Vermutlich sind aber noch mehr Menschen mit den Öffentlichen in München umher gefahren. Schließlich war es auch möglich, die Fahrkarte in einer anderen Stadt zu kaufen und hier zu nutzen.
Bis zum Anschlag voll waren – zumindest die Münchner Verkehrsmittel in der Stadt und im Landkreis – trotzdem nicht. Die Busse, Trams und U-Bahnen waren laut einem Sprecher der MVG gerade mal etwa zehn Prozent mehr ausgelastet als vor dem Start des Neun-Euro-Tickets. Vor allem unter der Woche war der ÖPNV in Zeiten vor Corona sogar noch voller - obwohl die Fahrgäste damals viel mehr zahlen mussten.
Der ÖPNV war vor allem am Wochenende voller – Richtung Berge
An den Wochenenden hingegen nutzten etwas mehr Menschen als vor der Pandemie die öffentlichen Verkehrsmittel. Ähnlich sieht die Einschätzung des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) aus: Auch die Regionalbusse in den Landkreisen und die Münchner S-Bahn waren demnach etwa zehn Prozent voller. Die stärksten Anstiege waren in den Zügen der Bayerischen Regiobahn zu verzeichnen, die München mit dem Umland verbinden, so der MVV. Das Fazit des MVV: Die Kunden unternahmen mit dem 9-Euro-Ticket vor allem Fahrten zu Ausflugs- und Freizeitzwecken.
Restaurants und Wirtshäuser in der Innenstadt profitierten vom 9-Euro-Ticket
Zumindest an den Wochenenden profitierten davon auch die Restaurants und Wirtshäuser in der Innenstadt, weiß Daniela Ziegler vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband. Die Lokale dort seien wieder etwas voller gewesen als sonst. In anderen Stadtvierteln merkten die Wirte aber laut Ziegler nicht, dass mehr Gäste kamen. In den Geschäften in der Innenstadt sei nicht wesentlich mehr los gewesen als vor dem günstigen Ticket, sagt Wolfgang Fischer, der mit seinem Verein "City Partner" die Interessen der Händler in der Innenstadt vertritt. "Unsere Beobachtung war, dass die Menschen das Ticket eher nutzten, um an den Samstagen raus zu den Bergen und Seen im Umland zu fahren", sagt er. Auch der Autoverkehr in der Altstadt habe nicht signifikant abgenommen, so Fischer. "Die Parkhäuser waren genauso voll wie sonst."
Fischer hält es trotzdem für sinnvoll, beim ÖPNV durch einen günstigen Preis einen Anreiz zu setzen. Sein Vorschlag: Zumindest in der Altstadt sollten die Öffentlichen kostenlos sein - so, wie in Augsburg, wo man seit Anfang 2020 in der "City Zone" kein Ticket lösen muss.
OB Dieter Reiter will sich nicht auf einen Preis festlegen
Grundsätzlich, sagt Grünen-Fraktionschefin Mona Fuchs, gebe es in ihrer Partei eine große Offenheit für solche Vorschläge. Allerdings sei die große Frage, wie die Maßnahme finanziert werden könnte. Eigentlich sei die Münchner Innenstadt mit dem ÖPNV gut erschlossen, meint sie. "Vielleicht ist es bei vielen noch alte Gewohnheit, zum Shoppen mit dem Auto in die Stadt zu fahren."
Andere seien womöglich in ihrer Mobilität zu eingeschränkt, um einen Bummel mit Taschen und Tüten zu bewerkstelligen. Für diese Menschen wolle die Stadt bald ein Experiment starten, erzählt Fuchs. Wenn das Tal nächstes Jahr zur Fußgängerzone erklärt wird, sollen dort auch kleine Elektrobusse oder Rikschas fahren, die Menschen (wenn finanzierbar) kostenlos nutzen können. Gleichzeitig hofft Fuchs, dass aus dem 9-Euro-Ticket ein 29-Euro-Ticket wird, so, wie es die Grünen im Bund vorgeschlagen haben. Die SPD hatte wiederum ein bundesweites 49-Euro-Ticket ins Spiel gebracht.
Auf einen bestimmten Preis will sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nicht festlegen. Ihm ist vor allem wichtig, dass die Kommunen "erheblich mehr" Zuschüsse bekommen als heute, um den ÖPNV zu finanzieren – nicht nur die günstigen Tickets, sondern auch den Ausbau. "Für mehr Fahrgäste zu sorgen, ohne die Kapazitäten deutlich auszubauen führt dazu, dass die Zahl der unzufriedenen Fahrgäste deutlich steigen wird", prophezeit der OB.
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