"Ein magischer Ort": Die Kapelle für den Kini öffnet für einen Tag
Berg - Ludwig II. hat Bayern unzählige Prachtbauten hinterlassen. Neuschwanstein, Herrenchiemsee, Linderhof. Zum Beispiel. Andenken genug? Nein. Zehn Jahre nach dem mysteriösen Tod des Märchenkönigs hat sein Onkel eine Votivkapelle für ihn errichten lassen – umgeben von Natur, mit Kuppel und einer Höhe von 32 Metern. Ob sie dem Märchenkönig gefallen hätte?
Darüber lässt sich nur mutmaßen. Dafür können Besucherinnen und Besucher an diesem Sonntag, 8. September, bei einer seltenen Gelegenheit entscheiden, ob ihnen die Gedächtniskapelle St. Ludwig von innen zusagt. Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF), der Eigentümer ist, wird sie zum Tag des offenen Denkmals zugänglich machen. Sie liegt im Schlosspark von Berg im Landkreis Starnberg.
Im Sommer kann man sie durch ein Gitter anschauen
Das ist insofern besonders, denn wie der WAF und auch die Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg der AZ auf Nachfrage bestätigen, ist der Zugang zur Votivkapelle normalerweise beschränkt. Sowohl zeitlich als auch mit einem Gittertor. Die Kapelle ist demnach von 1. April bis 31. Oktober geöffnet, von Dienstag bis Sonntag, 9 bis 18 Uhr. Allerdings: Nur der Eingangsbereich könne betreten werden, durchschauen muss man dann durch ein Gittertor. Der Tag des offenen Denkmals ist also eine besondere Chance.

Der Sakralbau erinnert an den wohl berühmtesten Wittelsbacher, der am nahen Ufer des Starnberger Sees am 13. Juni 1886 ums Leben kam. Ein Jahr danach ließ zunächst seine Mutter, Königin Marie, dort eine gotische Totenleuchte aus Granit aufstellen. Zehn Jahre später, 1896, gab Prinzregent Luitpold von Bayern – der Onkel von Ludwig II. – oberhalb dieser Stelle die Gedächtniskapelle in Auftrag.
Er orderte dafür Künstler, die schon am Schloss Neuschwanstein beteiligt waren. Geplant wurde die Kapelle von den Architekten Julius und Rudolf Hofmann. Bis 1900 wurde daran gewerkelt. Am 13. Juni 1900 wurde sie geweiht.
Ausdruck "der tiefen Frömmigkeit des Königs"
Birgit Jooss, Leiterin Kunst und Tradition des Wittelsbacher Ausgleichsfonds, erklärt für die AZ die Besonderheit der Votivkapelle: "Die Künstler wählten für den Zentralbau mit Kuppelhalle einen byzantinisch-frühromanischen Stil, um die tiefe Frömmigkeit des Königs zum Ausdruck zu bringen." Und weiter teilt sie mit: "Das Innere beherrscht die Kuppel mit dem Bild der Gottesmutter Maria als Patrona Bavariae. Sie ist umgeben von den Patronen der acht bayerischen Diözesen, welche die acht Kreise des damaligen Königreichs repräsentieren." Dieses Programm lasse sich eingehend betrachten, "wenn man die Möglichkeit hat, den Innenraum zu betreten".
Zwischen 10 und 15 Uhr ist die Kapelle an diesem Sonntag zugänglich. Um 14 Uhr gibt Kunsthistorikerin Claudia Wagner eine Führung unter dem Motto "Wahrzeichen - Zeitzeugen der Geschichte. Eine Kapelle zum Gedächtnis an Ludwig II.". Diese dauert rund 45 Minuten. Der Eintritt ist frei.
"Ein magischer Ort"
Autor Jochen Reiss ("111 Orte Ludwigs II., die man gesehen haben muss"; Emons Verlag, 18 Euro) hat sich ausgiebig mit dem Märchenkönig und seinen überdauernden Spuren beschäftigt. Seine Einschätzung zur Votivkapelle teilt er mit der AZ: "Zusammen mit dem hölzernen Kreuz im Wasser, das Königstreue für Ludwig II. aufgestellt haben, ist die Votivkapelle ein magischer Ort." Aber er glaubt auch: "Die Totenleuchte unterhalb der Kapelle, die Ludwigs Mutter Marie gleich nach dem Tod des Sohnes hat errichten lassen, hätte dem Kini viel besser gefallen." Sie habe verstanden, "dass das Volk um ein Denkmal für den Märchenkönig flehte". Dass der Innenraum der Kapelle nun ausnahmsweise geöffnet wird, bezeichnet Reiss als "ein Geschenk".

Erst vor wenigen Jahren hat der Wittelsbacher Ausgleichsfonds die Votivkapelle restauriert - vier Jahre lang. Dafür gab es sogar die Denkmalschutzmedaille.
Die Kapelle ist mit viel Aufwand saniert worden
Feuchtigkeit im Mauerwerk hatte ihr Probleme gemacht und Wand- und Deckenmalereien beschädigt. Ein Team von rund 35 Restauratoren, Steinmetzen und anderen Handwerkern, Architekten sowie ein Bauchemiker und ein Statiker rückten an.
Der Hauptteil der Sanierung: die Malereien im Inneren der Kapelle. Repariert und abgedichtet wurde unter anderem auch das Blechdach, das Anfang des 20. Jahrhunderts ergänzt worden war. Ganz einfach waren die Arbeiten nicht, gerade weil die Votivkapelle in einem Waldstück liegt und nicht einfach dorthin gefahren werden kann. Das Gebäude sei zudem nicht elektrifiziert. Zudem musste ausschließlich mit Gerüsten gearbeitet werden, die Kapelle ist nur im Erdgeschoss begehbar. Das teilte der WAF zum Abschluss 2018 mit.
Eine Sprecherin des WAF erklärt mit der Generalsanierung auch den beschränkten Zugang: "Wäre die renovierte Kapelle stets offen und vollständig zu betreten, wäre durchgängig eine Aufsicht erforderlich", teilt sie der AZ auf Nachfrage mit. Der WAF habe sich "damals nach der Generalsanierung für ein Portalgitter entschieden, um sicherzustellen, dass der Gedenkbau im Sommer betrachtet werden kann".
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