Protest gegen "Senioren-Ghetto" am Starnberger See

Am Starnberger See will das Kuratorium Wohnen im Alter Wohnungen bauen. Viel zu groß, zu viele (alte) Neubürger, meinen Kritiker. Nun kommt wohl das erste Bürgerbegehren in der Geschichte Münsings.
Nina Job
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So soll das neue Seniorenstift aussehen.
So soll das neue Seniorenstift aussehen. © Visualisierung: Matteo Thun & Partners

Münsing - Das idyllische Ambach am Ostufer des Starnberger Sees hat viel zu bieten. Vor allem natürlich den See, dazu viel Natur mitsamt Kuhglockengebimmel, ein herrlicher Alpenblick und viel Ruhe - wenn nicht gerade die Münchner einfallen in das 370-Einwohner-Dorf und alles zuparken.

Kuratorium "Wohnen im Alter" will Seniorenwohnstift bauen

Wäre es nach dem Gemeinderat und dem Münchner Unternehmen Kuratorium Wohnen im Alter (KWA) gegangen, hätte Ambach heute schon rund 150 mehr Bewohner - alles ältere. Denn das KWA möchte auf dem ehemaligen Gelände der Wiedemann-Klinik in Ambach ein Seniorenwohnstift bauen. Das Gebäude steht seit Jahren leer.

"Ein aktiver und offener Wohnort soll es werden", eingebettet ins Grüne, mit bewachsenen Dächern, Pool, Restaurant und Theater. Der Entwurf stammt von dem vielfach ausgezeichneten Architekten Matteo Thun. Ursprünglich waren 90 Seniorenwohnungen mit 45 bis 80 Quadratmetern geplant, mittlerweile sind es noch 80. Doch das sind den Gegnern noch zu viele.

Man fürchtet zu viele Neubürger im 370-Einwohner-Dorf Ambach

Eine Initiative um den Schriftsteller und Musiker Anatol Regnier (76) und den Ostuferschutzverband legt dem KWA immer wieder Steine in den Weg. Regnier, Enkel des Dramatikers Franz Wedekind, lebt selbst in Ambach. Er und seine Mitstreiter fürchten zu viele Neubürger im Dorf, zu viele Autos, zu viel Versiegelung und zu hohe Bauten. Zusammengefasst fordern die Kritiker, die KWA müsse kleiner bauen. In einer Bürgerversammlung benutzte ein Teilnehmer gar den unsäglichen Begriff "Senioren-Ghetto".

"Protest kam erst nach dem Kauf des Grundstücks"

Das Kuratorium mit Sitz in München wurde von dem Widerstand kalt erwischt. KWA-Vorstand Horst Schmieder zur AZ: "Wir wollen nur dorthin, wo wir gewollt werden. Deshalb hatten wir uns bei der Gemeinde vorgestellt. Sie stand geschlossen hinter dem Projekt. Der Protest kam erst nach dem Kauf des Grundstücks."

Schmieder sieht viele Vorteile für die Gemeinde. So sei eine Tagespflege auch für Nicht-Bewohner geplant, außerdem ein Saal für Veranstaltungen. Die Angst vor zu vielen (alten) Neubürgern von überall her sei unbegründet. "Schaut man sich unser Haus in Rottach-Egern an, wird man feststellen, dass die meisten Bewohner aus der Region kommen."

"Unsere Wohnungen sind nicht nur für Reiche"

Auch von einer Luxusresidenz könne keine Rede sein. "Wenn Sie heute schauen, wie hoch der durchschnittliche Eigenanteil in Bayern bei Pflegegrad 3 ist - nämlich bei 2.300 Euro - sind unsere Wohnungen nicht nur für Reiche. Unsere Preise beginnen bei unter 2.500 Euro." In der Miete sei eine Pauschale für Reinigung, Essen und eine Pflege-Grundversorgung dabei.

Den KWA-Chef erstaunt besonders, dass die größten Kritiker diejenigen seien, die selbst erst nach Ambach gezogen seien. "Sie wollen eigentlich, dass alles so bleibt, wie es ist. Aber wo wir bauen wollen, steht eine Ruine, die vor sich hingammelt."

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Bürgermeister wünscht sich, dass Ruine verschwindet

Daran stört sich auch Münsings Bürgermeister Michael Grasl (Freie Wähler). Er wünscht sich, dass die Ruine verschwindet. Doch nun muss erstmal geprüft werden, ob das Bürgerbegehren gegen das Stift zulässig ist. Anfang Oktober haben ihm Regnier und zwei Unterstützerinnen vor dem Rathaus 432 Unterschriften überreicht. Bis Anfang November hat die Gemeinde Zeit.

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22 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 22.10.2021 17:16 Uhr / Bewertung:

    Wenn man den Bericht liest, zweifelt man langsam an der Menschheit.
    Hauptsache dagegen sein! Und anscheinend sind die meisten Kritiker wieder mal die Zugezogenen.
    Immer dasselbe Theater mit denen. Man denke nur an den jahrelangen Kuhglocken-Streit in Holzkirchen mit den Zugezogenen.
    Oder das ehemalige "Podium" in Schwabing. Ziehen Leute dorthin und klagen dann, weil es zu laut wäre.

  • Witwe Bolte am 22.10.2021 16:44 Uhr / Bewertung:

    Am schönsten und besten sind Seniorenheime inkl. "Residenzen in Toplage", die man nur von aussen anschauen muss und in die man niemals rein und liegend in einer Kiste wieder raus muss.

  • am 22.10.2021 15:04 Uhr / Bewertung:

    Da kann man den Einwohner'n ja nur wünschen, das sie nie alt, krank und pflegebedürftig werden
    Traurig so eine Einstellung

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