Verbotene PKK-Flagge präsentiert: Abgeordnete auf der Anklagebank

München Nicole Gohlke wirft der deutschen Politik „Scheinheiligkeit“ vor. Und tauscht damit gleich zu Beginn der Verhandlung gegen sie erst einmal die Rollen. Eigentlich sitzt die die 39-jährige Bundestagsabgeordnete („Die Linke“) auf der Anklagebank. Wegen des Zeigens der verbotenen PKK-Flagge bei einer Demonstration muss sie sich vor dem Amtsgericht verantworten.
Die Zuschauerplätze im Saal 224 sind am Dienstag mit Gohlkes Sympathisanten gefüllt. Einige müssen vor der Tür ausharren. Die Luft im Saal ist auch so heiß und stickig. Da sorgt Richter Thomas Müller noch vor Beginn des Prozesses für die erste Überraschung. Er bietet Verteidigung und Staatsanwältin an, auf die Robe zu verzichten. Nichts gegen die Robenpflicht und die Würde der bayerischen Justiz, aber es ist einfach zu warm. Das stört beim Nachdenken, findet Müller und verzichtet seinerseits auf die Robe.
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Es folgt Überraschung Nummer Zwei: Nach der Verlesung der Anklage nutzt die Politikerin die Gelegenheit, um auf Widersprüche der deutschen Kurdenpolitik hinzuweisen. Deutsche Waffenlieferungen für den Kampf gegen den „Islamischen Staat“ gingen auch an die verbotene PKK, begründet sie ihre Vorwürfe.
„Weg mit dem PKK-Verbot!“ hatte sie schon auf der Demo „Solidarität mit Kobane“ am 18. Oktober 2014 auf dem Münchner Rindermarkt gefordert und der Bundesregierung damals „unerträgliche Heuchelei“ vorgeworfen. Dabei hielt sie die verbotene Fahne der PKK hoch. Für diese Aktion war sie von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. „Ob die Staatsanwaltschaft ermittelt, hängt von der politischen Entscheidung des Bundestags ab, meine Immunität aufzulösen oder nicht“, schrieb sie seinerzeit auf ihrer Homepage.
Es kam wie befürchtet: Der Bundestag hob ihre Immunität auf. Damit war der Weg für die Ermittler der Münchner Staatsanwaltschaft frei. Die kamen zu dem Schluss, dass die Bundestagsabgeordnete gegen das Vereinsgesetz verstoßen habe.
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Richter Thomas Müller beließ es gestern bei einer Verwarnung, „Ich habe geschimpft, aber nicht bestraft“, erklärte er sein Urteil. Einzige Auflage: 1000 Euro an gemeinnützige Zwecke. Laut Strafbefehl hätte sie noch 10 000 Euro bezahlen müssen.
Trotz des sehr positiven Ausgangs des Verfahrens erwägt Nicole Gohlke eine Berufung. Warum das? „Es geht ums Prinzip.“ Da kann dann auch eine Verwarnung schon zu viel geschimpft sein.