Urteil gefallen: Hebamme muss 15 Jahre ins Gefängnis
München - Neun Monate – die Dauer einer Schwangerschaft – hat sie im Prozess beharrlich geschwiegen und auf der Anklagebank kaum eine Miene verzogen. Nur wer genau hinschaute, mochte ein leises, siegesgewisses Lächeln bei ihr beobachten. Mehr nicht.
Schuldig wird die Hebamme Regina K. (35) dennoch gesprochen. Dem Schwurgericht reichen die Indizien, um die 35-Jährige zu 15 Jahren Haft wegen versuchten Mordes in sieben Fällen sowie schwerer und gefährlicher Körperverletzung zu verurteilen. Dazu wird ihr ein lebenslanges Berufsverbot auferlegt. Regina K. wird nie wieder als Hebamme oder anderswo im medizinischen Bereich arbeiten dürfen.
Lesen Sie auch: Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft für Hebamme
Seine Urteilsbegründung beginnt der Vorsitzende Richter Michael Höhne am Freitag mit den Zeugenaussagen zweier Väter, die den eigentlich schönsten Tag ihres Lebens als Horrortrip erlebten. Einer der beiden erinnerte sich: „Stellen Sie sich darauf ein, alleinerziehender Vater zu werden“, habe ihm ein Arzt gesagt.
In allen sieben Fällen in einer Klinik in Bad Soden sowie in Großhadern hatte die Hebamme bei Kaiserschnittgeburten blutverdünnende Mittel verabreicht. Eines der Mittel, Heparin, wird bei Fehlgeburten oder Abtreibungen angewendet.
Ein wichtiges Indiz für Höhne: Regina K. war die Einzige, die in allen Fällen Zugang zu den Patientinnen hatte. In einigen Fällen wussten sich die Ärzte nicht anders zu helfen, als den Frauen die Gebärmutter zu entnehmen.
Angeklagte nutzte Arglosigkeit aus
Die Folge: „Die vierjährige Julia (Name geändert) wird nie ein Geschwisterchen bekommen.“Die Patientinnen hätten „in der geschützten, klinischen Umgebung“ keinen Angriff auf ihr Leben erwartet. Immerhin sei es dieser Umgebung auch zu verdanken, dass keine der Frauen sterben musste, lobt der Richter die Arbeit der Ärzte in Großhadern.
Das Motiv der Hebamme: Sie nutzte die Arglosigkeit der werdenden Mütter aus, um ihren Frust abzubauen. „Sie war verärgert über die aus ihrer Sicht fehlende Wertschätzung und Anerkennung. Mit der Schaffung von Krisensituationen wollte sie ihren Ärger abreagieren.“
In einem Fall in Bad Soden stritt sie mit einem Assistenzarzt, in Großhadern war sie über die Verkürzung ihrer Arbeitszeit verärgert: „Dies hat sie als Geringschätzung ihrer Person empfunden.“
LKA nimmt österreichischen Millionenbetrüger fest
Die Angeklagte hatte die Vorwürfe bestritten und dann geschwiegen. Vor dem Prozess habe sie gesagt: „Wenn ich das gewesen wäre, dann wäre ich ja der Todesengel vom Kreißsaal.“ Das Schwurgericht bleibt unter der Forderung von Staatsanwalt Laurent Lafleur, der lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert hatte.
Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Regina K. nimmt das Urteil mit versteinerter Miene zur Kenntnis. Das Lächeln ist längst aus ihrem Gesicht verschwunden.
- Themen: