Viele Einbrüche in München: Polizei verhaftet Chefs von Verbrecherclan

Die Münchner Polizei spürte einen europaweit agierenden Einbrecherclan auf: Ausschlag gab ein versuchter Einbruch im Januar 2016. Die Familie soll für zahlreiche Taten im Raum München und in Deutschland verantwortlich sein.
München - Ein Einbruch mit weitreichenden Folgen: Im Januar 2016 beobachteten Nachbarn zwei Mädchen, wie sie einen Einbruch in Lehel begehen wollten. Der Anstoß für Ermittlungen zu einem Clan, der für jeden fünften Einbruch in Deutschland verantwortlich sein könnte und europaweit aktiv ist.
Die beiden Mädchen wollten in einem Mehrparteienhaus in der Obermaierstraße einbrechen und wurden dabei von einer Zivilstreife der Polizeiinspektion 11 beobachtet. Die Beamten nahmen die Mädchen noch vor Ort fest.
Sie gaben zunächst eine falsche Identität an, doch die Polizei klärte die Personalien durch die Datenbank schnell. Sie gehören einer Großfamilie an, die organisiert in Häuser und Wohnungen einbricht, wie die Polizei berichtet.
Organisierte Verbrecherfamilie
Allein im Raum München ist der Clan für 13 Einbrüche verantwortlich. Die Mädchen werden verdächtigt, in zahlreiche weitere Anwesen eingebrochen zu sein, etwa in Hamburg, Frankfurt, Berlin sowie im Ausland unter anderem in Italien, Frankreich, Spanien und Belgien. Die Polizei geht davon aus, dass die Mädchen drei bis vier Einbrüche am Tag begingen. Der Schaden geht in die Millionen.
Das Hauptquartier der Einbrecherfamilie liegt im kroatischen Zagreb. Dorthin wurde stets die Beute geschickt. Die Einbrecherinnen und deren Helfer zogen durch Europa und weilten an einem Ort nur wenige Tage, je nach Verbrechen.
Der Clan unterteilte sich hierarchisch in der Familie: Die Ältesten waren die Drahtzieher, die gleichzeitig das Vermögen verwalteten. Darunter waren Väter und Onkel für die Organisation zuständig. Gegen sechs Mitglieder der oberen und mittleren Führungsebene wurden Haftbefehle erlassen, vier wurden bereits festgenommen.
"Es ist wie bei einem Kraken", sagte Reinhold Bergmann, Chef der Ermittlungsgruppe K51. "Wir haben einen Arm abgetrennt." Er rechnet damit, dass es 20 bis 30 Kraken-Arme gibt.
Mädchen perfekt vorbereitet
Ausgeführt wurden die Taten ausschließlich von Mädchen, die seit frühester Kindheit gelernt haben, mit Schraubzieher und Zange umzugehen. Die drei Mädchen, die in München aktiv waren, sind 14, 15 und 19 Jahre alt, sie wurden zu je zwei Jahren ohne Bewährung wegen gewerbsmäßig betriebenem Diebstahl verurteilt.
Bereits als Kinder werden die Mädchen auf ihre "Karriere" als Einbrecherinnen vorbereitet. Wenn es heißt, "Mama und Papa sind spazieren" wissen sie genau, was tatsächlich gemeint ist. "Spazierengehen" ist das Codewort für Einbruch. Die Kinder lernen das Handwerk von Eltern, Onkeln, Tanten, sogar von den Großeltern.
"Manche haben Schwierigkeiten mit dem Lesen oder Schreiben", erzählt ein Ermittler, "doch dafür können sie um so besser mit Einbruchswerkzeug umgehen." Bargeld, Schmuck, Kunstwerke – alles was die Mädchen erbeuten, geht an den Clan.
Zwei Clan-Chefs verhaftet, zwei auf der Flucht
Insgesamt fasste die Polizei 20 Mädchen, der Clan soll rund 480 Menschen umfassen. "Wir gehen davon aus, dass diese Gruppierung in Deutschland während der Dauer der Ermittlungen für nahezu jeden fünften Einbruch in Frage kommen kann", sagte Bergmann.
Eine Ermittlergruppe von Polizei und Staatsanwaltschaft reiste Anfang Mai in die Nähe von Zagreb und konnte dort in zwei Luxus-Villen eine Reihe von gestohlenen Gegenständen, darunter Schmuck und Kunstwerke im Wert von rund 100.000 Euro, sicherstellen. Zwei Clan-Chefs wurden verhaftet. Zwei weitere Verdächtige befinden sich auf der Flucht.
Einbrecher-Bräute kosten mehr als 100.000 Euro
Wahrscheinlich über Generationen betreiben die Clans ihr "Geschäft" - alles funktioniert wie in einer großen Firma, sagt Oberstaatsanwältin Anne Leiding. Alles war durchstrukturiert: Die Beschaffung von Unterkünften für die Diebeszüge, ein Anwalt für diejenigen, die erwischt wurden - und sogar Geldsendungen an "Kolleginnen", die im Gefängnis sitzen.
Die Beamten der Ermittlungsgruppe haben dem Clan schwer zugesetzt. Doch ganz zerschlagen ist die Bande nicht. Einige der Mädchen arbeiten inzwischen für einen anderen Zweig der Familie. Manche werden kurzerhand mit jemandem aus der Verwandschaft verheiratet. Dessen Familie bezahlt 100.000 Euro und mehr für die Braut. Je talentierter das neue Familienmitglied ist, um so höher ist auch der Preis für die Einbrecher-Braut.
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