Umstrittene SEM Nordost: Stadt München will Öko-Viertel im Osten forcieren

Das umstrittene Neubauviertel bei Daglfing soll vorangetrieben werden. Am Mittwoch stimmt der Münchner Stadtrat ab.
Gaby Mühlthaler |
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Am Mittwoch steht die SEM Nordost Thema erneut auf der Tagesordnung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung, der nunmehr Nägel mit Köpfen machen will. (Archivbild)
Am Mittwoch steht die SEM Nordost Thema erneut auf der Tagesordnung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung, der nunmehr Nägel mit Köpfen machen will. (Archivbild) © Petra Schramek

München/Daglfing - Die Pläne für die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Nordost (SEM Nordost) beunruhigen die Menschen zwischen Daglfing und der nordöstlichen Stadtgrenze seit Jahren.

SEM Nordost: Verkaufsunwillige Grundbesitzer können enteignet werden

Planungsreferat und Stadtrat wollen im 600 Hektar großen Bereich Wohnungen für bis zu 30.000 Menschen und 10.000 neue Arbeitsplätze schaffen, die Bürger aus dem vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Gebiet fürchten die Zerstörung ihres Umfelds und ihrer Existenz.

Mit Landwirten aus dem Münchner Norden, ebenfalls ein SEM-Gebiet, haben sie sich in der "Initiative Heimatboden" organisiert. Die Bauern säen und ernten dort seit Generationen und wollen das auch in Zukunft tun. Mit der vom Stadtrat ausgewiesenen SEM aber wurden die Bodenpreise eingefroren, verkaufsunwillige Grundbesitzer können enteignet werden.

Am Mittwoch steht das Thema erneut auf der Tagesordnung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung, der nunmehr Nägel mit Köpfen machen will. So schlägt Stadtbaurätin Elisabeth Merk die weitere Planung auf Grundlage der Arbeit des Büros Rheinflügel Severin mit bbz Landschaftsarchitekten vor, die den ersten Preis beim städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb erhalten haben.

Das neue Viertel soll mit der Tram oder der U4 angebunden werden

Merk will die Nutzungsrechte dafür ankaufen. Die möchte Merk auch für die Überprüfung der Olympia-Reitanlage samt Polizei-Reiterstaffel haben. Wie berichtet, erklärte die ehemalige bayerische Ministerin für Bau und Verkehr, Kerstin Schreyer (CSU), eine Bebauung der Anlage sei alternativlos. Dem hätten die Partner des Konsortialvertrags von 1972 (Bund, Freistaat und Stadt), der die Grundlage für die Nutzung des Areals sei, zugestimmt. Der Pachtvertrag mit der Olympia-Reitanlagen GmbH - Pachtzins 341.500 Euro pro Jahr - läuft Ende 2030 aus.

Beschließen soll der Stadtrat am Mittwoch ein klimaneutrales, ökologisches, auto- und lärmarmes neues Viertel mit bis zu 30.000 Einwohnern und 10.000 Arbeitsplätzen. Bekräftigen soll der Stadtrat auch das Ziel, "dass ein viergleisiger Ausbau der Strecke Daglfing-Johanneskirchen nur in Tunnellage erfolgen kann".

Landwirte fühlen sich nicht "auf Augenhöhe" behandelt

Dem Bogenhauser Bezirksausschuss hatte das Planungsreferat aber geschrieben, Teilbereiche könnten ohne Tunnel in Angriff genommen werden.

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Untersucht werden sollen eine Tram-Anbindung, die U4-Verlängerung bis Messestadt und eine gute Nord-Süd-Trasse für den ÖPNV. Damit die Verwaltung das stemmen kann, braucht es neue Mitarbeiter bei Planungs-, Bau- und Kommunalreferat und mehr Geld für weitere Gutachten. Die "intensive Bürgerbeteiligung" in Merks Beschlussvorlage wird wohl - wie in der Vergangenheit schon - eher ein Bürger-Info werden. Ob die Verhandlungen mit den Grundbesitzern künftig "auf Augenhöhe" stattfinden, bleibt abzuwarten.

Laut Vertretern von "Heimatboden" allerdings ist der Ton der städtischen Verhandler vom Begriff "Augenhöhe" weit entfernt. Dafür will die Stadt nun die Fläche "Am Moosgrund", der ein ausgewiesenes Kiesabbau-Gebiet ist, zum Landschaftsschutzgebiet machen. Dann darf man dort weder bauen noch Sport oder Spiel betreiben - Kies abbauen jedoch schon.

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52 Kommentare
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  • Boandlkramer am 30.03.2022 07:47 Uhr / Bewertung:

    Ob sich die Bauern wirklich von der Stadt so abzocken lassen? Enteignung und Entschädigung für ein Taschengeld, erst danach das Land zu Bauland aufrubeln und die Differenz in die städtischen Kassen umleiten. Es hat Gründe warum die Stadt das Land nicht zu Baulandpreisen kaufen sondern die Bauern billig abzocken will. Dass die da nicht mitmachen liegt auf der Hand.

    Natürlich kann man sie enteignen. Doch neben der generellen Fragwürdigkeit reichen da Formfehler oder zu niedrig angesetzte Entschädigungen und die Prozesse darüber ziehen sich Jahre und Jahrzehnte hin, währenddessen viele Entscheidungen über das Projekt blockiert oder gerichtlich gestoppt werden.

  • Rosinerl am 30.03.2022 07:47 Uhr / Bewertung:

    Die Stadt platzt aus allen Nähten und was macht die Stadtverwaltung? Sie versucht noch mehr Gewerbe und Einwohner anzulocken. Sie müssten das Gegenteil machen. Zuzug für neue Firmen erschweren und versuchen, Wohnraum für die "alten" Bürger zu schaffen, aber keine neuen Industrieprestigeprojekte.

  • aynRand am 29.03.2022 22:31 Uhr / Bewertung:

    Es ist unfassbar, wie heiß die Leute darauf sind, andere zu enteignen. Was sie dabei vergessen: Unterdrückung bleibt im Sozialismus nicht einer bestimmten Zielgruppe vorbehalten. Da ist jeder mal dran.

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