Wegen Klausel kein Pflegebonus für Starnberger Klinikum: "Ein fatales Signal"

Der Pflegebonus des Bundes soll eine Anerkennung für die Fachkräfte in Kliniken sein. Doch in Starnberg gehen sie wegen einer Klausel leer aus.
Lisa Marie Albrecht |
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Eine Corona-Patientin wird beatmet - für besondere Herausforderungen wie diese kriegen Pflegende einen Bonus. Doch es gibt Bedingungen.
Eine Corona-Patientin wird beatmet - für besondere Herausforderungen wie diese kriegen Pflegende einen Bonus. Doch es gibt Bedingungen. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Hohe Patientenzahlen, enormer Stress, Überstunden und dauerhaft Schuften mit Maske: Pflegefachkräfte und Intensivpflegende hat die Corona-Pandemie an vorderster Front und mit voller Wucht getroffen. Zur Anerkennung hat die Bundesregierung im Sommer einen zusätzlichen Pflegebonus beschlossen.

500 Millionen Euro Pflegebonus

500 Millionen Euro hat der Bund für die Krankenhäuser locker gemacht, Intensivpflegekräfte erhalten 3.305,73 Euro, Vollzeit-Fachkräfte 2.203,82 Euro steuerfrei. Die Mitarbeiter im Klinikum Starnberg aber bekommen: nichts davon. Eine Entwicklung, die Florian Krötz, Chefarzt der Medizinischen Klinik am Klinikum Starnberg, "ausgesprochen bedauerlich" findet.

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Warum gibt's kein Geld für Starnberg?

Wie kann das sein? Das Gesundheitsministerium hat eine Einschränkung vorgenommen: Den Pflegebonus erhalten nur jene Häuser, die im Jahr 2021 mehr als zehn mit Covid infizierte Patienten behandelt haben, die mehr als 48 Stunden, also länger als zwei Tage, beatmet wurden. Bundesweit sind das dem Ministerium zufolge 837 Krankenhäuser. Das Klinikum Starnberg zählt aber nicht dazu, denn hier waren es, wie Krötz der AZ berichtet, neun Intensivpatienten, die länger als zwei Tage beatmet wurden.

Ein Patient zu wenig

Ein Patient zu wenig also, um vom Pflegebonus zu profitieren - bei den Mitarbeitern sorgt das für Unverständnis, so Krötz. Seit Beginn der Pandemie seien 1.150 Covid-Patienten im Klinikum versorgt und über viele Wochen isoliert behandelt worden. "Bei 312 Planbetten ist das in Bezug auf unsere Größe eine enorme Belastung", sagt der Chefarzt. Für ihn ist klar: "Die Mitarbeiter, die durch die Corona-Pandemie nun schon seit über zweieinhalb Jahren extrem belastet sind, hätten den Pflegebonus als Anerkennung für ihr Engagement wirklich verdient gehabt."

Chefarzt Florian Krötz.
Chefarzt Florian Krötz. © Starnberger Kliniken

Man hat sich an die Vorgaben gehalten

Unmut herrscht in Starnberg auch, weil man im Umgang mit den Intensivpatienten vollkommen den Vorgaben der Behörden entsprochen habe: Um eine umfassende medizinische Versorgung aller Patienten sicherstellen zu können, habe man die meisten beatmungspflichtigen Patienten in die Lungenfachklinik in Gauting oder nach Herrsching überwiesen, teilt das Klinikum mit. Die Klinikbelegung sollte im gesamten Landkreis koordiniert werden, um zu verhindern, dass bei Notfällen alle Betten mit Covid-Intensivpatienten blockiert sind - genau so habe man es gemacht, sagt Krötz.

Das Klinikum wird für gewissenhaftes Handeln bestraft

Für ihn liegt der Fehler bereits in den Kriterien des Pflegebonus: "Anhand des Kriteriums, wie viele Patienten beatmet wurden, lässt sich die Belastung eines Krankenhauses durch die Coronaversorgung nicht ausreichend abbilden", so der Chefarzt. Medizinisch sei es ohnehin geboten, Patienten so lange wie möglich ohne künstliche Beatmung zu versorgen. Genau so stehe es auch in den medizinischen Behandlungslinien. "Dies haben wir befolgt und werden nun dafür abgestraft", moniert Krötz.

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Ungerechte Regelung?

Die jetzige Regelung für den Pflegebonus sei ungerecht, insbesondere für die Pflegekräfte auf Normalstationen, die oftmals Patienten hätten, die ebenso aufwendig betreut werden müssten wie ein Intensivpatient. Fair wäre es ihm zufolge, wenn die tatsächliche Anzahl der Covid-Pflegetage und die Pflegeschwere als Kriterium für eine solche Anerkennung gelten würde.

"Ein fatales Signal"

Gerade auf der Normalstation hätten die Pflegekräfte aufgrund des Betreuungsschlüssels meist eine Vielzahl dementer, vollpflegebedürftiger oder bettflüchtiger Covid-positiver Patienten zu betreuen. "Das macht die Regelung noch ungerechter und gibt den Pflegekräften auf der Normalstation das Gefühl, nicht wertgeschätzt zu werden. Ein fatales Signal."

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2 Kommentare
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  • Gretl am 21.11.2022 00:39 Uhr / Bewertung:

    Wer irgendwann vor vielen Jahren ein bayrisches Gymnasium mit Latein-Unterricht genießen durfte weiß, das Minister "eigentlich „Diener (des Staates)“" heißt.

    Leider ist dieses Wissen völlig abhanden gekommen.

    Im Prinzip müßte man alle feuern und durch wesentlich weniger und lobbyfreie Staatsdiener ersetzen.

  • gAZetta am 20.11.2022 20:30 Uhr / Bewertung:

    Vielleicht könnte Herr Habeck auf die Ausschreibung der - angeblich mit 400.000 Euro dotierten - Leibfotografen-Stelle auf Kosten der Steuerzahler verzichten. Oder noch eine andere Idee: Die Mitglieder des Bundestages erhalten eine monatliche „Abgeordnetenentschädigung“ in Höhe von 10.012,89 Euro (Stand 1. Juli 2021, Quelle: Wikipedia). 736 hängen aktuell im Bundestag ab - wenn sie Bock dazu haben, vorausgesetzt. Bei den meisten Zusammenkünften sind viele nicht anwesend (äh, Home-Office???). Angenommen - und das ist noch wohlwollend gerechnet - es wären im Schnitt insgesamt "nur" 200 Abgeordnete absent und jede/r von ihnen würde fürs Fehlen mit 50 % Diäten-Abschlag belegt. Dann wären im Staatssäckel 1.001.289 Euro mehr - das sollte Herrn Lauterbach aber doch locker reichen, um dem Klinikpersonal unter anderem in Starnberg fürs Dauerdienst- Schieben Anerkennung in Form der (vollmundig versprochenen) Prämien zu zollen.

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