Viele Barrieren in München: "Keine Fußgängerzone nur für Fitte"
München - Nach zwei Hüft-OPs hat es Gunda Krauss (82) mit ihrem Dreirad von München bis nach Rügen geschafft. Über den Marienplatz ist sie damit allerdings noch nie gekommen. Denn in der Fußgängerzone ist Dreiradfahren verboten - auch wenn einer wie Gunda Krauss das Laufen schwer und das Schieben ihres Gefährts noch schwerer fällt.
Grüne und SPD fordern mehr Barrierefreiheit in München
Mit seinem elektrischen Rollstuhl darf Oswald Utz, der Behindertenbeauftragte der Stadt, zwar überall hinfahren, trotzdem kann es für ihn mühsam sein, alle Orte in München zu erreichen. Denn auf ein Taxi warte er schon mal drei, vier Stunden, erzählt er. Denn so umgebaut, dass Rollstuhlfahrer einsteigen können, seien in ganz München höchstens zehn Taxis.
Gunda Krauss und Oswald Utz sollen es bald leichter haben in München. Grüne und SPD haben am Donnerstag in den Stadtrat eine Reihe von Anträgen eingebracht, die Barrieren abbauen sollen. Dazu gehört, dass bald mehr Taxis wie in London auf Münchens Straßen unterwegs sind (bloß, dass sie nicht schwarz sind, sondern gelb). Und dass Dreiräder bald auch in der Fußgängerzone erlaubt sein sollen.
Behindertengerechtes Fahren in München: Zuschuss für Taxiunternehmen
Den Behindertenbeauftragten Oswald Utz freut das: "Ich will keine Fußgängerzone, wo nur Junge und Fitte unterwegs sind." Deshalb wünscht er sich schon lange mehr "Pippi Langstrumpf" in der Verwaltung. Gemeint ist damit: einfach mal was ausprobieren, statt starr an bürokratischen Richtlinien festzuhalten.
Ein Ziel ist, mehr von den Taxis auf die Straßen zu bringen, die in London standardmäßig fahren. Denn diese sind so geräumig wie ein Großraumtaxi und gleichzeitig barrierefrei. Maximal 10.000 Euro Zuschuss sollen Taxiunternehmen von der Stadt bekommen, wenn sie sich ein solches Taxi anschaffen.
Bereits seit drei Jahren können Taxiunternehmen diese Summe beantragen, wenn sie ihre Autos behindertengerecht umbauen. Der Topf von 300.000 Euro wurde jedoch bei Weitem nicht ausgeschöpft: Bisher wurden erst drei Fahrzeuge bewilligt, doch keines fährt. Denn es gibt Lieferengpässe. Den Kauf eines London-Taxis hat die Stadt bislang nicht bezuschusst. Dabei hat es viele Vorteile, sagt Sophie Langmeier, die in der Grünen-Fraktion für Inklusion zuständig ist. Es gibt keine Hebebühne, die einen umständlich in den Kofferraum bugsiert, sondern eine kleine Rampe. Auf der Rückbank haben noch andere Menschen Platz.
Kaum Inklusionstaxis in München unterwegs
Sein Taxiunternehmen am Ostbahnhof sei bislang das einzige, das mit drei London-Taxis durch München fährt, sagt Taxler Johannes Meier-Credner. Der Kauf habe um die 70.000 Euro gekostet. Doch die Investition zahle sich aus: Inklusionstaxis gibt es in München sowieso kaum und solche, in denen sich die Fahrt nicht wie ein Transport anfühlt, erst recht nicht.
Auch in der Fußgängerzone wollen Grüne und SPD nicht mehr länger an bürokratischen Vorschriften festhalten. Bis jetzt war Gunda Krauss' Dreirad - es trägt den Namen Easy Rider - nicht als Hilfsmittel zugelassen. Doch würde sie bloß im Rollstuhl umherfahren, wäre sie wohl lange nicht so fit, sagt Krauss. Mit über 70 Jahren schaffte sie es mit ihrem Easy Rider bis Norddeutschland. "Radfahren macht gesund", sagt sie.
Hilfsmittel auf drei oder vier Rädern sollen deshalb erlaubt sein - ebenso wie Rikschas, wenn sie einen Menschen mit einem Behindertenausweis transportieren.
Außerdem soll es bald möglich sein, an noch mehr Orten in der Stadt Elektrofahrzeuge auszuleihen, kündigt SPD-Stadtrat Andreas Schuster an. Im Olympiapark und im Tierpark können alte und mobilitätseingeschränkte Menschen die Fahrzeuge bereits kostenlos mieten. Der Waldfriedhof und der Ostfriedhof sollen dazukommen.
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