Robert Habeck besucht Raketenbauer Isar Aerospace: Von München aus ins Weltall
Ottobrunn - Bavarian Größenwahn – war wohl einer der netteren Kommentare, die sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) anhören musste, als er vor fünf Jahren sein Weltraumprogramm ausrief. "Bavaria One" nannte er es.
Auf dem Logo war ein weiß-blauer Söder, hinter ihm der Sternenhimmel. Darüber kann man noch schmunzeln, sonst scheint der Spott vergessen.
Besuch bei Isar Aerospace: Robert Habeck bastelt an der Weltraumstrategie
Gerade plant das Wirtschaftsministerium – und zwar das in Berlin, nicht das in Bayern – eine Weltraumstrategie. Dafür besuchte der Grüne Minister Robert Habeck drei Raumfahrtunternehmen in Süddeutschland.
Eines davon war Isar Aerospace. Das Startup entwickelt in Ottobrunn, ein paar Kilometer südöstlich von München, eine Rakete, die Satelliten ins All bringen soll. Ziel ist, das günstiger zu schaffen, als es heute geht. Gelingen soll das durch eine automatisierte Fertigung: Nicht der Mensch, sondern vor allem Roboter sollen die 27 Meter lange Rakete zusammensetzen. Es sollen bis zu 40 Raketen pro Jahr gebaut werden. Massenproduktion also.
Markus Söder wurde für ähnliche Pläne ausgelacht – "Schnee von gestern", sagt Robert Habeck
Wie das so klappt, schaute sich Habeck mit einem ganzen Tross an Medienleuten an. Und er war, das kann man gleich verraten, ziemlich beeindruckt. "Unglaublich", "irre" und "superfaszinierend" waren Worte, die er verwendete. Habeck sieht hier den "möglichen Übergang hin zu einer deutschen Raumfahrtindustrie".
Die drei Unternehmen, die er besuchte, zeigten ihm, dass es "die Chance gibt, ein eigenes Biotop aufzubauen". Und das sei dringend notwendig: "Dass Europa derzeit keinen eigenen Zugang zum All hat, ist auf Dauer nicht akzeptabel." Dass es mal viele Lacher über Söder gab, daran will sich Habeck nicht so recht erinnern. "Schnee von gestern" sei das doch, meinte er.
Isar Aerospace: Erster Testflug für Rakete Ende des Jahres?
Bloß ist bisher noch keine Isar Aerospace-Rakete ins All gestartet. Und in der Halle, an deren Eingang eine riesige Bayernfahne hängt, sieht Habeck auch keine ganze Rakete, sondern einzelne Komponenten: einen riesigen Treibstofftank, der 50.000 Liter fasst, zwei Hälften der Raketenspitze, silberne Einzelteile.

Der erste Testflug ist für Ende diesen Jahres angesetzt, allerdings hieß es das schon mal für 2021. Trotzdem wird es in der Produktionshalle eng. Die Halle ist 6.000 Quadratmeter groß, nötig wäre das Zehnfache, sagt Björn Dressler. Er leitet die Fertigung der Rakete. Dabei ist es erst drei Jahre her, dass das Unternehmen einzog.
Doch für die 350 Mitarbeiter reicht der Platz nicht mehr. Erst recht nicht, wenn die Pläne der Gründer Daniel Metzler und Josef Fleischmann aufgehen: Sie wollen pro Jahr etwa 40 Raketen bauen. In Ottobrunn würden sie nur acht schaffen, sagen sie. Eigentlich wollen sie in der Region bleiben. Ob es klappt? Ganz wollen sie sich nicht festlegen.
Habeck schaut sich den Antrieb an: Bei Isar Aerospace geht's nach dem Prinzip "Trial and Error"
Das Prinzip, nach dem das Startup arbeitet, klingt eher amerikanisch: Statt akribisch, vielleicht Jahre lang an Plänen zu tüfteln, versucht das Startup, möglichst schnell aus seinen Fehlern zu lernen. Teile werden gefertigt, getestet, angepasst. Habeck sieht an diesem Freitag zum Beispiel einen Antrieb, der zum 68. Mal neugebaut wurde.

Die Antriebe entstehen im 3D-Drucker. Vorteil sei die Geschwindigkeit: Bis eine Brennkammer fertig ist, dauere es nur drei bis vier Tage, ansonsten brauche die Fertigung Monate, sagt Josef Fleischmann. "Dass Trial and Error stärker zur Selbstverständlichkeit wird, ist ziemlich cool", findet Habeck. Ihm gefällt die "Entschlossenheit" der Start-up-Gründer.
2018, als sie sich zusammentaten, waren sie noch TU-Studenten. Heute sind sie Chefs des kapitalstärksten privaten Raumfahrtunternehmens Europas. 310 Millionen Euro beträgt die Finanzierungssumme, größtenteils stammt das Geld von privaten Geldgebern. Klingt nach viel. Tatsächlich seien staatliche Raumfahrtprogramme viel, viel teurer, so Habeck.
Weltraumstrategie: Braucht es bayerische Raketen im All?
Er plädiert dafür, in der europäischen Weltraumbranche mehr Wettbewerb zuzulassen. Aus seiner Sicht sollten die privaten Unternehmen die gleichen Chancen haben, um an staatliche Aufträge zu kommen. Der beste soll sich durchsetzen.
Aber wozu braucht es bayerische Raketen überhaupt? Schwirren dort oben im All nicht schon genug Satelliten umher? Denkbar sei zum Beispiel, dass Landwirte durch Satellitenbilder entscheiden, wann sie ernten, dass Waldbrände und Schadstoff-Emissionen aus dem All beobachtet werden. "Als das Internet vor 20 Jahren eingeführt wurde, konnte man sich auch noch nicht vorstellen, für was man es heute alles braucht", sagt Daniel Metzler, der Startup-Gründer.
- Themen:
- Bündnis 90/ Die Grünen
- CSU
- Markus Söder
- München