Umstrittene SEM Nordost: Stadt München will Öko-Viertel im Osten forcieren
München/Daglfing - Die Pläne für die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Nordost (SEM Nordost) beunruhigen die Menschen zwischen Daglfing und der nordöstlichen Stadtgrenze seit Jahren.
SEM Nordost: Verkaufsunwillige Grundbesitzer können enteignet werden
Planungsreferat und Stadtrat wollen im 600 Hektar großen Bereich Wohnungen für bis zu 30.000 Menschen und 10.000 neue Arbeitsplätze schaffen, die Bürger aus dem vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Gebiet fürchten die Zerstörung ihres Umfelds und ihrer Existenz.
Mit Landwirten aus dem Münchner Norden, ebenfalls ein SEM-Gebiet, haben sie sich in der "Initiative Heimatboden" organisiert. Die Bauern säen und ernten dort seit Generationen und wollen das auch in Zukunft tun. Mit der vom Stadtrat ausgewiesenen SEM aber wurden die Bodenpreise eingefroren, verkaufsunwillige Grundbesitzer können enteignet werden.
Am Mittwoch steht das Thema erneut auf der Tagesordnung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung, der nunmehr Nägel mit Köpfen machen will. So schlägt Stadtbaurätin Elisabeth Merk die weitere Planung auf Grundlage der Arbeit des Büros Rheinflügel Severin mit bbz Landschaftsarchitekten vor, die den ersten Preis beim städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb erhalten haben.
Das neue Viertel soll mit der Tram oder der U4 angebunden werden
Merk will die Nutzungsrechte dafür ankaufen. Die möchte Merk auch für die Überprüfung der Olympia-Reitanlage samt Polizei-Reiterstaffel haben. Wie berichtet, erklärte die ehemalige bayerische Ministerin für Bau und Verkehr, Kerstin Schreyer (CSU), eine Bebauung der Anlage sei alternativlos. Dem hätten die Partner des Konsortialvertrags von 1972 (Bund, Freistaat und Stadt), der die Grundlage für die Nutzung des Areals sei, zugestimmt. Der Pachtvertrag mit der Olympia-Reitanlagen GmbH - Pachtzins 341.500 Euro pro Jahr - läuft Ende 2030 aus.
Beschließen soll der Stadtrat am Mittwoch ein klimaneutrales, ökologisches, auto- und lärmarmes neues Viertel mit bis zu 30.000 Einwohnern und 10.000 Arbeitsplätzen. Bekräftigen soll der Stadtrat auch das Ziel, "dass ein viergleisiger Ausbau der Strecke Daglfing-Johanneskirchen nur in Tunnellage erfolgen kann".
Landwirte fühlen sich nicht "auf Augenhöhe" behandelt
Dem Bogenhauser Bezirksausschuss hatte das Planungsreferat aber geschrieben, Teilbereiche könnten ohne Tunnel in Angriff genommen werden.
Untersucht werden sollen eine Tram-Anbindung, die U4-Verlängerung bis Messestadt und eine gute Nord-Süd-Trasse für den ÖPNV. Damit die Verwaltung das stemmen kann, braucht es neue Mitarbeiter bei Planungs-, Bau- und Kommunalreferat und mehr Geld für weitere Gutachten. Die "intensive Bürgerbeteiligung" in Merks Beschlussvorlage wird wohl - wie in der Vergangenheit schon - eher ein Bürger-Info werden. Ob die Verhandlungen mit den Grundbesitzern künftig "auf Augenhöhe" stattfinden, bleibt abzuwarten.
Laut Vertretern von "Heimatboden" allerdings ist der Ton der städtischen Verhandler vom Begriff "Augenhöhe" weit entfernt. Dafür will die Stadt nun die Fläche "Am Moosgrund", der ein ausgewiesenes Kiesabbau-Gebiet ist, zum Landschaftsschutzgebiet machen. Dann darf man dort weder bauen noch Sport oder Spiel betreiben - Kies abbauen jedoch schon.
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