Umzug für Oma: Münchens rührendste Wohnungssuche

Maxvorstadt/Schwabing - Es vergeht kaum ein Wochenende, an dem Christine M. aus der Maxvorstadt nicht für ihre Enkel da ist. Die 64-Jährige aus der Maxvorstadt wohnt Haus an Haus mit den drei Buben Leon (13), Joel (10) und Laurin (6). Wenn die Eltern der Kinder, die beide selbstständig sind, arbeiten, war Christine M. seit dreizehn Jahren immer zur Stelle. Sie liest ihren Enkeln vor, sie geht mit ihnen ins Theater oder ins Museum. Die Kinder übernachten auch oft bei ihr. „Unsere Oma ist die liebste Oma der Welt“, sind sich die drei Brüder einig.
Doch jetzt hat die Familie aus der Maxvorstadt ein großes Problem. Christine M. muss aus ihrer Wohnung am Josephsplatz ausziehen. 39 Jahre wohnte sie dort. In den Räumen hat sie ihre beiden Töchter alleine großgezogen, hier hat sie mit 40 Jahren noch einmal begonnen, fürs Studium zu büffeln, fast zwei Drittel ihres Lebens war die Wohnung ihr Zuhause. Doch das Haus, das früher einer sehr mieterfreundlichen Eigentümerin gehörte, wurde im Mai verkauft. Der neue Eigentümer will die Wohnungen nun – wie so oft in München – luxussanieren und teuer neu vermieten.
„Mein alter Mietvertrag war leider fehlerhaft, ich habe es mit einer Kündigungsschutzklage versucht, aber jetzt ist es unausweichlich: Bis zum 31. März 2015 muss ich ausgezogen sein“, sagt Christine M. Es ist ein schwerer Schlag für die 64-Jährige. Die Wohnung galt im alten Vertrag als Hausmeisterwohnung. „Ich habe mich dafür um den Garten gekümmert und immer den Hausflur gereinigt.“ Das ist nun bald vorbei. „Es ist, als würde man mir den Boden unter den Füßen wegziehen. Wir hatten eine sehr gute Hausgemeinschaft. Wir haben uns gegenseitig geholfen, aber jetzt müssen alteingesessene Mieter raus. Manchmal habe ich ein richtig ungutes Gefühl, nach Hause zu gehen.“
Ein Leben ohne ihre Oma in der Nähe können sich Laurin, Joel und Leon nicht vorstellen. Wie können wir Oma helfen?, fragten sich die drei. „Sie haben sich zusammengesetzt und was überlegt“, erzählt ihre Mutter. „Wir suchen eine neue Wohnung für Oma“, beschlossen die Kinder. Der Älteste entwarf den Text und schrieb ihn in Schönschrift auf zwei DIN A5- Zettel. „Hilfe“, schrieb er in Großbuchstaben und dick unterstrichen an erste Stelle. „Unsere Oma muss wegen eines Hausbesitzerwechsels ausziehen. Sie arbeitet noch Vollzeit und ist die liebste Oma der Welt. Wir suchen für sie eine kleine Wohnung ab 50 m² in der Nähe.“ Unterschrift: „Die Enkel“ Die beiden jüngeren Brüder sorgten für die optische Gestaltung. Der sechsjährige Laurin malte ein großes rotes Haus, in dem alle zusammen sind: Mama, Papa, Oma seine Brüder und natürlich er selbst. Alle schauen fröhlich zum Fenster heraus. Auch der zehnjährige Joel legte sich für seine Großmutter ins Zeug. Er malte auf ein zweites Blatt ein großes Auto, auf dem in Großbuchstaben steht „Umzug für Oma“. Daneben türmen sich die Umzugskisten so hoch, dass sie bis ans Dach des neuen Zuhauses reichen. Auf die Front des gelben Hauses hat er geschrieben: „I love Oma“, jeder Buchstabe hat eine andere Farbe und an Stelle des „love“ prangt ein großes, rotes Herz.
Etwa 50 Kopien der liebevoll gestalteten Zettel klebten die Kinder an Bäume und Laternenmasten rund um den Josephsplatz. Christine M. war zu Tränen gerührt, als sie die Zettel sah. „Es bricht mir das Herz, wenn ich mir vorstelle, dass ich weiter wegziehen müsste, weil ich mir hier keine Wohnung mehr leisten kann. Ich habe mein Leben lang gearbeitet und möchte auch noch so lange wie möglich weiterarbeiten, aber wenn ich dann in ein paar Jahren in Rente gehe und meine Enkel weniger sehen könnte, weil ich so weit weg bin, würde ich sehr schnell vereinsamen.“
Die 64-Jährige, die als Personalreferentin in einem mittelständischen Unternehmen arbeitet, könnte etwa 800 Euro warm zahlen.
Gibt es einen Vermieter in der Nähe des Josephsplatzes, der ein Herz für die Großmutter hat? Dann melden Sie sich bitte bei der Abendzeitung unter Tel. 2377-3011.